Montag, Dezember 27, 2010

2010 - Ein Jahresrückblick


Wir befinden uns am Ende von Jahr eins nach der filmisch ödesten Dekade seit Menschengedenken. Ist ein langsamer Wandel zu mehr Qualität zu erkennen? Konnte das Jahr 2010 einen deutlichen Schlussstrich unter zehn Jahre überbordender Durchschnittsware ziehen? Blicken wir zurück auf die vergangenen zwölf Monate!

Januar

Ein deutscher Film, der mich erst 2010 als Blu-ray erreichte, obwohl er bereits Ende Dezember 2009 gestartet war: Fatih Akins Soul Kitchen - eine launige Komödie aus dem Hamburger Kiez und willkommene Abwechslung zu Akins sonst so schwergewichtigen Ensemblefilmen. Ein wunderbares Feelgood-Movie rund um Kochen, Freundschaft und Liebe. Soul Kitchen besteht auch den Mehrfachsichtungstest mit Bravour.

Ebenfalls aus dem Dezember 2009 stammend (erst 2010 rezipiert): Rob Zombies Halloween II. Für mich der größte Horrorfilm vergangener Jahre. Verstörend, brutal, unangenehm und doch: visuell von bezaubernder Schönheit.

Surrogates entführt uns in eine scheinbar perfekte Welt, in der wir alle aussehen wie Superstars und Schnelligkeit und Stärke von Maschinen besitzen. Das Problem: In Wahrheit liegen wir halb dösend im Bettchen und Roboter vollziehen die Handlungen, die wir ihnen aus unserer Schlummerkoje mittels gedanklicher Fernsteuerung zukommen lassen. - Eine faszinierende Ausgangssituation, die jedoch an allzu formelhafter Hollwood-Dramaturgie leidet. Die ethisch-moralischen Probleme, die der Stoff hergibt, werden zwar angekratzt, letztlich aber einer rührseligen Beziehungsgeschichte geopfert. Kein wirklich schlechter Film, denn dafür ist die Grundidee zu interessant und die handwerkliche Umsetzung von Jonathan Mostow zu gut, dennoch verlässt man am Ende das Kino recht enttäuscht. Fastfood-Kino: Macht kurzzeitig satt, enthält aber kaum Nährwert.

Ein erster echter Höhepunkt des Jahres war der Coen-Film A Serious Man! Die Geschichte um den Loser Larry Gopnik (eine Figur ganz in der Tradition Jerry Lundegaards aus Fargo) ist ein großes Vergnügen, wobei Vergnügen hier vielleicht das falsche Wort ist, denn der Leidensweg des Larry Gopnik geht einem nahe. Die Coens bestätigen hier noch einmal, was sie mit Burn After Reading und No Country for Old Men schon gezeigt hatten, nämlich dass sie nach einer langen Durststrecke in den Nullerjahren wieder zu ihrer alte Form zurückgefunden haben.

Sherlock Holmes: Guy Ritchie gelingt es dem wohl bekanntesten Detektiv eine Frischzellenkur zu verpassen. Das London des späten 19. Jahrhunderts sah nie besser aus. Mir hat's gefallen und ich freue mich auf mögliche Fortsetzungen.

Leider verpasst: 13 Semester

Februar

The Wolfman: Der wohl langweiligste Werwolffilm aller Zeiten. Trotz Benicio del Torro und einer überaus sehenswerten Ausstattung kann der Film zu keinem Zeitpunkt fesseln. Gurke.

Shutter Island: Eine visueller Hochgenuss. Atmosphärisch dicht, voller Anspielungen und Zitate. Größtes Missverständnis vieler Rezipienten: Dass der Twist überraschen soll - nein, wer ihn vorher nicht benennen kann, hat nicht aufgepasst (und ist zu blöd für den Film)!

The Ghost Writer: Polanski at his best!

The Lovely Bones: Zweitschlechtester Film des Jahres. Peter Jackson sollte mit einem fünfjährigen Berufsverbot bestraft werden.

Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans: Grandioses Remake, das gar kein Remake, sondern ein eigenständiges Werk ist, das mir persönlich um einiges besser gefällt als Ferraras Film von 1992. Cage spielt den durchgeknallten Cop famos-komisch. Herzogs Handschrift ist zu jeder Zeit erkennbar. Die vielleicht abgefahrenste Szene des Jahres: His Soul is still dancing.

Leider verpasst: Beyond a Reasonable Doubt, Invictus, Die Friseuse

März


Nichts. Nicht einmal Alice in Wonderland (kein Interesse an Burtons Kreativ-Masturbation).

Leider verpasst: Crazy Heart, Der Räuber, Green Zone

April

Brooklyn's Finest: Äußerst schwergewichtiger Copfilm, der einen bestimmt nicht mit guter Laune aus dem Kino entlässt. Eine Zweitsichtung muss noch erfolgen - vorher gibt's von mir keine klare Wertung.

Cop Out: Kevin Smiths zweitschwächster Film. Nur der moralinsauere Jersey Girl ist noch unerträglicher. Cop Out ist einfach nur blöd und unlustig.

The Boondock Saints II: All Saints Day - hat einer Zweitsichtung nicht standgehalten. Leider.

Kick-Ass: Ein Lieblingsfilm unter den Filmforen-Nerds, der leider etwas zu klamaukig geraten ist. Dafür kann das Comic-Gewalt-Level überzeugen. Gehört zur höheren Mittelklasse des Jahres.


Mai

Iron Man 2: Große Enttäuschung. Nach dem frisch wirkenden ersten Teil, zieht sich Teil zwei scheinbar ewig in die Länge und hat im Grunde auch nichts Mitteilenswertes zu erzählen. Als reiner Actionfilm funktioniert er vielleicht, habe bislang allerdings keine Lust auf eine Zweitsichtung.

Survival of the Dead: Romeros Zombie-Reihe geht weiter. Nicht unbedingt besser. Im Gegenteil - nach Land of the Dead muss man nichts mehr vom Altmeister der Zombies gesehen haben.

Prince of Persia: The Sands of Time: Hübsches, wenn auch selten dämliches, Jump-and-Run-Spektakel, das angeblich eng an der Computerspielvorlage liegen soll. Für den sonntäglichen Videonachmittag in Ordnung - Zweitsichtung in drei Jahren im TV.

