Freitag, Dezember 30, 2016

2016 - Ein Jahresrückblick

Die Anzahl meiner Kinobesuche dieses Jahr lässt sich an zwei Händen abzählen: Star Wars Episode VII, The Hateful Eight, Hail, Caesar!, Toni Erdmann, Jason Bourne, tschick, Star Trek Beyond, Rogue One.   

Beim Blick auf diese kurze Liste werden mir rückblickend zwei Dinge klar:

1. Spektakel und einige deutsche Projekte haben mich dieses Jahr ins Kino gelockt.
2. Die meisten dieser Filme waren durchaus in Ordnung, aber nur zwei davon haben einen wirklich bleibenden Eindruck hinterlassen.

Natürlich fehlt mir heute die Zeit, die ich noch vor zehn Jahren hatte, als ich diesen Blog ins Leben rief, um jede Woche ein-, zweimal ins Kino zu gehen und mir darüber hinaus fast täglich einen Film im Heimkino anzusehen. Die Quantität der rezipierten Filme hat also deutlich abgenommen.

Darüber hinaus schaue ich oftmals lieber eine Serie oder lege eine neu erworbene Scheibe in den Player, entdecke zum Beispiel lieber einen japanischen Klassiker wie Tokyo Story, als mir versäumte Kinofilme anzusehen. Das geschieht zwar auch noch, aber eben viel seltener als noch vor wenigen Jahren. Sicherlich hängt das auch mit dem Überschuss an Comic-Ware zusammen. Meine Affinität zu diesen Werken sinkt stetig, weil sie in meinen Augen beliebig austauschbar geworden sind. Bestenfalls halten mich die Superhelden gut bei Laune (X-Men Apocalypse), schlimmstenfalls lösen sie Verärgerung aus (Deadpool). Jenseits der CGI-Action werden zwar immer häufiger innere Konflikte der Superhelden thematisiert, doch wen interessieren schon die Gefühle von Halbgöttern?

Vermutlich bin ich mittlerweile einfach zu alt für den Hollywood-Mainstream, der wohl  in erster Linie 12- bis 20-jährige Jungen im Blick hat. Dennoch glaube ich nicht, für einen ordentlich inszenierten Action-Kracher nicht mehr empfänglich zu sein. Doch wo sind diese Filme jenseits des Superheldengedöns bitteschön?

Das bringt mich zum nächsten Punkt: Ich habe erstmals am Ende eines Kinojahres das Gefühl, nichts Wichtiges verpasst zu haben. Klar gibt es einige Filme, die ich mir noch ansehen möchte. Aber ein Gefühl der Dringlichkeit will sich nicht einstellen. Dies ist ebenfalls ein Phänomen, das ich bislang nicht gekannt habe. Wo ist das Suchtgefühl geblieben, das mich früher regelrecht zwang, so früh und so schnell wie möglich neue interessante Projekte zu sehen?

Mein Konsumverhalten hat sich also entweder irgendwie neu justiert, oder aber es liegt an dem, was in der vergangenen Zeit auf den Markt gekommen ist. Das Jahr 2017 wird diese Unklarheit hoffentlich beseitigen.

Doch nun endlich zu meiner knappen Liste, die auch deshalb so kurz geraten ist, weil relativ viele Filme, die ich 2016 im Heimkino sah, bereits 2015 ins Kino kamen.

Die Crème de la crème
The Hateful Eight
Hail, Caesar!

Die Guten
Toni Erdmann
The Neon Demon
Jason Bourne
De Palma

Die Mittelmäßigen
First Avenger: Civil War
X-Men: Apocalypse
Star Wars: Episode VII
Rogue One
tschick
Star Trek Beyond
Creed

Schwache Filme und Ärgernisse 
Bone Tomahawk
Batman vs Superman: Dawn of Justice
Deadpool

Da ich keine Liste führe, habe ich bestimmt den einen oder anderen Film vergessen - sobald mir derartiges auffällt, ergänze ich die Liste.

Guten Rutsch!

Samstag, November 19, 2016

Short Cuts #22

Viele Sommerblockbuster habe ich vergangenen Monat im Heimkino nachgeholt. Wenig überraschend: Es handelt sich überwiegend um Superhelden-Filme. Ebenfalls wenig überraschend: Überwiegend langweilen sie mich.

