Donnerstag, August 28, 2008

TV-Tipp: The Black Dahlia

Für all jene, die Brian De Palmas fantastischen Neo-Noir noch nicht gesehen haben, heißt es heute um 22.45 Uhr: ARD einschalten. The Black Dahlia lohnt sich aber auch für eine Zweit- oder Drittsichtung. Einziger Wermuthstropfen: Es wird natürlich die deutsche Fassung ausgestrahlt. Gerade das lässt den Film für mich heute interessant werden, da ich die deutsche Synchro noch nicht kenne. Man darf gespannt sein, wie Ellroys poetischer 40er-Jahre-Slang ins Deutsche transportiert worden ist. Die Übersetzung der Romanvorlage ist jedenfalls eine mittlere Katastrophe.

EDIT:

Die Synchronisation war zufriedenstellend, wenn auch freilich viele Nuancen im Deutschen verlorengegangen sind. Die fast lyrische Qualität des Originals wurde meist auf den reinen inhaltlichen Sinn der Sätze heruntergebrochen. Die deutschen Sprecher hielten sich zurück, den leicht ironischen Ansatz eines noirhaft-stilisierten Sprechgestus nachzuahmen. Wahrscheinlich die richtige Entscheidung - schließlich haben selbst im Original viele Zuschauer nicht begriffen, warum die Schauspieler allesamt leicht over-the-top agieren.

Seltsamerweise rief die Tanzsszene diesmal Erinnerungen an ein bekanntes Bild von Gustav Klimt wach: "Jungfrau". Bei genauerer Betrachtung stellte sich dann aber heraus, dass es kein direktes visuelles Zitat ist. Eine gewisse Ähnlichkeit im Arrangement lässt sich allerdings nicht le
ugnen...

Sonntag, August 24, 2008

Kurzfilm: Gridlock

Hier ein Kurzfilm, der 2002 auf dem Fantasy Filmfest lief und den ich in bester Erinnerung hatte. Leider wirkt er bei einer Zweitsichtung nicht mehr so stark. Dennoch ist er gut genug, um hier gepostet zu werden! Gridlock:



Und als Nachtisch gibt's noch Desserts mit Ewan McGregor:

Samstag, August 23, 2008

Bogdanovich interviewt Kirk Douglas

Peter Bogdanovich hat erneut exklusiv für das Magazin der Süddeutschen Zeitung ein langes Interview mit einer Hollywoodlegende geführt. Nach Lauren Bacall, Jack Nicholson, Arthur Miller, Clint Eastwood und Jerry Lewis saß Bogdanovich nun dem mittlerweile 91-jährigen Kirk Douglas an drei Tagen im Januar diesen Jahres gegenüber.

Das komplette Interview ist sowohl im englischen Original als auch in der deutschen Übersetzung online nachlesbar. Wer sich für die älteren Interviews interessiert, findet diese hier.

Donnerstag, August 21, 2008

Film noirs in Kürze: Impact

Der knallharte Geschäftsmann Walter Williams (Brian Donlevy) wird das Opfer seiner jungen Frau (Helen Walker): Ihr Liebhaber soll Williams bei einem Reifenwechsel umbringen. Der Plan misslingt. Williams überlebt. Der Liebhaber stirbt. Williams verliert vorübergehend sein Gedächtnis, lässt sich im idyllischen Larkspur nieder, verliebt sich dort in die Inhaberin einer Autowerkstatt (Ella Raines). Als er erfährt, dass seine Frau wegen Mordes angeklagt ist, verhält er sich zunächst ruhig - doch seine neue Flamme überzeugt ihn, zurück nach San Francisco zu gehen und der Polizei seine Sicht der Dinge zu schildern. Plötzlich findet er sich jedoch auf der Anklagebank wieder. - Impact wird angenehm zügig erzählt. Man bemerkt die für einen Film noir recht stattliche Länge von 111 Minuten fast gar nicht. Dabei weiß Regisseur Arthur Lubin uns nicht einmal visuell zu packen. Weit mehr als die Hälfte des Films spielt bei Tageslicht. Es gibt wenig Noir-typische Ausleuchtungen. Aber der recht konventionelle Plot fesselt dank des flüssigen Schnitts, einem Gespür für Timing. Nicht einmal die Schauspieler überzeugen. Donlevy wirkt die meiste Zeit wie erstarrt, Helen Walker bleibt völlig farblos. Der heimliche Sympathieträger und Star des Films ist Charles Coburn als dickbäuchiger Kommissar. Dennoch hat es Impact geschafft, mich zweimal gewaltig zu überraschen. So kommt das bekannte Vertigo-Gebäude (Brocklebank) ebenso vor wie eine Frisur, die George Lucas 28 Jahre später Prinzessin Lea tragen ließ. Das lässt wohl auch den größten Noir-Muffel schmunzeln. Der dritte Akt des Films ist der mit Abstand schwächste. Die gesamte Gerichtsverhandlung kommt nur zu Stande, weil Williams bei seiner Polizeiaussage ungenaue bzw. falsche Angaben macht - die peinlichste Form, um noch einen Drehbuchtwist einzubauen. Fazit: Trotz deutlicher Schwächen sehenswert.
64 Punkte.

Dienstag, August 19, 2008

Fantasy Filmfest 2008


Meine Kurzrezensionen des Fantasy Filmfests 2008 im Überblick:

[Diary of the Dead (Einstimmung)]

Get Shorty (Kurzfilmprogramm)
Eden Lake (8.5/10)
JCVD (7/10)
Dance of the Dead (7/10)
My Name is Bruce (7/10)
Hush (6.5/10)
Donkey Punch (5/10)
Jack Brooks - Monster Slayer (4/10)

Montag, August 18, 2008

FFF-Ticker: Get Shorty

Das Kurzfilmprogramm ist für mich gleichzeitig der Abschluss des diesjährigen Fantasy Filmfests. Da ich Berlin morgen verlassen werde und ich am heutigen Montag keine Zeit fürs Kino habe, muss ich zwangsläufig auf Mirrors und das Dracula Double Feature (ein Film in Technicolor: yumyum!) verzichten. Umso erfreulicher also, dass Get Shorty 2008 das beste Programm seit bestimmt sechs Jahren bereit hält!

Im Grunde gab es nur eine große und eine kleine Enttäuschung. Die kleine Enttäuschung stammt ausgerechnet von Bill Plympton: Sein Shuteye Hotel im gewohnt unruhigen Zeichenstil kann in punkto Witz und Überraschung an seine bisherigen Beiträge nicht anschließen. 5/10

Die große Enttäuschung kommt aus Spanien und heißt Las horas muertas (aka Killing time): Ein Dirty-Harry-mäßiger Scharfschütze zerlegt Wohnmobil plus Insassen. Seltsamerweise werden sämtliche Figuren als unsympathisch dargestellt, so dass einen ihr Ableben nicht kratzt. Der Film soll schmierig wirken. Verwaschene Farben, eine vollkommen überzogene Tonspur und eine penetrante Western-Pfeif-Melodie. Das beste an Las horas muertas ist sein Vorspann. 3/10

Für mich der gelungenste, witzigste, überraschendste Beitrag dieses Jahres wurde von Lars von Trier eingereicht und ist gerade einmal drei Minuten lang: Occupations. Eine Abrechnung mit dem Premierenpublikum großer Filmfestspiele (genauer gesagt: Cannes). Fantastisch! So müssen Kurzfilme sein: Prägnant und mit einer schlagkräftigen Pointe: 10/10

Hätte jemand behauptet, The Saddest Boy in the World wäre von Tim Burton, ich hätte es geglaubt. Eine liebevoll ausgestattete und vollkommen überzeichnete Charakterstudie eines neunjährigen Jungen, eines Außenseiters, der anlässlich seiner Geburtstagsfeier mit dem Gedanken spielt, sich das Leben zu nehmen. 7/10

Der kanadische Beitrag: The Saddest Boy in the World.

Absoluter Publikumsliebling in Berlin war kurioserweise der einzig deutsche Beitrag: Arbeit für alle. Deutsche Beiträge sind meist zäh, in ihrem Humor sehr bemüht und deshalb waren sie in den vergangenen Jahren alles andere als Highlights. Dieses Jahr ist es anders. Arbeit für alle ist eine bissige Arbeitsmarktkritik, die bestimmt niemals im Fernsehen laufen wird. 8/10

Because there are Things you never Forget: Ein spanischer Kurzfilm, der auf Italienisch gedreht worden ist und rückwärts erzählt wird. Man sollte kleinen Jungen niemals das Fußballspielen vermiesen, so lehrt uns der Film. 8/10

Bitten ist der Prolog zu David Morleys im Herbst erscheinendem Horrorfilm Mutants. Ein geradliniger, vorhersehbarer aber gut fotografierter Zombiekampf à la 28 Days Later. 5.5/10

Eater ist ein US-amerikanischer Kurzfilmhorrorbeitrag, dessen Wendung mich trotz deutlicher Andeutungen tatsächlich überraschen konnte. 6/10

Der obligatorische Animationsbeitrag kommt dieses Jahr aus Frankreich: Even Pigeons go to Paradise. Eine spaßige Kirchenkritik, die ohne Schnörkel erzählt, wie sich der Sensenmann auch mal irren kann. 7/10

Zu guter Letzt Tile M for Murder: Ein wundervoller Beitrag aus Schweden und neben Bitten der einzige Film im Breitwandformat. Trotz der Vorhersehbarkeit der Pointe glänzt der Film, in dem es um ein verwunschenes Scrabble-Spiel geht, durch seine pfiffige Idee, großartige Darsteller und eine atemberaubende Beleuchtung. 8.5/10

FFF-Ticker: Fresh Blood - Donkey Punch

Drei britische Partyschicksen lassen sich mit vier jungen Skippern auf eine Bootsfahrt, Drogen und wilden Sex ein. Doch einer der Kerle schlägt seiner Sexgespielin beim Orgasmus ins Genick (der durch sofortige Muskelkontraktion angeblich luststeigernde Donkey Punch) und bringt sie so versehentlich um. Aus dem Partytörn wird eine Höllenfahrt. Soll man zugeben, was geschehen ist, oder soll man die Leiche auf See verschwinden lassen und eine Geschichte erfinden? - Donkey Punch verläuft in absolut vorhersehbaren Bahnen. Lediglich zwei Dinge sind erwähnenswert: Zum einen die durchaus ansehnliche Sexszene (vor full frontal nudity wurde bemerkenswerterweise nicht zurückgeschreckt!), zum anderen die leise mitschwingende Kritik an unserer Spaßgesellschaft. Im Grunde hätte der Film viel besser in die 90er Jahre und zur Nach-mir-die-Sintflut-Ravebewegung gepasst. Ein mitreißender Thriller ist Regisseur Oliver Blackburn dann auch nicht gelungen. Donkey Punch lief in Berlin gegen das Centerpiece Let the Right One In und war dementsprechend schlecht besucht. Wer Donkey Punch deshalb nicht gesehen haben sollte, muss darüber keine schlaflosen Nächte verbringen.

5/10

Sonntag, August 17, 2008

FFF-Ticker: Jack Brooks - Monster Slayer

Jack Brooks: Monster Slayer wäre wahrscheinlich gerne ein Film wie Dance of the Dead. Bedauerlicherweise ist er es aber nicht. Zäh wie Kaugummi entfaltet sich das Geschehen um den durch ein Kindheitserlebnis traumatisierten Klempner Jack. Robert Englund als dessen Abendschullehrer bewahrt den Zuschauer durch eine gehörige Portion Overacting und die eine oder andere Slapstickeinlage vor dem Wegschlummern, bevor im 3. Akt endlich die Special-Effects-Leute ihre Latex-Geschöpfe vor die Kamera setzen dürfen. Hier macht der Trash rund um die talentfreien Schauspieler für einige Minuten richtig Spaß. Doch das ist insgesamt zu wenig, um aus Jack Brooks: Monster Slayer noch einen akzeptablen Monsterfilm werden zu lassen.

