Montag, Januar 22, 2007

Tatort: Schwelbrand


Ich bin gestern durch Zufall beim Tatort gelandet. Normalerweise meide ich den Rolls Royce der deutschen Fernsehkrimis aus Prinzip. Grund: Ich brauche eine kulturelle Distanz, um Whodunits genießen zu können. Spielt ein Krimi in Deutschland und wird Deutsch gesprochen, erscheint mir vieles zu schnell unrealistisch. Mir mangelt es dann bedauerlicherweise an der 'Suspension of Disbelief'.

Umso überraschter war ich, dass mich Schwelbrand gut unterhielt. Der Mord an einer jungen Frau, die für ein Popsternchen (Jeanette Biedermann spielte sich gewissermaßen selbst) arbeitet, war zwar alles andere als originell. Aber der Blick in das bunte Musikermilieu, dem als Kontrast die miefige Neonazi-Szene gegenüberstand, überzeugte. Eine ganze Reihe mir unbekannter Deutschpopper durften Songschnipsel für den Soundtrack des TV-Films beisteuern. Die größte Enttäuschung war dabei leider Jeanette Biedermann: So sehr mir ihr lässig burschikoses Schauspiel imponierte, so peinlich piepsig klang ihr dünnes Stimmchen in den Gesangseinlagen. Das fand seinen Höhepunkt in einem pathetischen Ende, in dem sie John Lennons "Imagine" verhunzte.

Abgesehen davon zeichnete der Tatort ein glaubwürdiges Bild der rechten Szene, weil er auf abgedroschene Klischees größtenteils verzichtete. So war beispielsweise am Schluss ein dickleibiger Schlägertyp-Glatzkopf die einzige Figur, die die intriganten Machenschaften eines jungen Emporkömmlings durchschaute und den Fall im Gegensatz zur farblos bleibenden Kommissarin (Sabine Postel) komplett löste.

Rechtsradikales Gedankengut wurde in Dialogen und Handlung pädagogisch wertvoll ad absurdum geführt. Das ließ den ganzen Film didaktisch etwas platt erscheinen, machte aber im Lichte von Format und Sendetermin durchaus Sinn.

Insgesamt eine gute Investition der exorbitanten GEZ-Gebühren.

Keine Kommentare: