Montag, November 20, 2006

The worst of DVD Special Features


Fußballer tun mir manchmal Leid! Da haben sie gerade ein Spiel verloren und schon steht ein Reporter vor ihnen und fuchtelt mit seinem Mikro in ihrem Gesicht herum: "Wie fühlen Sie sich nach dieser Niederlage?" oder "Denken Sie das katastrophale Ergebnis spiegelt den Spielverlauf angemessen wider?" - Was sollen Fußballer in solch einer Situation an Weisheiten von sich geben? Es wird von ihnen erwartet, dass sie in diesem Moment nicht nur mit den Gefühlen des Verlierens professionell umgehen, sondern auch noch, dass sie auf solche dämlichen Fragen einigermaßen intelligent antworten. Das ist hart. Und ich wundere mich immer wieder, warum ein solcher Spielfeldrandreporter nicht öfters mal einen rechten Aufwärtshaken einstecken muss. Dann sage ich mir: Die Spieler, die solche Interviews geben müssen, verdienen in der Regel in einem halben Jahr mehr Geld als ein Otto Normalverbraucher in zehn. Also geht das in Ordnung, auch wenn die Interviews so gut wie nie einen Nährwert haben.

Anders verhält es sich beim Bonusmaterial von DVDs! Wenn ein Verleih seine DVD wegen ihrer "Special Features" bewirbt, dann erwarte ich auch qualitativ hochwertigen Inhalt. Schließlich werden Schauspieler und Crew nicht gezwungen, ihre Sicht auf den Film mit der Welt zu teilen. Und wenn doch (vielleicht weil es im Vertrag steht), dann haben sie wenigstens Zeit, um sich darauf vorzubereiten. Doch wenn man sich anhört, was die Beteiligten da manchmal zusammensäuseln, wünscht man sich hin und wieder einen Fußballer herbei, der dem nicht weniger unterbezahlten Filmmenschen die Kunst des Interviews erklärt.

Es gibt natürlich ganz ausgezeichnete Featurettes auf DVDs. Laurent Bouzereau ist der Meister dieses Fachs. Ihm verdanken wir die informativen Hintergrundberichte auf vielen De Palma und Spielberg DVDs. Und es gibt auch Regisseure, die hervorragende Commentary Tracks sprechen: William Friedkin sollte Fortbildungskurse für diese Sekundärkunst eines Regisseurs anbieten.

Aber dies sind löbliche Ausnahmen. Auf den meisten DVDs befinden sich heutzutage kunterbunt zusammengeschnittene Werbefilmchen, die einen mit Pseudo-Informationen zum Film versorgen. Man fühlt sich nach solchem Trash genau wie nach dem Lesen des Focus: Man weiß, dass man gerade etwas über ein Thema rezipiert hat, aber kurioserweise ist man genauso schlau wie vorher.

Wenn Schauspieler nichts Interessantes zu Rolle oder Film zu sagen haben, findet die Lobeshymnen-Strategie Anwendung: "Es war schon immer ein Traum von mir, mit diesem Regisseur zusammenzuarbeiten. Er ist so warmherzig und einfühlsam. Er lässt Schauspielern einfach den Raum, den sie brauchen, um gut zu arbeiten. Es herrschte überhaupt eine kreative Atmosphäre am Set. Ich wollte auch schon lange mit [Name des Co-Stars] zusammen in einem Film spielen. Wir kannten uns nur von Galas und Partys: Dort haben wir immer tolle Gespräche miteinander geführt. Und als dann dieses Drehbuch kam, war klar, dass das nur mit uns beiden geht..."

Regisseure und Produzenten hingegen quälen einen häufig mit dem endlos langen Weg, den der Stoff hinter sich hatte, bevor tatsächlich mit dem Drehen begonnen werden konnte. Als ob es von Relevanz ist, was damals hätte passieren können, wenn nicht dieser oder jener Produzent im richtigen Moment den richtigen Riecher gehabt hätte oder sonstwer 2 Millionen Eigenkapital vorgeschossen hätte, die für die Realisierung des Films so lebenswichtig waren.

Auf Commentary Tracks gibt es nichts schlimmeres als permanente Anekdoten, die nur indirekt oder gar nichts mit dem Film zu tun haben (hier bilden die CTs von Kevin Smith eine erwähnenswerte und sehr unterhaltsame Ausnahme!). Wenn den Sprechern nichts besseres zum Film einfällt, als uns über die Qualität des Mittagessens der Cateringfirma aufzuklären, dann handelt es sich um einen CT, der wertvolle Megabytes beansprucht, die eigentlich für eine höhere Bitrate der Videoqualität hätten Verwendung finden sollen.

In den vergangenen Jahren hat die Qualität der Special Features sukzessive abgenommen. Wenn man sich nicht gerade eine Criterion DVD kauft, sollte man vorher im Internet genau nachlesen, ob sich der Zeitaufwand für die Zusatzmaterialien auch lohnt. Zu Beginn des DVD-Zeitalters war das noch besser geregelt: Dort erschienen entweder Barebones-DVDs oder Special Editions. Heute gibt es scheinbar nur noch letztere. Sie heißen Collector's-, Gold- oder Special Limited Edition und bieten dann doch oftmals nur den Film plus Werbung für eben jenen Film. Eine traurige Entwicklung. Ich hoffe allerdings, dass mit dem Aufkommen von HD DVD und Blu-ray Discs die Bonusfeatures der DVD wieder an Bedeutung gewinnen werden. Wenn diese Home-Entertainment-Medien in Zukunft parallel existieren wollen, muss sich ihr Angebot unterscheiden. Die DVD kann in punkto Bildqualität nicht mit den neuen Formaten mithalten, also sollte sie sich auf ihre alten Stärken besinnen, die die neuen Speichermedien vielleicht nicht erfüllen wollen: Qualitativ hochwertiges Bonusmaterial.

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