Man hat sich in den letzten fünfzehn Jahren wahrlich sattgesehen an all den Superhelden. Das scheint auch Marvel zu ahnen und lässt deshalb seit kurzem besonders durchgeknallte Exemplare auf die Zuschauer los. Es fing mit dem recht witzigen Ant-Man an und nahm diesen Sommer seine Fortsetzung im wenig witzigen, wahnsinnig albernen Deadpool. Ein ungeheuer doofer Film mit einem blöden Helden, der es strikt ablehnt, als Superheld zu gelten,  letztlich aber doch einer ist. Die nervigen Slowmotion-Passagen, die unglaublich kalkuliert wirkenden Sprüche des angeblichen Anti-Helden und der klebrige Rache-Plot standen dem Kassenerfolg nicht im Wege und so wird man wohl einige Fortsetzungen über sich ergehen lassen müssen. Einziger Pluspunkt: Die Guardian of the Galaxy waren noch bekloppter!

Batman vs Superman: Dawn of Justice gönnte ich mir in der 182-minütigen Ultimate Edition. Ein völlig überfinanziertes, überladenes Werk von Comic-Regisseur Zack Snyder, dessen Watchmen mir nach wie vor gut gefällt. Hier hat er sich allerdings übernommen. Der Anfang überzeugt jedoch. Er schließt an den letzten Supermanfilm an, zeigt Bruce Wayne in den Häuserschluchten New Yorks Menschen retten, die beim Kampf zwischen Superman und einem ebenbürtigen Gegner als Kollateralschäden zu sterben drohen. Diese Sequenz ist wahrlich gelungen: Gute Idee, inszenatorisch präzise ausgeführt. Doch dann verliert sich Snyder in einem unnötig aufgeblasenen Plot, der es bei all seiner Opulenz nicht schafft, glaubhaft zu vermitteln, warum Batman nun wirklich böse ist auf Superman - wahnsinnig konstruiert erscheint das alles. Und warum nur? Damit Fans sehen können, wie die beiden sich gegenseitig auf die Fresse hauen. Aber auch dieser exorbitant teure Film war international rentabel.

The First Avenger: Civil War habe ich vor einer Woche gesehen und kann mich schon jetzt kaum noch an ihn erinnern. Wahrlich kein gutes Zeichen. - Die Superhelden entzweien sich über einen Vertrag, der sie unter Kontrolle halten soll. Gegenspieler: Daniel Brühl, der über keinerlei Superkräfte verfügt. Handlungsort (unter anderem): Berlin (Regierungsviertel, ICC, Olympiastadion) und der Leipziger Flughafen. Auf letzterem dürfen sich die Superhelden gegenseitig richtig kloppen - kommt einem irgendwie bekannt vor, wenn man kurz zuvor Batman vs. Superman gesehen hat - mit dem Unterschied, dass die Marvelwelt deutlich sauberer wirkt. Wertung: Nett, aber man hat nichts verpasst, wenn man den Film nicht sieht.

Die X-Men und ihr letztes Abenteuer liegen schon bereit. Aber irgendwie bin ich den Superhelden derzeit überdrüssig.

Nicolas Winding Refns The Neon Demon hat mich hingegen gefangengenommen. Ich kann nicht sagen, warum. Es ist nicht der Plot, der fesselt. Es sind die Bilder, die Musik, der Sound. Es gibt bestimmt gute Gründe, diesen Film nicht zu mögen, aber eines kann man ihm nicht absprechen: Er wendet sich direkt an das Gefühl, weniger an den Kopf- immer wieder bemerkte ich, wie mein Kopf versuchte, sich einzumischen. Warum fühlst du gerade so? Refn schafft in seinen Filmen seine eigene Kunstwelt, die (zumindest mich) jedes Mal wieder einzufangen vermag. 

Am besten hat mir zuletzt ein Film gefallen, den ich schon kannte: Die Invasion der Barbaren. Vielleicht sollte man doch öfter zu Filmen greifen, die man bereits schätzt. 