A Nightmare on Elm Street: Ich habe nichts gegen Remakes. Im Gegenteil: Bieten sie doch die Chance, einen Stoff neu und zeitgemäß zu interpretieren. Das Original profitiert in jedem Fall vom Remake, sei die Neuauflage nun ge- oder misslungen. Ein Teil der jüngeren Generation wird sich daraufhin für die Vorlage interessieren. Dass es sich bei Remake-Produktionen oftmals um reine Geldschneiderei handelt, ist ebenfalls zu vernachlässigen, denn darum geht es schließlich bei jedem Film. Die Macher müssen damit ihren Lebensunterhalt verdienen können.

"Warum regt mich dieses Remake wahnsinnig auf?" Diese Frage stellte ich mir immer wieder, während ich mir das Nightmare-Remake ansah. Die Antwort fällt nicht leicht, weil ich nicht weiß, wo ich anfangen soll. Gehen wir chronologisch vor:

Schon der Vorspann verriet mir, dass dieser Film gewaltig in die Hose gehen würde, sollte nicht noch ein Wunder geschehen. In völlig einfallsloser, liebloser Aneinanderreihung von ach-wie-coolen Reiß- und Feuerblenden, hektischen Schnitten und bedeutungsschwangeren Detailaufnahmen soll eine Gruselatmosphäre erzeugt werden. Das Problem: Es funktioniert nicht, weil man das schon tausende Male bedeutend besser gesehen hat. Se7en ist Begründer und bleibt Maßstab eines solchen Atmo-Vorspanns. Wie es nicht funktioniert, weil es gewollt und uninspiriert aussieht, zeigt das Nightmare-Remake.

Die erste Szene im Diner. Zugegeben: Eine überaus hübsche Beleuchtung - vielleicht sogar augenzwinkernde Hommage an Suspiria, wer weiß? Und dennoch: Wollen wir zu Beginn einen sich bei seiner Freundin ausjammernden Highschoolboy sehen
? Nein. Gleichzeitig werden auch noch vor der Titeleinblendung die restlichen Freddy-Opfer mit der dramaturgischen Brechstange eingeführt. Dann der erste Kehlenschnitt, ein Schrei - Titel. So weit, so gut.

Opfer Nummer eins - gespielt von Katie Cassidy. Die gute Katie ist ein Blickfang. Blond, blauäugig, hübsch. So mögen wir es. Doch ist die liebe Katie 23 Jahre alt und sieht aus wie mindestens 25. Als sie dann in einem Karton auf dem Dachboden rumwühlt, auf dem 1996 steht und wir wissen, dass sie zu diesem Zeitpunkt fünf g
ewesen sein soll, bleibt einem nichts anderes mehr übrig, als laut zu lachen! In der nächsten Szene sitzt sie dann in einem Klassenraum mitten zwischen Teenagern und wirkt wie eine fehlplatzierte Referendarin. Fünf Minuten später ist sie tot - und wir haben sie nicht einmal beim Sex mit ihrem Leidensgenossen gesehen.

Dieser Leidensgenosse ist dann auch das nächste Opfer. Ein völlig farblos bleibender Milchbubi mit Maskara-Augen. Als Freddy ihm mitteilt, dass er ihn noch so lange im Traum quälen kann, wie sein Gehirn lebt (6 to 12 minutes, Mr West!), atmet man das erste Mal auf, bekommt aber bedauerlicherweise nichts davon zu sehen.

Um es kurz zu machen: Im weiteren Verlauf wird's nicht besser. Schauspiel, Schnitt, Atmosphäre - alles ein Totalausfall. Einen Direktvergleich mit der Vorlage wäre pietätlos.

Dieser Film ist für mich eindeutig das größte Ärgernis des Jahres.

Juni

Splice ist die Spielfilmvariante der ersten fünf Minuten von Species. Ein-zwei großartige Szenen bietet er immerhin. Wenn es mal einen Aufsatz aus den Gender studies zu Splice geben sollte, werde ich ihn gespannt lesen, das könnte interessanter werden als der Film selbst.

Vergebung: Letzter Teil der Millenium-Trilogie. Leider hat sich die gesamte Reihe nie aus dem ARD-Krimi-Niveau erheben können. Alles wirkt wie für den 60-jährigen Fernsehkonsumenten zurechtgestutzt. Richtig warm ist man mit den Figuren nie geworden. Am besten ist noch Teil eins, dem es wegen mangelhafter Drehbucharbeit tatsächlich gelingt, in den letzten 20 Minuten den gesamten Film zu zerstören. Man hätte alle drei Teile gleich im Fernsehen zeigen sollen - Kommissarin Lund spielt schließlich in einer vergleichbaren Liga.

Juli

Predators: Reine Zeitverschwendung. Dann lieber nochmal den original-Arnie-Äkschn-Fuim in zweifelhafter Blu-ray-Qualität.

Please Give: Nette New Yorker Familiengeschichte mit Catherine Keener. Ein Sonntagnachmittagfilm.

The Doors - When You're Strange: Große Vorfreude durchfuhr mich, als ich von diesem Projekt hörte - einer meiner Lieblings-Independent-Regisseure (Tom DiCillo) widmet sich der Geschichte einer meiner Lieblingsbands (The Doors). Bedauerlicherweise ist nichts Tolles dabei herausgekommen - so wird die Geschichte der Doors, wie man sie kennt, einfach nur nacherzählt. Die US-BD, die ich mir extra zugelegt hatte, habe ich deshalb schon wieder bei ebay verscheuert.

Daybreakers (Video-Premiere): Eine konsequent zu Ende gedachte Vampirwelt: Die Vampire herrschen, die Menschen sind unterjocht, doch nun geht das Blut aus. Schöne Prämisse, passable Umsetzung, teilweise in zu leicht vorhersehbaren Bahnen inszeniert, gefällt mir an Daybreakers vor allem das dreckige Gesellschaftsbild, das gezeichnet wird: Vampire sind bestimmt nicht die besseren Menschen - Mitgefühl ist ihnen auch innherhalb ihrer eigenen "Rasse" fremd. Im direkten Vergleich zu zeitgenössischen Vampirwerken ziehe ich allerdings HBOs TRUE BLOOD vor.

Karate Kid: Auch hier gilt - lieber noch einmal das Original gucken. Zwar kann Will Smiths Söhnchen besser Kung Fu als Ralph Macchio und Jackie Chan zeigt, dass er durchaus auch etwas schauspielern kann. Dennoch zieht sich die wohl bekannte Handlung wie ein zäher Kaugummi und die schöne 80's-Atmo fehlt auch.