4/10

FFF-Ticker: My Name is Bruce

Bruce Campbell hat ein Herz für Proleten. Er feiert in My Name is Bruce seine Filmkarriere als B-Movie-Horrorstar, gibt sich als alkoholkranken Trailertrash, als sympathisches Wrack. Das alles natürlich vollkommen überspitzt, politisch zutiefst unkorrekt und -wie könnte es anders sein?- ironisch. Der Humor bedient sowohl die Fans von Campbells Filmen als auch den anspruchslosen Freund albernen Slapsticks. Gleichzeitig greift dieser Beitrag der Midnight Madness sogar ein Thema auf, das historisch nicht uninteressant ist: Die gnadenlose Ausbeutung chinesischer Migranten als Goldminenarbeiter im 19. Jahrhundert. Der Dämon Guan-Di gegen den Bruce unfreiwillig antreten muss, verteidigt Tofu und die Friedhofsruhe hundert toter chinesischer Sklaven. Ein Irrwitz. Hoffentlich muss Campbell demnächst keine Filme in Bulgarien drehen, wie in My Name is Bruce angedeutet – davor grauste es ja schon Jean-Claude Van Damme in JCVD (aus Erfahrung).

7/10

FFF-Ticker: Dance of the Dead

Dance of the Dead wurde seltsamerweise digital (vermutlich von Blu-ray) projiziert. Das hatte leider kräftige Auswirkungen auf die Bildgröße (Balken oben, unten, rechts und links) und auf die Bildqualität (Farben wirkten verwaschen, erreichten nicht die Schärfe einer gewöhnlichen 35mm-Projektion, einmal kam es sogar kurz zu „Bauklötzen“ im Bild). Von diesen Mängeln einmal abgesehen, erwies sich Dance of the Dead als exzellenter Partyfilm, dessen Beliebtheit bei den Kartenkäufern sogar dafür sorgte, dass Ole Bornedal zur Vorstellung seines neuen Films Just Another Love Story ins kleinere Kino 6 verbannt wurde.

Diese streckenweise rasant geschnittene Zombieklamotte versprüht ein liebenswürdiges 80er-Jahre-Flair, greift auf CGI-freie Splattereffekte zurück und führt Rockmusik als effektives Narkosemittel für Untote ins Zombiefilmuniversum ein. Besonders beeindruckend ist das katapultartige Hervorschießen der bleichgesichtigen Verwesenden aus ihren Gräbern: Von Null auf Vollsprint in unter einer Sekunde. Nur die olympischen Ringe hätten noch eingeblendet werden müssen.

7/10

Samstag, August 16, 2008

FFF-Ticker: Fresh Blood - Hush

Das Berliner FFF-Publikum kommt dieses Jahr erstmals in den Genuss tatsächlicher Weltpremieren, wenn man einmal davon absieht, dass einige Filme bereits einem erlesenen Kreis von Filmmarktfritzen gezeigt worden ist. So auch Hush, ein souverän inszenierter Thriller, der irgendwo zwischen Haute tension, Duel und Spoorloos anzusiedeln ist: Ein britisches Pärchen zofft sich während der Fahrt auf der M1, als die Rücktür des Lasters vor ihnen aufgeht und für einen kurzen Augenblick eine schreiende Frau in einem Käfig enthüllt. Was nun? - Der Auftakt zu einem gelungenen Katz- und Mausspiel, das sich kräftig aus den drei oben genannten Filmen bedient, deren Klasse zwar nie erreicht, als eigenständige Hybride jedoch gut funktioniert.

6.5/10

Donnerstag, August 14, 2008

FFF-Ticker: Director's Spotlight - JCVD

Für JCVD wurde extra eine neue Rubrik gegründet: Das Director's Spotlight. So sehr liegt Rosebud dieser Film am Herzen, der sich mit dem recht verkorksten Leben eines der populärsten Hau- und Prügel-Idole der späten 80er und frühen 90er auseinandersetzt: Jean-Claude Van Damme. Es ist bestimmt fünfzehn Jahre her, seitdem ich mir einen seiner Filme aus der Videothek geholt habe. Nur den unsäglichen Street Fighter habe mir von seinen Werken seinerzeit im Kino angesehen, und das auch nur, weil ich das Sega-Spiel sehr mochte.