Montag, Oktober 17, 2016

Gedanken zu Star Trek: Beyond

Als ich kürzlich mit 3D-Brille im Kino saß und mir ein Schwarm kleiner, insektoid aussehender Raumschiffe um die Ohren sauste, auf der arg lädierten Enterprise Faustkämpfe zwischen Mensch und Alien im schwerkraftfreien Raum ausgetragen wurden und irgendwer den obligatorischen, lebenswichtigen Hebel umlegen sollte, erinnerte ich mich an Brian De Palmas kritische Haltung zum gegenwärtigen Action-Kino: Man wisse dort oftmals nicht mehr, wo sich die Figuren im Verhältnis zueinander im Raum und zu den Objekten befinden. Genau das ist im aktuellen Star Trek: Beyond in fast allen Actionsequenzen der Fall!

Zumindest ich -und zu meiner Verteidigung: ein SciFi- und Actionkinobilder gewohnter Freund- wusste in vielen Szenen nie so genau, wer sich wo befindet. Vielleicht ist das ja auch egal, dachte ich, als ich da mitten im Kampfgeschwader über De Palma und meinen fürs Actionkino unzureichend ausgebildeten Orientierungssinn sinnierte. Ist doch laut und bunt, es knallt und pufft überall, und Feuerwerk aus dem CGI-Labor gibt's schließlich auch. - Nein, schoss es mir im nächsten Augenblick durch den Kopf, es ist nicht egal, denn diese Schnitt- und Actionchoreografie hat dafür gesorgt, dass du gerade über deren etwaige Unzulänglichkeit nachdenkst. Das Geschehen auf der Leinwand ist dir genau deshalb gerade herzlich egal!

Es sind schnelle Schwenks im 3D-Raum (Alles wirkt unscharf!), plötzliche Schnitte (Wer ist gerade wo? Was passiert genau?)  und das schiere Übermaß an Details  (Oh, zersplitterndes Glas am Hochhaus im Hintergrund - wie hübsch!), die mir die meisten Actionsequenzen in Star Trek: Beyond verdorben haben. Zudem war es überwiegend Action, die man mindestens schon einmal gesehen hat: einen Schwarmangriff (The Matrix Revolutions), den Absturz der Untertassensektion (Star Trek: Generations), Motorrad-Stunts (The Great Escape), Zero-Gravity-Fights (Inception), den Angriff auf eine Raumstation (Star Trek: Deep Space Nine). Nichts Neues also ...

Und doch wartet Star Trek: Beyond mit der schönsten Actionszene des Jahres auf!

Als Bösewicht Krall (Idris Elba) gegen Ende des Films mit seinem Schwarm einen Großangriff auf die Raumstation Yorktown fliegt, besteht die Gegenmaßnahme der Sternenflotte in einem Manöver, das mir die Freudentränen in die Augen getrieben hat. Ohne in die Details zu gehen: Die Beastie Boys sabotieren Kralls Plan. Und diese Sabotage ist im Gegensatz zu den vorangegangenen Actionszenen des Films eine punktgenau geschnittene, geradezu perfekte Symbiose von Bild und Ton.

Star Trek: Beyond ist abgesehen von den überwiegend missratenden Action-Momenten doch die bislang beste Folge des Reboots. In diesem dritten Teil gewinnt man nämlich erstmals das Gefühl, dass diese Crew zusammengehört, dass es sich nicht um spätpubertäre Egoisten mit Babyface handelt, die kurioserweise die Namen der TOS-Charaktere tragen, sondern dass die Figuren zusammengewachsen sind. Der Erzählstrang legt dies natürlich auch nahe. Dennoch, meine ich, hat sich in Beyond auch die Chemie zwischen den Schauspielern verbessert. Besonders gut lässt es sich in den Szenen zwischen Zachary Quinto (Spock) und -dem bereits zuvor überzeugendsten TOS-Nachfolger- Karl Urban (Bones) erkennen. Man spürt in jeder ihrer Szenen den Geist von Leonard Nimoy und DeForest Kelley. Die starken Dialoge des Drehbuchs helfen dabei freilich.

Überhaupt: Wie durchdacht das Drehbuch dieses 13. Kinofilms im Star-Trek-Universum tatsächlich ist, lernt man, wenn man John Kenneth Muirs Kritik liest. Er bringt überaus interessante soziopolitische und literarische Subtexte ans Licht, die dem Durchschnittszuschauer garantiert entgehen. - Eine zweifellos lohnenswerte, weiterführende Lektüre nach meinen knappen, eher technischen Gedanken zum Film.