Nightmares in Red, White and Blue (Video-Premiere): Der Ansatz des Films ist sicherlich lobenswert: Einen Überblick zu geben über die Geschichte des US-Horrorfilms vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis heute. Doch in diesem Vorgehen verbirgt sich leider auch das Problem der Doku, denn hier wird im Schweinsgalopp durch die Jahrzehnte gerast - Hauptsache, man zeigt viele Ausschnitte. Ich hätte es besser gefunden, wenn man Schwerpunkte gesetzt, einzelne Beispielfilme genauer unter die Lupe genommen hätte. So bleibt der Film meist an der Oberfläche und präsentiert dem interessierten Zuschauer (und ich gehe davon aus, dass nur solche sich diesen Film ausleihen/kaufen werden) größtenteils Bekanntes. Wie bei Going to Pieces werden hier zu sensationslüstern die Splattereffekte reingeschnitten. Aber Going to Pieces hatte wenigstens einen Schwerpunkt: den Slasherfilm. Nightmares in Red, White and Blue will alles auf einmal und erreicht dann doch kaum etwas davon. Für Einsteiger ins Genre nicht verkehrt, für Freaks eher enttäuschend. Besser noch einmal The American Nightmare angucken!

Inception: Erstsichtung 86 Punkte, Zweitsichtung 65 Punkte, Drittsichtung ? - ich vermute, es wird sich mit diesem Nolan wie mit den meisten seiner Filme abspielen: Zunächst überraschen sie einen, doch bei wiederholter Begutachtung langweilen sie. So gegangen bei: Memento, The Dark Knight und nun Inception (The Prestige war hingegen schon beim ersten Mal doof). Lediglich seinen kleinen, niedlichen Debütfilm Following schaue ich mir immer wieder gerne an, vielleicht, weil man es einem Film mit diesem Look und Budget eher abkauft, was Nolan uns (später so aufgeblasen) auftischt.


August

The Expendables: Das 80's Feeling, das ich bei Karate Kid eben noch so vermisste, soll sich bei diesem Retro-Action-Film plangemäß einstellen. Das tut es aber nur bedingt. Zu selbstgefällig, ja zum Teil sogar selbstverliebt, wirken die drögen Dialogszenen zwischen den Actionhelden von einst. Ein Film, der Nostalgie beim Betrachter hervorrufen will, dies aber (zumindest bei mir) zu keinem Zeitpunkt schafft. Trotzdem funktioniert das altbekannte Prinzip: Wenn die Bösen etwas auf die Omme kriegen, freut man sich. Wem das reicht, dem seien The Expendables wärmstens empfohlen. Für mich bleiben sie eine unbedeutende Fußnote zum herrlich-doofen Actionkino der 80er.

Me & Orson Welles: Und hier ist er - mein Film des Jahres. Eine charmante, präzis besetzte, klug gescriptete und punktgenau inszenierte Hommage an Orson Welles, das Theaterleben und die späten 30er Jahre in Manhattan. Erzählt aus der Perspektive des etwas blauäugigen, 17-jährigen Richard Samuel erleben wir die Proben und Uraufführung von Welles' Julius Caesar. Die Offenbarung des Films ist ganz eindeutig Christian McKay, der Orson Welles wiederauferstehen lässt. Ein Feelgoodfilm, bei dem es auch bei der Zweit- und Drittsichtung noch etwas zu entdecken gibt. Leider ist Richard Linklaters Comicverfilmung mit zweijähriger Verspätung ins Kino gekommen. Ein Erfolg an der Kinokasse war ihr trotzdem nicht beschieden. Ich hoffe auf einen Sensationserfolg bei der DVD-Auswertung und habe meinen Teil dazu beigetragen, indem ich ihn bereits einmal auf BD und einmal (als Geschenk) auf DVD erwarb. Hier klicken und den Film sofort kaufen: DVD - Blu-ray.

Chatroom (FFF): Visuell gelungene Umsetzung eines virtuellen Phänomens: Der Freundschaft in Chaträumen. Was weiß man wirklich über die, mit denen man online kommuniziert?

Brotherhood (FFF): Testosteron-Kino. Es wird die ganze Zeit über gebrüllt. Nach spätestens zwanzig Minuten habe ich deshalb geistig abgeschaltet - den "verflochtenen" Plot versteht man aber auch halbkomatös mit fünf Bieren im Blut. Rotzfilm.

Mary & Max: Eine Riesenüberraschung - ein hinreißender, herzerwärmender Trickfilm über die Fernbeziehung zwischen einem kleinen australischen Mädchen und einem psychisch labilen New Yorker.

Leider verpasst: Moon, Enter the Void

September


Get Him to the Greek: Überwiegend unlustiger Blödelkram. Uninteressant aber harmlos.

Leider verpasst: Jud Süß

Oktober



The Social Network: David Fincher gelingt es, aus einem staubtrockenen Stoff voller unsympathischer Figuren einen packenden Zeitgeist-Film zu schustern. Genial.

The Road: Ein weiteres Highlight des Jahres, das ebenfalls mit reichlich Verspätung in deutsche Kinos gelangte. Ein stiller, bedrückender, durch die Farbentsättigung fast schwarzweißer, unheimlich bildgewaltiger und atmosphärischer Film. Die Besetzung ist fantastisch. Das Ende hat mich stark bewegt.

Twelve: Kühle Verfilmung von Nick McDonnels Kultbuch über die superreichen New-Yorker-Yuppi-Kids. Nah an der Vorlage, leidet der Film an seinem unterkühlten Blick auf die Figuren. Kein Fehlschlag, aber auch kein Glanzstück.


Scott Pilgrim vs. the World: Der zweite Lieblingsfilm der Filmforen-Nerds ist in etwa ebenso unterhaltsam wie Kick-Ass. Und die "Nerd-Momente" sind auch das Beste: Die Kämpfe, Game-Amspielungen usw. Langatmig wird's allerding
s immer dann, wenn das Beziehungs-Gedöns ausgewalzt wird. Und das geschieht leider viel zu häufig. Es wird überhaupt nicht deutlich, warum Scott die Trulla mit den bunten Haaren so toll findet (außer vielleicht, dass er findet, dass sie gut aussieht). Die Beziehung wird einfach von den Drehbuchautoren gesetzt, ohne emotional erklärt zu werden. Folglich haben mich die vielen "Liebesjammerszenen" leicht genervt und ich wartete nur darauf, dass der nächste Exliebhaber ankommt, mit dem er sich prügeln kann. Der Film ist einfach zu lang und deshalb wird er m. E. bei einer Zweitsichtung komplett untergehen.

Wall Street: Money Never Sleeps: Gelungene Fortsetzung des 80er-Jahre-Films, der den Zeitgeist der Gier-Dekade am besten eingefangen hat. Ein großer Spaß, wie der Grünschnabel Shia Labeouf von Douglas und Brolin vorgeführt wird.



Wir sind die Nacht: Im Vergleich zu einer aktuellen Serie wie True Blood ist das in Wir sind die Nacht entworfene Vampirbild ziemlich öde. Klar kann man in 100 Minuten kein derart komplexes Blutbeißer-Universum aufbauen, wie es in einer Serie möglich ist, aber die Story-Elemente des Films sind auch noch ausgelutscht und werden mit pathetischem Ernst inszeniert. Das ist wohl eine deutsche Eigenheit. Humoristische Leichtigkeit trotz eines ernsten Sujets, wie man sie z. B. in Ginger Snaps (Wir sind die Nacht hat einen vergleichbaren postfeministischen Ansatz: es gibt nur noch weibliche Vampire, weil die Männer zu laut und gierig waren) oder eben True Blood findet, sucht man im Gansel-Film vergebens.

Als gebürtigem Berliner haben mir allerdings einige Locations gut gefallen. Insbesondere der Showdown in den Ruinen der riesigen US-Abhöranlage auf dem Teufelsberg war toll gewählt. Gehe in der Ecke öfters joggen und wundere mich seit Jahren, warum man dieses großartige Gelände nicht längst für Filme verwendet hat.

Witzig finde ich auch, dass sie das Polizei-Doppel Max Riemelt - Arved Birnbaum quasi direkt aus Dominik Grafs großartigem
Im Angesicht des Verbrechens übernommen haben. Aber derartige Casting-Witzchen machen aus einem mittelmäßigen Drehbuch bestimmt keinen guten Film.

Leider verpasst: Piranha 3D


November

Harry Potter and the Deathly Hallows Part I: Bedeutend besser als der grottige sechste Teil, der für mich den filmischen Tiefpunkt der Reihe darstellt. Hauptproblem aber bleibt, dass keine zusammenhängende, epische Atmosphäre aufkommt, jeder Film für sich steht und auch die Schauspielleistungen der drei Hauptdarsteller über die Jahre nicht viel besser geworden sind. Zum Glück hat es sich bald ausgepottert.


Dezember

Nichts.



F A Z I T



Bester Film: Me & Orson Welles

Honourable Mention: A Serious Man, Halloween II, The Road, The Social Network; The Ghost Writer, Bad Lieutenant, Mary and Max


Beste Serie: Boardwalk Empire

Honourable Mention: Im Angesicht des Verbrechens


Größter Flop: A Nightmare on Elm Street


Runners-up: The Lovely Bones, Predators, Karate Kid, das neue imdb-Layout

Montag, Dezember 13, 2010

Recently Watched Movies #21


How to Make a Book with Steidl 50

Inception 65

Harry Potter and the Philosopher's Stone 60

Boardwalk Empire Season 1 83

Annie Hall 69

District 9 80

Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull 50

Top Gear: Polar Special 55

The Abyss SE 53

The Prowler (1981) 42

Bored to Death Season 2 52

Donnerstag, Dezember 02, 2010

Recently Watched Movies #20


Bakjwi (dt. Titel: Durst) 60

Thieves Highway 75

Kommissarin Lund - Das Verbrechen II 60

Son of Rambow 70

Whatever Works 65

Das weiße Band 98

Harry Potter and the Deathly Hallows Part 1 70

Raining Stones 63

Neue Vahr Süd 68

Me and Orson Welles 88

Samstag, November 20, 2010

Recently Watched Movies #19


Terminator 2 - Extended SE 92

En folkefiende (2005) 63

An Enemy of the People (1978) 55

Apocalypse Now Redux 95

Hearts of Darkness: A Filmmaker's Apocalypse 70

The Descent 65

Looking for Eric 71

Hidden Agenda 75

It's a Free World 63

Carla's Song 45

Donnie Darko 97

Montag, November 08, 2010

Recently Watched Movies #18


Schulz und Schulz IV 68

Schulz und Schulz V 62

Garden State 70

Hung Season 2 45

Wir sind die Nacht 48

The Ghost Writer 85

A History of Violence 96

Scott Pilgrim vs. the World 61

Sonntag, Oktober 24, 2010

Recently Watched Movies #17


The Eiger Sanction 52

Schulz und Schulz 66

Schulz und Schulz II 68

Schulz und Schulz III 68

In the Heat of the Night 74

Bullitt 70

The Cutting Edge: The Magic of Movie Editing 60

Verblendung 58

Verdammnis 50

Vergebung 58

Bonnie and Clyde 77

Freitag, Oktober 22, 2010

Recently Watched Movies #16


Night Moves 72

The Social Network 78

Surrogates 60

Fried Green Tomatoes 67

Wall Street: Money Never Sleeps 69

Hai-Alarm auf Mallorca 33

Donnerstag, Oktober 21, 2010

Ken Loach: Filmemacher müssen Störenfriede sein!


Zur Eröffnung des diesjährigen Londoner Film Festivals hielt Regisseur Ken Loach eine gepfefferte Rede zur Lage des Kinos. So freute er sich beispielsweise darüber, dass zwei hochrangige BBC-Menschen dieser Tage ihren Job verlieren, beklagte den mangelnden Zugang zu Filmen des Weltkinos (nur rund 3 Prozent der in Großbritannien gezeigten Filme seien ohne US-Einfluss entstanden) und rief seine Kollegen dazu auf, sich der großen Gleichmacherei entgegenzustellen, unbequem zu sein, sich gegen das Establishment zu stellen und schon gar nicht vor der Queen im Staub zu kriechen.

Eine Zehnminutenversion der sogenannten Keynote Speech gibt's bei youtube.

Die vollständige Rede bekommt man auf der offiziellen BFI-Seite zu sehen.

Bleibt zu hoffen, dass seine Worte Wirkung zeigen!