Still ist es geworden um den Mann mit den vermutlich gefährlichsten Beintechniken im Universum der Actionhelden. Und nun also JCVD: Eine selbstironische, streckenweise bitter melancholische Abrechnung mit Hollywood. Jean-Claude spielt sich selbst: Einen gealterten Karateaffen, der keine anständigen Rollenangebote mehr bekommt („Steven got the part!“), der durch einen kostspieligen Scheidungsprozess geht und der sich von seiner Tochter anhören muss, dass sie seinetwegen auf dem Schulhof gehänselt wird. Nun wird Jean-Claude zufällig in einen Postraub verwickelt. Wie reagiert der Kampfartist und Hollywoodheld nun in einer solchen realen Ausnahmesituation?

Regisseur Mabrouk El Mechri, der seinen geplanten Besuch beim FFF krankheitsbedingt kurzfristig absagen musste, entzieht dem Film viel Farbe, spielt etwas umständlich mit Perspektiven (so dürfen wir einige Szenen nacheinander aus dem Blickwinkel unterschiedlicher Figuren verfolgen) und liebt lange Einstellungen. JCVD beginnt mit einer ausgeklügelten Steadicamfahrt durch ein Militärlager, das Jean-Claude von Filmbösewichtern reinigt – ein großartiger Auftakt, der natürlich umgehend ironisch gebrochen wird. In einer anderen Szene wendet sich der bekannteste belgische Schauspieler direkt ans Publikum, erzählt von seinem Leben in Hotelzimmern, den vielen Frauen und den Drogen. Ja, da tut einem die Dampframme Van Damme tatsächlich etwas Leid. Man merkt, es steckt viel Wahrheit in diesem mehrminütigen, angeblich improvisierten Monolog – ohnehin eine der Stärken des Films, man mag es kaum glauben: Die Schauspielleistung des Hauptdarstellers. Van Damme hat aber auch noch nie einen solch gebrochenen Charakter spielen dürfen wie sich selbst. Vielleicht handelt es sich hier sogar um eine unerwartete Entdeckung. Doch aller Voraussicht nach wird es bei einer Eintagsfliege bleiben. Schade eigentlich.

7/10.

Mittwoch, August 13, 2008

FFF-Ticker: Eröffnung - Eden Lake

Die erste Vorstellung des Eröffnungsfilms Eden Lake war ausverkauft, so dass einige Leute, wie üblich in einem solchen Fall, auf den Stufen des CinemaxX 7 Platz nehmen mussten. Prominenter Besuch war ebenso zugegen. Neben dem Regisseur James Watkins, der nach dem Screening für ein kurzes Q&A zur Verfügung stand, wurden die Filmfreunde Oliver Kalkofe und Oliver Welke als Privatbesucher im Publikum gesichtet.

Der Abend begann mit einem witzigen Puppentrailer von Magna Mana, wie man ihn schon aus dem letzten Jahr kennt. Dieses Jahr wird es aufgrund der Popularität des letztjährigen Trailers mehrere neue geben. Beim Betreten des Kinosaals bekam man noch eine Senator-Trailer-DVD in die Hand gedrückt, die sich wunderbar als Bierdeckel eignet, es sei denn, man schaut sich gerne synchronisierte Trailer von überwiegend nicht mehr ganz aktuellen Filmen an.

Es werde ein ernster Jahrgang, bei dem die Happy Endings gnadenlos weggeschnitten worden seien – so kündigte Rosebud die Filme der kommenden Woche an. Und Eden Lake macht diesem Vorsatz alle Ehre. Das FFF 2008 beginnt endlich mal wieder mit einem Kracher! Schluss mit lustig: Keine blöden Zombie-Schafe mehr, kein Splattergeblödel und auch kein selbstironischer Neo Noir. Eden Lake ist die bitterböse Abrechnung mit einer verrohenden Jugend und unfähigen Eltern. Im Gewand eines klassischen Stalkerfilms kämpft hier ein Liebespaar im Wald ums Überleben. Die Gegner: Gelangweilte britische Teenies. Ähnlich wie einige deutsche Filme (Wut / Knallhart) erklärt auch Eden Lake die Ursachen für die Gewaltbereitschaft der Kinder mit dem sozialen Milieu, aus dem sie stammen. Doch ist Ursachenforschung nicht das zentrale Anliegen des Films. Vielmehr soll das Publikum mit dem Mittelschichtspärchen mitleiden, deren Martyrium mitfühlen. Und das funktioniert auch ganz hervorragend, weil Regisseur James Watkins sich einerseits zwar an die Regeln des Stalkergenres hält, andererseits jedoch den Täterfiguren sehr viel mehr Tiefe verleiht, als es gemeinhin üblich ist. Gerade weil es sich hier nicht um Jason oder einen seiner Artgenossen handelt, ist man sich als Zuschauer nie sicher, ob die Unterschichts-Pennäler nicht irgendwann erkennen, was sie da gerade tun. Einigen von ihnen stehen Zweifel, Unsicherheit und Angst permanent ins Gesicht geschrieben, eine Revolte innerhalb der Gruppe scheint des Öfteren möglich. Aus dieser psychologischen Spannung zwischen den Figuren zieht Eden Lake ebenso seine Suspense wie aus dem klassischen Täter-Opfer-Spiel.