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In einer persönlichen Note sei darauf hingewiesen, dass dies ein Jubiläums-Post ist. Vor exakt zehn Jahren, am 17. Oktober 2006 um 14 Uhr 38, hieß es nämlich: Es geht los! Noch am selben Tag wurde der erste Filmbeitrag gebloggt...ich erinnere mich noch genau, wie ich mich stundenlang mit der Formatierung abquälte, nur um am Ende ernüchtert festzustellen, dass ich Kompromisse eingehen muss, weil Tabellen und Bilder bei blogspot nicht so funktionieren, wie ich das will.
Etwa ein Jahr habe ich das Bloggen mit viel Energie betrieben. Im November 2007 begann dann mein Referendariat in einem anderen Bundesland, also musste ich umziehen und härter arbeiten als zu Unizeiten...das Bloggen wurde erst weniger, dann kam irgendwann der Stillstand. Dieser hält -von einigen Zwischenspielen einmal abgesehen- ärgerlicherweise bis heute an, obwohl mein Referendariat (den Göttern sei Dank!) sieben Jahre zurückliegt. Jetzt halten mich oftmals qualvolle Korrekturen davon ab, regelmäßig über das zu schreiben, was ich (von ein bis zwei privaten Dingen einmal abgesehen) am meisten liebe: Filme.
Ich verfolge die Blogger der "Gründerzeit" so gut ich kann. Mr Vincent Vega und der Rudi, der jetzt Flo Lieb heißt, schreiben noch immer sehr fleißig. Doch um die meisten anderen ist es still geworden: Markus' kleine Filmseite, La vie cinéphile und Home of the Weird - dort passiert mindestens genauso wenig wie auf meiner Seite.
Mein Jubiläumsversprechen: Bis Oktober 2017 soll mindestens ein Post pro Monat bei Sutter Cains Filmblog erscheinen....in diesem Monat ist das hiermit ja bereits erledigt :)

Samstag, September 24, 2016

Filmtipp: De Palma

 

Auf dem Cover der Blu-ray steht ein gewaltiger Satz aus der Kritik des New Yorker Time Out von Joshua Rothkopf: De Palma sei eine religiöse Erfahrung für Fans. – Dem ist leider nicht so. 

90 Prozent von dem, was Brian De Palma in dieser Dokumentation von Noah Baumbach und Jake Paltrow erzählt, weiß ein Fan nämlich schon – etwa aus den Interviews, die Laurent Bouzereau vor etwa 15 Jahren für die ersten aufwendigen DVD-Veröffentlichungen der De-Palma-Filme durchführte, oder aus Büchern wie Julie Salamons The Devil's Candy, auf das in der Doku natürlich hingewiesen wird.

Die restlichen 10 Prozent haben einen wahrlich sensationellen Informationsgehalt, wenn man an Trivia interessiert ist. Ein Grund hierfür ist zweifelsohne der Tatsache geschuldet, dass im Gegensatz zum DVD-Zusatzmaterial der De Palma-Filme nicht darauf Rücksicht genommen werden muss, Personen zu schonen, die am jeweiligen Projekt beteiligt gewesen waren. So erfährt man beispielsweise, dass Cliff Robertson zur Zeit der Entstehung von Obsession alles andere als ein Schauspieler gewesen zu sein scheint, der daran interessiert war, glaubwürdig seine Rolle zu verkörpern und mit anderen Schauspielern oder dem Kamerateam zusammenzuarbeiten – viel wichtiger war ihm seinerzeit die Bräune seiner Haut. – Oder Robert De Niro: Zwar kostete es eine Irrsume, den Method Actor in Al Capone zu verwandeln (Stichwort: original Seidenunterwäsche, die kein Zuschauer je sah), aber seinen Text auswendig zu lernen, hielt der Starschauspieler zu diesem Punkt in seiner Karriere offenbar nicht mehr für notwendig und bekam ihn von De Palma persönlich während des Schminkens eingetrichtert. 

Das sind zwei amüsante Anekdoten über die Entstehung von Obsession und The Untouchables. Sie tragen jedoch nicht dazu bei, das Werk De Palmas besser zu verstehen. Und das gilt in gewisser Hinsicht für große Teile des Films. Zwar stellt De Palma hier erneut seine Qualitäten als Erzähler unter Beweis. Er erklärt sogar den einen oder anderen filmästhetischen Ansatz. Ein roter Faden durch sein Werk wird aber nur ansatzweise gesponnen. Was verbindet seine Filme miteinander? Wie hat er besonders komplexe Szenen und Sequenzen entwickelt? Diese Fragen werden bedauerlicherweise nur manchmal beantwortet. 