Mittwoch, Oktober 06, 2010

Recently Watched Movies #15


Get Him to the Greek 45

Predators 35

A Nightmare on Elm Street (2010) 18

True Grit (1969) 68

Z 89

Twelve 60

My Bloody Valentine (2009) 49

Tod einer Schülerin 35

Wall Street 75

Mittwoch, September 29, 2010

Recently Watched Movies #14


Brute Force (1947) 74

Homicide (1991) 78

The Lost World: Jurassic Park 63

A History of Violence 96

Bad Lieutenant (2009) 70

Kabale und Liebe (2005) 62

Jurassic Park 3 45

Commando 55

24h Berlin 70

True Blood Season 3 70

Rambo 48

Mississippi Burning 88

Samstag, September 18, 2010

TV vs. Kino: Boardwalk Empire startet diesen Sonntag


Filmfreunden ist schon lange klar, dass moderne Serien Kinofilmen künstlerisch in nichts mehr nachstehen, sie sogar überflügeln, wenn es um Figurenzeichnungen, Plot-Komplexität und das Sprengen von Tabugrenzen geht. Nun startet am morgigen Sonntag die 20 Millionen Dollar teure Pilotfolge von Boardwalk Empire auf dem US-amerikanischen Bezahlfernsehsender HBO. Regie hat niemand geringerer als Martin Scorsese geführt. Setting: Atlantic City zu Beginn der Prohibitionsära. In der Hauptrolle: Steve Buscemi als Gangster namens Nucky Thomspon. Natürlich kommen einem die Sopranos ins Gedächtnis, wenn man die Schlagworte HBO, Gangster und Steve Buscemi hört. Und HBO scheint mit Boardwalk Empire an die Erfolge der im Sommer 2007 ausgelaufenen Serie anknüpfen zu wollen. Ich bin sehr gespannt!

Die Süddeutsche geht heute in einem lesenswerten Artikel ausführlich auf die neue HBO-Serie ein. Offenbar sind viele US-Kritiker (aber auch Drehbuchautoren) frustriert über das derzeitige Kinoangebot und die beschränkten Möglichkeiten, die Filmstudios dieser Tage noch erlauben.


Montag, September 13, 2010

Recently Watched Movies #13


Elementarteilchen 63

The Hit 82

The Expendables 50

Jurassic Park 65

Ein kurzer Film über das Töten 92

Phantoms 35

Tatort: Schmale Schultern 58

The Black Dahlia 90

Mittwoch, September 08, 2010

Recently Watched Movies #12


American Ninja 50

Nightmare Alley 70

Home Movies 50

The Texas Chain Saw Massacre (1974) 72

Ride with the Devil 75

Public Enemies 62

Carrie 2: The Revenge 30

Prince of Persia: The Sands of Time 50

Soul Kitchen 78

Im Juli 67

Cruising 70

Hannibal 65

Zabriskie Point 81

Montag, September 06, 2010

De Palma Blog Radio Tribute beginnt


Heute in fünf Tagen feiert Brian De Palma seinen 70. Geburtstag. Movie Geeks United! nimmt dies zum Anlass, um eine Woche lang Sondersendungen zu De Palmas Thrillern zu senden. Es geht los mit einer Radioshow zu Sisters. Gäste sind der Fimkritiker John Kenneth Muir und Produzent Edward R. Pressman. Muir nahm seine Teilnahme zum Anlass, um auf seine (überaus scharfsinnige) Rezension zu Sisters hinzuweisen.

Der weitere Plan für die Sendungen (übernommen von Geoff):

The De Palma Thriller: CARRIE - Tuesday, September 7 at 10pm EST
featuring special guests author/critic John Kenneth Muir, actress Nancy Allen, and additional insights from critic Armond White

The De Palma Thriller: DRESSED TO KILL - Wednesday, September 8 at 10pm EST
featuring special guests author/critic John Kenneth Muir, actress Nancy Allen, actor Keith Gordon, and producer George Litto

The De Palma Thriller: BLOW OUT - Thursday, September 9 at 10pm EST
featuring special guests author/critic John Kenneth Muir, actress Nancy Allen, and producer George Litto, with additional insights from cinematographer Vilmos Zsigmond.

The De Palma Thriller: RAISING CAIN - Friday, September 10 at 10pm EST
featuring special guests author/critic John Kenneth Muir and editor Paul Hirsch.

Für Mitteleuropäer liegen die Sendezeiten leider ungünstig: Jeweils um 4.00 Uhr morgens kann man live dabei sein. Falls das nicht geht, stehen einem im Anschluss natürlich Podcasts zur Verfügung. Als kleinen Appetitanreger darf man sich schon einmal die mittlerweile fast drei Jahre alte Sendung zu Redacted genehmigen.

Sonntag, August 22, 2010

Recently Watched Movies #11


Femme Fatale 97

Dressed to Kill 99

Blow Out 93

Body Double 95

The Midnight Meat Train 74

Chatroom 73

Brotherhood (2010) 45

Die Physiker 66

The Hills Have Eyes 2 (2007) 49

The Cottage 60

Samstag, August 14, 2010

Recently Watched Movies #10


The Dark Knight 62

Coraline 63

Nightmares in Red, White and Blue 54

Soulman 58

Shutter Island 66

In a Lonely Place 75

Roots Episodes 1-3 88

Roots Episodes 4-6 70

Amistad 44

Sisters 85

Watchmen (DC) 82

The Hills Have Eyes (2006) 67

Samstag, August 07, 2010

Film noirs in Kürze: The Hitch-Hiker


Ida Lupino ist die Kathryn Bigelow der 40er und 50er Jahre. Mit The Hitch-Hiker hat sie einen reinen Männerfilm inszeniert. Die einzig weibliche Person des Films ist ein mexikanisches Kind, das in nur einer Szene auftaucht. Erzählt wird die auf einer wahren Begebenheit beruhende Entführung zweier Freunde, die einen Ausflug nach Mexiko machen wollen und dabei einen Anhalter mitnehmen, der sich als geistig gestörter Killer entpuppt und fortan sadistische Spielchen mit den beiden treibt. William Talman spielt den Maniac wundervoll diabolisch. - Trotz der Weite des staubigen Wüstenlandes, das die drei Männer mit ihrem Wagen durchqueren und das immer wieder in Panoramaaufnahmen eingefangen wird, handelt es sich bei The Hitch-Hiker um ein eindringliches Kammerspiel, das von der Dynamik lebt, die zwischen den Figuren entsteht. Mit 70 Minuten Länge ist dieser kleine aber nicht unfeine Film noir auf den Punkt inszeniert.
66 Punkte.

Freitag, August 06, 2010

Film noirs in Kürze: Quicksand


Quicksand: Ein junger Automechaniker gerät in Treibsand: Um eine attraktive Blondine ausführen zu können, borgt er sich 20 Dollar aus der Werkstattskasse, muss einen zweifelhaften Deal eingehen, um das Geld rechtzeitig zurückerstatten zu können, begeht daraufhin einen kleineren Raubüberfall und später einen größeren. Je mehr er versucht, sich aus der finanziellen Bredouille zu befreien, umso tiefer versinkt er im titelgebenden Treibsand. Ursprung des Übels ist freilich die Femme fatale. - Eine kleine, sehr strukturiert geschriebene, aber deshalb auch zu plakativ geratene Fabel über sittsames, regelkonformes Verhalten. So dämlich, wie sich der Protagonist einige Male verhält, lässt einen mehr als nur die Stirn runzeln. Sein törichtes Handeln tut dem Zuschauer manchmal geradezu weh. Und auch das semi-versöhnliche Ende ist ein klarer Minuspunkt. Doch die Geschwindigkeit, mit der sich der Plot entfaltet und die zurückhaltende, nüchterne Inszenierung, die sich der Handlung völlig unterordnet, lässt Quicksand zu einem kurzweiligen Noir-Vergnügen werden. Kein großer Film, aber auch kein komplett misslungener.
59 Punkte.

Donnerstag, Juli 29, 2010

Recently Watched Movies #9


When You're Strange 61

Predator 72

Me and Orson Welles 93

The International 82

King of New York 71

Das Mädchen, das durch die Zeit sprang 63

Der Regenschirmmörder 60

Inception 86

Mittwoch, Juli 14, 2010

Gedrucktes: A Man in Full


„Führe mich, oh Zeus!“ Conrad, eine Hauptfigur in Tom Wolfes A Man in Full, entdeckt in einer für ihn äußerst bedrohlichen Situation zufällig die Schriften der Stoiker. Zunächst verärgert über das ihm falsch gelieferte Buch, begreift Conrad schnell, dass ihm die Gedankengebäude der alten Philosophen einen Leitfaden geben, nach dem er sein Verhalten, ja sein gesamtes Leben ausrichten kann. Besonders Epiktet, ein von den Römern ins Exil geschickter Grieche, mit seiner radikalen Haltung zu innerer Freiheit und Selbstbestimmung hat es Conrad angetan. Der religionslose Conrad wird zu einem Jünger der Stoa. Tom Wolfe gelingt es anhand dieser zugegebenermaßen konstruierten Figur, deren (nach Plausibilitätsmaßstab) unrealistischen Lebensabschnitt wir nur über einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum verfolgen, dem Leser ohne philosophische Vorbildung den Stoizismus als überaus faszinierende und wahrhaftige Gedankenschule vorzustellen, sie sogar glaubhaft in die Sphäre einer sympathischen Religion zu erheben. Jeder Mensch, so lernen wir, trägt den Funken Zeus' in sich, der ihm im Gegensatz zu weltlichen Besitztümern und dem eigenen Körper nicht genommen werden kann. Nicht einmal Zeus ist dazu in der Lage.

Diesen Funken zu erkennen, ihn anzunehmen und als Grundlage für ein zufriedenes, sinnvolles Leben zu begreifen, davon sind die Figuren in A Man in Full weit entfernt. Wie schon in Wolfes A Bonfire of the Vanities sind sie Getriebene der Gier: der Gier nach Geld, der Gier nach Macht, der Gier nach Sex.

Der Stoiker Epiktet gibt Werte vor, die einen wahren Mann ausmachen.

Neben Conrad ist Charlie Croker die zweite Hauptfigur des in der englischen Hardcoverausgabe 742 Seiten umfassenden Romans aus dem Jahr 1998. Charlie Croker ist ein in die Jahre gekommener ehemaliger Football-Star, der unter einem arthritischen Knie leidet und sich zu einem der einflussreichsten Unternehmer Atlantas hochgearbeitet hat - ein egomanischer, erzkonservativer Südstaatler, dem eine gigantische Plantage mit 36 Gebäuden (inklusive schwarzen Personals) gehört, auf der er leidenschaftlich gerne Wachteln jagt. Er nennt einen Luxusjet sein Eigen und führt das Leben eines reaktionären Multimillionärs. Seine political incorrectness sorgt regelmäßig dafür, dass sich sein pubertierender Sohn aus erster Ehe sowie seine bildschöne, blutjunge zweite Frau für ihn schämen. Charlie Croker, dieser Südstaatenbulle, hat sich mit seinen Immobilienbauten dermaßen verschuldet, dass ihm die Bank heftig einheizt: Wolfe führt uns eine wahnwitzige „workout session“ vor, bei der der körperlich mächtig wirkende Charlie von den Bankern verbal auseinandergenommen wird und den Konferenzraum schweißgebadet wie ein Häufchen Elend verlassen muss. Die unmittelbare Folge dieser Konferenz: Charlie kürzt 15 Prozent der Arbeitskräfte seines Lebensmittelkonzerns. Diese Entscheidung wirkt wie ein umgeworfener Dominostein im Lebenslauf Conrads, der am anderen Ende der USA seinen Job im riesigen Kühlhaus von Croker Global Food verliert.

Charlie Croker: Ein amerikanischer Bulle kämpft um seine Existenz.

Crokers Kampf gegen den Konkurs ist verflochten mit einem weiteren Handlungsstrang: der angeblichen Vergewaltigung einer jungen weißen Studentin durch Fareek Fannon, einem unsympathischen schwarzen Topathleten. Die vermeintliche Vergewaltigung gewinnt an Brisanz, als öffentlich wird, dass es sich um die Tochter eines äußerst einflussreichen Unternehmers und engen Freund Charlies handelt. Charlies Verhältnis zu diesem Unternehmer befördert ihn unwillkürlich in eine Situation, die ihn moralisch zu zermalmen droht.

Traten im New-Yorker-80er-Jahre-Roman The Bonfire of the Vanities die ethnischen Konflikte noch offen und konfrontativ zu Tage, werden sie im Atlanta der 90er Jahre anders verhandelt. So versuchen alle Parteien eine öffentliche Debatte des Vergewaltigungsfalles zu vermeiden. Insbesondere der schwarze Bürgermeister ist auf Schadensbegrenzung bedacht, weil ein solcher Fall nach seiner Überzeugung in den Kern der Angst des weißen Mannes vordringe.