Ein großartiger Auftakt: 8.5/10.

Dienstag, August 12, 2008

FFF-Ticker: Einstimmung - Diary of the Dead

Zur Einstimmung auf das heute beginnende 22. Fantasy Filmfest (das 16., an dem ich teilnehme!) habe ich mir erneut George A. Romeros aktuellen Zombie-Beißer Diary of the Dead auf DVD zu Gemüte geführt. Dieses Mal nicht auf einem Bildschirm, sondern schön auf knapp zwei Meter Bilddiagonale gebeamt.

Auf dem Cover der DVD wird ein gewisser Nick Digilio von WGN Radio in Chicago mit den Worten zitiert: „****! A MASTERPIECE.“ - Diese Begeisterung kann ich gerade nach der zweiten Sichtung nicht teilen.

Sicherlich ist Diary of the Dead ein virtuos in Szene gesetzter Low-Budget-Streifen. Man merkt in fast jeder Szene, wie viel kreative Energie hinter der Kamera steckt. Doch liegt das Problem des Films im Genre begraben. Ein Zombiefilm eignet sich nicht dazu, eine selbstreflexive Dokumentationshaltung einzunehmen. Spätestens seit dem Blair Witch Project ist diese Idee ausgereizt. Und Romeros Versuche, dem ganzen Unterfangen eine politische Facette zu verleihen, wirkt (freundlich formuliert) äußerst bemüht.

Diary of the Dead stolpert über die eigenen Genregrenzen: Immer wieder müssen Episoden eingeschoben werden, in denen Zombies abgestochen, zerteilt, massakriert werden, oder (ganz überraschend) aus einer dunklen Ecke springen.

Dabei will Romero eigentlich eine ganz andere Geschichte erzählen: Eine Geschichte über die heutigen Medien, über deren Kraft und Macht. Über die Möglichkeit eines Jeden, eine Kamera in die Hand zu nehmen, um einen Film zu drehen. Diesbezüglich sind die Bonusmaterialien der DVD verräterisch: Die Gewinner des zum Filmmarketing gehörenden myspace-Zombiefilm-Wettbewerbs werden hier präsentiert. Ironischerweise ist die DVD somit dem Film intertextuell, also selbstreferentiell, überlegen. Der Film wird im Angesicht seiner DVD-Auswertung zur Farce, auch wenn die stimmlichen Gastauftritte von Genregrößen wie Guillermo del Toro oder Stephen King auf dem Silbertablett präsentiert werden.

Dabei ist Diary of the Dead ein durchaus sehenswerter, aber leider nur scheinbar smarter Zombiefilm. Sein Ansatz wirkt gerade auch im Hinblick des zeitgleich erschienenen fragmentarischen Pseudo-Doku-Films Redacted kraftlos und veraltet, ja sogar völlig überholt.

Mit geringem Budget gedreht, können darüber hinaus die Splattereffekte auf einer größeren Homecinemaleinwand nicht immer überzeugen. Da wünscht man sich vergeblich Tom Savini herbei. Doch „natürliche“ Splattereffekte hätten die finanziellen Mittel des Films vermutlich ebenso gesprengt wie eine überzeugende Hauptdarstellerin.

Diary of the Dead reiht sich deshalb hinter Dawn-, Night- und Land of the Dead ein und teilt sich den unrühmlichen letzten Platz in Romeros Zombie-Filmographie mit Day of the Dead.