Deshalb – und ich könnte diese Beobachtung an etlichen anderen Beispielen weiter ausführen – komme ich zum Schluss, dass die eingangs erwähnte Wertung von Joshua Rothkopf („A religious experience for fans‟) im Kern genauso reißerisch wie unzutreffend ist.

Doch jetzt einige Einschränkungen zu diesem Urteil: Baumbach und Paltrow haben zum Beispiel Material ausgegraben, das De-Palma-Fans seit Jahrzehnten dringend sehen wollen. Die Dokumentation geht De Palmas Filme einzeln und chronologisch durch. Alle. Einige gründlicher als andere. Und hierbei gibt es plötzlich verschollene Szenen zu sehen, die man vorher nicht einmal auf den Luxusausgaben der DVDs begutachten konnte. Das wohl prominenteste Beispiel ist das Originalende von Snake Eyes, in dem eine riesige Welle das Atlantic-City-Casino wegwäscht. Damalige Testpublikums verstanden das Ende nicht (De Palmas und David Koepps Überlegung: nur ein göttlicher Eingriff sei in der Lage, einen derart korrupten Sündenpfuhl zu beseitigen). De Palma drehte schließlich ein neues, mit dem er nie ganz zufrieden war. 

Überaus schön ist auch der Moment, in dem sich De Palma kurz an die zwei Regisseure hinter der Kamera wendet, um (ihnen) zu erklären, wie unterschiedlich sie Plots und Figuren entwickeln. Im Gegensatz zu ihnen, die ihre Geschichte um die innere Glaubwürdigkeit einer Figur konstruierten, gehe er genau andersherum vor: Ihn interessieren eher unrealistische Momente, die filmisch wirkungsvoll seien. Er brauche deshalb gute Schauspieler, um diese künstlichen Situationen zu erden, also realistischer zu machen. – Dieser Augenblick dringt kurz aber präzise ins Herz von De Palmas Schaffen vor. Denn wer sein Kino liebt, der schätzt in der Regel diese eher unrealistischen Szenen und Plansequenzen besonders, während De-Palma-Kritiker nahezu reflexartig auf deren Künstlichkeit verweisen und/oder einen Hitchcock-Vergleich anstellen. – An dieser Stelle hätte die Dokumentation verweilen können, um die ästhetische Grundhaltung des Regisseurs stärker auszuleuchten. Höchstwahrscheinlich existiert hierzu auch mehr Material, denn De Palma wurde an mehreren Tagen vor dem Kamin in Paltrows Eigenheim zum Interview platziert. Auch Zusatzmaterial auf der Blu-ray wäre eine schöne Ergänzung – doch Fehlanzeige. 

Der mittlerweile 76-jährige De Palma klingt am Ende der Doku nicht einmal resigniert, als er erläutert, dass die meisten großen Regisseure ihre besonders kreative Phase zwischen ihren 30ern und 50ern hätten – er führt als Beispiel sogar den Post-Vertigo/Psycho-Hitchcock an: „[..] you can talk about The Birds all you want and all the other movies he made after that. And of course the critical establishment finally caught up with them and started to write about what a genius he was, except those movies aren't as good as the ones he made in his thirties, his forties and his fifties.‟ Zwar spricht De Palma nicht aus, was hier bezüglich des eigenen Werks mitschwingt, aber warum sollte er auch?

Baumbachs und Paltrows De Palma gibt einen schönen und ausführlichen Überblick über die bewegte Karriere und das Gesamtwerk des Regie-Altmeisters. Wirklich neue Erkenntnisse gewinnen Cinephile, die sich mit seinem Œuvre auseinandergesetzt haben, aber eher nicht. Die Doku ist trotzdem sehenswert, weil sich De Palma als überaus unterhaltsamer Erzähler erweist und es den einen oder anderen Leckerbissen in Form von Anekdoten oder bislang unveröffentlichten Szenen zu entdecken gibt.

Samstag, April 23, 2016

Trailer für Noah Baumbachs De Palma Doku


Der Film kommt im Juni in einige wenige US-Kinos. Auf deutschen Leinwänden wird er vermutlich nicht zu sehen sein - außer vielleicht auf Festivals.