Überhaupt – darauf lässt bereits der Titel schließen - ist die Frage nach Männlichkeit eine ganz wesentliche: Mit Charlie und Conrad werden zwei grundverschiedene Männlichkeitsbilder entworfen. Charlie, der sich vor allem durch Äußerlichkeiten als Mann definiert (Körperkraft, Geschäftserfolg, Reichtum, sportlicher Ruhm, Ansehen in der High Society usw.), steht Conrad gegenüber, dem mit Ausnahme eines ungewöhnlich hohen Maßes an Körperkraft sämtliche dieser Eigenschaften fehlen. Genau hier kommt wieder Epiktet ins Spiel, der eine moralische Tapferkeit predigt, der Conrad selbst unter Lebensgefahr treu bleibt. Quasi im Vorbeigehen hebelt Wolfe in einer Gefängnisepisode das innerlich völlig hohle Männlichkeitsbild von Strafgefangenen aus: Als es darum geht, jemanden in Not zu helfen, verweigern die Knast-Männer aus Angst vor den Folgen einem Häftling die Hilfe. Nur Conrad hört auf seinen Sinn für Gerechtigkeit und hilft dem Mann, zeigt im Gegensatz zu den anderen Insassen Courage und Mitgefühl. Sein Glaube an die Stoa lässt ihn auch weitere brenzlige Situationen meistern.

Zu den weiteren zentralen Figuren des Romans zählen der versnobte schwarze Rechtsanwalt Roger White II., der frustrierte Banker Raymond Peepgass sowie Martha Croker, die enttäuschte erste Ehefrau Charlies. Wolfe jongliert souverän mit dieser Vielzahl an Figuren und den fein verzahnten Handlungssträngen. Wie Schachfiguren werden sie für das große Finale in Stellung gebracht. Gleichzeitig schafft er Situationen, die seine Leser so schnell nicht vergessen dürften: Um potentielle Investoren zu beeindrucken, lädt Croker für ein Wochenende auf seine Plantage. Höhepunkt des zweiten Tages ist der Zuchtstall, bei dem seine Gäste (und der Leser) Zeuge werden, wie eine Mähre von einem gewaltigen Hengst bestiegen wird. Wie Wolfe die akribische Vorbereitung, die technische Umsetzung und das gleichermaßen faszinierte wie schockierte (gemischte) Publikum mit Genuss am Detail beschreibt, lassen dieses Kapitel zum einprägsamsten des gesamten Textes werden. Habe ich das gerade tatsächlich gelesen oder habe ich mir das nur eingebildet?

Er sieht aus wie ein Dandy.
Und wahrscheinlich ist er auch einer:
Tom Wolfe ist der Mann in Weiß.

Noch beeindruckender wird der Roman, wenn man weiß, wie gründlich Wolfe recherchiert. Faktentreue ist ihm wichtig, schließlich gehört er zu den Mitbegründern des New Journalism, einer literarischen Strömung, die eine Vielzahl literarischer Methoden gebraucht, um lebendig zu erzählen und den Leser zu fesseln, gleichzeitig aber darauf bedacht ist, korrekte Fakten und akkurate Details zu verwenden. Nach eigener Aussage versuchte er sogar an einer „workout session“ als stiller Beobachter teilzunehmen. Doch die Banken mauerten. Allerdings könne er fünf Quellen nennen, die eine derartige Szene, wie er sie im zweiten Kapitel schildert, bezeugen könnten. Die Genauigkeit von Wolfes Recherche schlägt sich auch in minutiösen Beschreibungen nieder: Botanik, Kleidung, Kunstwerke (z. B. Stücke des afrikanischen Yoruba-Volkes) werden genau geschildert. Dies geschieht meist aus der Perspektive einer der Figuren, sodass die Ausführungen auch der Charakterisierung dienen. So hat Roger White, der Anwalt des angeklagten Footballspielers, ein fast krankhaftes Verhältnis zur Kleidung, versucht Menschen auf der Grundlage ihrer Garderobe einzuschätzen – und liegt damit meist richtig.

A Man in Full ist mittlerweile zwölf Jahre alt. Wolfes Bestreben war es, einen Roman zu verfassen, der in der Gegenwart spielt. Im Entstehungsprozess, der sich elf Jahre hinzog, realisierte Wolfe schnell, dass sich die Gegenwart rapide ändert. Und so merkt man seinem Werk im Jahr 2010 das (vergleichsweise junge) Alter natürlich an. Doch das ist ohne Belang. Denn das, was Wolfe über das Amerika der 90er Jahre zu sagen hatte, gilt auch heute noch, und zwar international. Die Weisheiten des Epiktet sind zeitlos.

Recently Watched Movies #8


Please Give 59

Mary & Max 75

Gegenschuss: Aufbruch der Filmemacher 52

The Road 84

Gorky Park 53

Dienstag, Juli 13, 2010

Samstag, Juni 19, 2010

Recently Watched Movies #7


The Black Dahlia 89

24 Season 8 75

The Untouchables 87

Das Wunder von Bern 54 ;-)

Point Break 68

Sherlock Holmes (Zweitsichtung) 70

Ich war neunzehn 72

Carlito's Way 92

The Lovely Bones 25

Montag, Juni 14, 2010

Black Dahlia: Blu-ray im September


In den USA erscheint im September The Black Dahlia auf Blu-ray. Amazon.com listet den Film für den 07.09.2010. Ich habe ihn mir erst vor kurzem erneut angesehen und freue mich schon jetzt auf eine hochauflösende Fassung. Die Extras werden wie schon bei den Untouchables und Carlito's Way direkt von der DVD übernommen - ist ja auch egal, solange das Bild eine deutlich sichtbare Verbesserung darstellt. Die deutsche Scheibe wird dann wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Donnerstag, Juni 10, 2010

World Cup 2010 - Vorfreude

Voller Vorfreude auf die morgen beginnende Weltmeisterschaft werde ich mir heute Abend wohl noch einmal John Cleeses The Art of Football from A to Z anschauen. Hier ein kleiner Ausschnitt...

Donnerstag, Mai 27, 2010

Recently Watched Movies #6


Viele Serien habe ich in letzter Zeit konsumiert. Extra erwähnenswert ist Dominik Grafs fürs deutsche Fernsehen ungewöhnlich vielschichtiger Blick ins (fiktive) Berliner Gangstermilieu. Nicht nur weil eine Schlüsselszene zehn Meter von meinem ehemaligen Hauseingang spielt, ist dies vermutlich die wichtigste und beste deutsche Serienproduktion der letzten zwanzig Jahre. Hier wird HBO-Qualität erreicht!

An American Werewolf in London 90

Hung Season 1 65

Im Angesicht des Verbrechens 85

Iron Man 2 62

The Wolfman (2009) 43

Lost Season 6 50

Surrogates 56

Blood Surf 58

Sonntag, Mai 09, 2010

Die 30 besten Sommerblockbuster


Eine durchaus diskutable Bestenliste hat das New Yorker Time Out Magazin zusammengestellt: Die 30 angeblich besten Sommerblockbuster werden hier in eine Reihenfolge gebracht, die ich nicht durchweg nachvollziehen kann. Was der grausige Pirates of the Carribean dort verloren hat, ist mir beispielsweise ein Rätsel. Und was ist mit Filmen wie The Untouchables oder Mission: Impossible, denkt der voreingenommene De Palma-Jünger natürlich sofort! Naja, Hauptsache solche Gurken wie Face/Off und Star Trek (2009) befinden sich unter den "besten" 30. Die Top 5 sind wenigstens annehmbar.

Und was lernen wir daraus? Es macht Spaß, sich über dämliche Listen aufzuregen!

Samstag, Mai 08, 2010

Recently Watched Movies #5


Dirty Harry 82

Magnum Force 78

The Enforcer 55

Sudden Impact 63

The Dead Pool 60

Yes Man 64

The Box 73

All that Heaven Allows 90

The Mist (DC) 68

Zodiac 84

Falling Down 92

The Lion King 67

Donnerstag, April 15, 2010

Recently watched Movies #4


500 Days of Summer 15

Cop Out 47

The Truman Show 74

The Pervert's Guide to Cinema 78

Doubt 72

Im Einsatz für Haie 70

Bis nichts mehr bleibt 60

Die Grenze 30

Birth 87

Ninja Assassin 62

Dienstag, März 30, 2010

Scarface als Schultheater

Das Video, was ich bei Geoffs De Palma a la Mod entdeckt habe, lässt mich etwas ratlos zurück. Gut, es ist unterhaltsam, aber ist das noch okay? Wissen die Kleinen überhaupt, was sie da spielen? Laut Geoff wird auch gemunkelt, dass das alles gefaked sein soll, es sich also nicht tatsächlich um eine Schulaufführung handelt. Wie gesagt: Ich weiß nicht recht, was ich davon halten soll.



EDIT 31.03.2010:

Das Video hat für viele Diskussionen gesorgt. Es war gestern und heute das meist gesehene youtube-Video in Kanada und Australien und es handelt sich in der Tat NICHT um eine Schultheateraufführung, sondern um eine Kreation des Viralmarketeingexperten Mark Klasfeld. Näheres erfährt man hier und hier bei Geoffs De Palma a la Mod.

Montag, März 29, 2010

Recently watched Movies #3


In den letzten paar Tagen bin ich immerhin viermal im Kino gewesen und habe auch die Zeit gefunden, ein paar Filme gebeamt bzw. auf DVD und Blu-ray zu sehen.

Brooklyn's Finest (ohne Wertung)

Daybreakers 62

Survival of the Dead 47

Splice 50

Le salaire de la peur
(Lohn der Angst) 88

Law Abiding Citizen 68

Donnie Darko (dt. Fassung) 80

The Boondock Saints II: All Saints Day 80

Freitag, März 12, 2010

Recently watched Movies #2


Ich gebe zu: Mit meinen Oscartipps lag ich kräftig daneben. Dafür bin ich mit meiner Filmauswahl der letzten zwei Wochen recht zufrieden.

Gomorra 66

The House of the Devil 77

The Limits of Control 68

In Treatment Season One 65

All that Heaven Allows 90

Has Anybody Seen My Gal? 63

The Taking of Pelham 123 (2009) 56

Sonntag, März 07, 2010

Oscartipp


Ich bin kein Fan der Oscarnacht. Das öde Stapfen über den roten Teppich, die dümmlichen Smalltalks und meist erschreckend hässlichen Garderoben der Schauspielerinnen turnen mich ebenso ab wie die unmenschliche Uhrzeit, zu der das Großevent stattfindet. Bei den Dankesreden kommt man aus dem Fremdschämen gar nicht mehr heraus und die gefühlten 2000 Werbeuntebrechungen tragen nicht zur Spannung, sondern vielmehr zur Verärgerung bei. Meines Erachtens muss man schon einen ungesunden Hang zum Masochismus besitzen, um sich diese "Show" in Gänze anzusehen. Der Einfluss der Oscars ist aber natürlich unbestreitbar. Einen Tipp kann ich mir deshalb nicht verkneifen. Da die Academy dumm und erzkonservativ ist, wird AVATAR natürlich mächtig abräumen.


Bester Film

Der mit dem Schlumpf tanzt

Regie

Cameron

Fremdsprachiger Film

Das weiße Band

Hauptdarsteller


Jeff Bridges - Crazy Heart

Nebendarsteller

Christoph Waltz - The Glorious Adventures of the Jew Hunter

Hauptdarstellerin


Sandra Bullock - A Blind Side

Nebendarstellerin

Maggie Gyllenhaal - Crazy Heart

Zeichentrickfilm

Coraline

Art Direction

Avatar

Kamera

Avatar

Kostüme

Nine

Doku

The Cove

Kurzdoku

The Last Truck: Closing of a GM Plant

Schnitt

Inglourious Basterds

Makeup

Star Trek

Musik

Zimmer - Sherlock Holmes

Song

The Weary Kind - Bingham & Burnett (Crazy Heart)

Kurzfilm Zeichentrick

A Matter of Loaf and Death

Kurzfilm

The New Tenants

Tonschnitt


Avatar

Soundmix

Avatar

Effekte


Avatar

Drehbuch (adaptiert)

District 9

Drehbuch (original)

Inglourious Basterds

Bei einigen Kategorien musste ich natürlich raten, weil ich keinen der Nominierten kenne.

Und zuletzt: So sehr ich die Filme Kathryn Bigelows schätze und ihr einen Oscar wünsche, wäre eine Auszeichnung für den durchaus spannenden aber gänzlich unrealistischen und politisch mutlosen Hurt Locker für mein Empfinden lediglich als Alibi-Oscar für eine Frau zu verstehen und deshalb in seinem Wert arg geschmälert.