Montag, April 30, 2007

Film noirs in Kürze: Zweimal Jules Dassin


Night and the City spielt im Londoner East End. Der kleine Trickbetrüger Harry Fabian (Richard Widmark) wittert seine große Chance, als er dem Gangster Kristo (Herbert Lom) den Ringer Gregorious the Great (Stanislaus Zbyszko) wegschnappt, um ihn und seinen Schüler zu managen. Finanziell unterstützt wird Harry dabei sowohl von Helen (Googie Withers), als auch von ihrem Ehemann, dem schmierigen Nachtclubbesitzer Phil Nosseross (Francis L. Sullivan). Doch Phil treibt ein doppeltes Spiel mit Harry. - Ein großartiger Gangsterfilm in den düsteren Straßen von London. Night and the City entlockt den verwinkelten Gassen East Ends etwas Bedrohliches, das man so noch nicht gesehen hat. Harry Fabian ist eine Figur, an der man sich dank der großartigen Leistung von Widmark wunderbar reiben kann: Einerseits ein opportunistisches Schwein, das seine Freunde für den eigenen Profit ausnutzt, andererseits ein durchaus charmanter, liebenswürdiger und (trotz seiner Gangstermentalität) weicher, zerbrechlicher Held, mit dem wir mitfiebern. Dem Opfer der McCarthy-Ära, Jules Dassin, steht es hoch an, in der Zeit der Hexenjagd auf vermeintlich kommunistische Künstler, einen Film mit solch einer antikapitalistischen Grundhaltung in Szene gesetzt zu haben.
78 Punkte.




Rififi entstand fünf Jahre nach Night and the City. In der Zwischenzeit hatte Dassin keine Filme gedreht, weil sein Name auf der schwarzen Liste des Komitees für unamerikanische Umtriebe stand. Und er hätte in Hollywood 1955 auch keinen Film drehen können. In Frankreich sah das jedoch anders aus. So entstand dieser französische Film noir. Glänzten die feuchten Straßenzüge Londons in Night and the City, sind es in Rififi die regennassen Straßen von Paris, die in Schwarzweiß nie schöner ausgesehen haben. - Der frisch entlassene Einbrecher Tony (Jean Servais) plant mit zweien seiner Freunde und einem lebenslustigen italienischen Safeknacker den ganz großen Coup: Den Einbruch bei einem mit modernster Sicherheitstechnik ausgerüsteten Juwelier. Der meisterhaft inszenierte Einbruch ist ein Erfolg, doch ein allzu menschlicher Fehler führt in den Untergang. - Rififi gehört zu den Pflichtfilmen nicht nur des Film noir Genres. Jeder, der von sich behauptet, cinephil zu sein, sollte diesen Streifen kennen.
82 Punkte.

3 Kommentare:

Rajko Burchardt hat gesagt…

Da sind wir uns wieder einig, es gibt wohl nur wenige Noirs, die so oft variiert wurden wie RIFIFI, der Prototyp aller Heist-Filme. Irre spannend - definitiv auch einer meiner Favs.

Anonym hat gesagt…

Nur 82!? Bisher leider nur ein Mal im TV gesehen (cut!), aber so was von begeistert gewesen! Da muss unbedingt mal die CC her.

Jochen hat gesagt…

@ MVV
Amen :-)

@ GC
Yup, die Criterion lohnt sich. Fantastisches Bild und sehr gutes Dassin-Interview.

Generell zum Bewerten: Ich halte mich sonst damit zurück, weil fast jeder natürlich immer eine andere Punktzahl geben würde. So geht's mir ja auch, wenn ich woanders die Punkt- oder Prozentbewertungen lese. Einerseits ist das spannend, andererseits oft frustrierend.

Innerhalb eines Genres finde ich es schon legitimer, Benotungen zu verteilen. Man kann da besser vergleichen. Ich könnte natürlich auch einem Meisterwerk wie Starship Troopers 99 Punkte geben und einem Scheißfilm wie My Best Friend's Wedding vielleicht einen oder zwei Punkte. Aber so unterschiedliche Filme in ein Bewertungssystem zu packen, halte ich für abwegig, wenn es keinen Maßstab in Form anderer Filme des jeweiligen Genres gibt.

Vielleicht wichtig für diese Rubrik ist, dass ich 100 Punkte bislang noch nicht vergeben habe. Es sollte schließlich immer eine Steigerungsmöglichkeit geben :-) Bei 70 Punkte fangen die wirklich sehenswerten Filme an, bei denen man nichts falsch macht, wenn man sie sich anguckt. Im Gegenteil: Filme mit 70 Punkten und mehr sind Granaten! Und da ich sie in eine Reihenfolge bringen will, die ich zum Schluss dann auch nochmal posten werde, gibt's diese krummen Werte.