Donnerstag, April 04, 2019

Sonntag, April 30, 2017

Pause im April



Sorry, aber diesen Monat wird es nichts mehr mit einem angemessenen Post. Zu viel Arbeit.

Samstag, März 25, 2017

Fernsehtipp: Brian De Palma bei arte


Ein Hoch auf arte!

Nachdem arte bereits letzten Sonntag Blow Out - Der Tod löscht alle Spuren ausstrahlte, legt der deutsch-französische Kultursender morgen Abend nach: mit einem Brian-De-Palma-Doppelpack. 

Zur besten Sendezeit, um 20:15 Uhr, tritt Obsession (Schwarzer Engel) unter anderem gegen einen Kölner Tatort an und wird bezüglich der Einschaltquote zweifellos den Kürzeren ziehen. Der Clou des Abends ist dann aber die anschließende, aktuelle Baumbach/Paltrow-Doku, deren deutscher Titel auch den Vornamen des Regisseurs enthält, also Brian De Palma. Sendezeit: 21:50 Uhr - auch als Livestream. Er bleibt sieben Tage in der Mediathek arte +7 abrufbar.

Dass De Palma irgendwann seinen Weg ins Kulturfernsehen schaffen würde, war klar. Dass arte den Film aber noch vor Ostern zeigen würde, damit war kaum zu rechnen. Schließlich erschien die Blu-ray erst vor kurzem in den USA.

Einziger Wermutstropfen der deutschen Fassung dürfte die nicht abschaltbare Synchronisation sein. Jedenfalls legt der Trailer den Verdacht nahe, dass auf eine Untertitelung verzichtet wurde. Die Filmausschnitte der De-Palma-Filme sind allerdings in der Originalfassung und untertitelt zu sehen, wie folgender Clip deutlich werden lässt.

Nachtrag: Der Themenabend hat arte dazu veranlasst, das filmische Werk De Palmas in einem sechsminütigen Clip grob zusammenzufassen:

Freitag, Februar 24, 2017

Short Cuts #23

Kurz vor der Oscarverleihung habe ich den Gewinner des vergangenen Jahres endlich gesehen: Spotlight. Ein Film über investigative Reporter, die systematischen Missbrauch in der katholischen Kirche von Boston aufdecken. Basieren tut das natürlich auf einer wahren Begebenheit - nicht schwer verwunderlich nach all den Enthüllungen der letzten Jahre. Trotz seiner Laufzeit von über zwei Stunden wird der ausschließllich von Dialogen getriebene Film fast nie langatmig. Erinnerungen an All the President's Men und The Insider werden wach. Ein guter Film.

Tod den Hippies!! Es lebe der Punk! habe ich vor knapp zwei Jahren bereits im Kino gesehen und mich köstlich amüsiert. Jetzt lief er auf arte. Und auch die Zweitsichtung hat mir wieder Lachtränen die Wangen runterkullern lassen. Ein schöner Kontrast zum anderen Tom-Schilling-Berlin-Film Oh Boy: Spielt Schilling in letzterem einen orientierungslosen Mittzwanziger, der sich nicht im Einklang mit dem Berlin der 2010er befindet, gibt er in Tod den Hippies einen Kleinstadt-Wessi, den es zur Selbstverwirklichung ins wilde Westberlin der 80er treibt. Überhaupt wäre es sicherlich lohnenswert, einmal ausführlicher über die unterschiedlichen  Inszenierungen dieser zwei Berlin-Filme nachzudenken. Während sich Jan Ole Gerster nahezu dokumentarisch der Stadt und seinen Bewohnern nähert, scheint Oskar Roehler gerade an der Verfremdung Freude zu haben - Tod den Hippies feiert die Verzerrung, stellt die Vergangenheit bewusst stilisiert dar. Beide Ansätze funktionieren, aber Tod den Hippies ist eindeutig sleaziger und deshalb auch bedeutend komischer. 

Sneaky Pete heißt eine neue Serie auf amazon Prime, die sich gut runtergucken lässt, aber keinen bleibenden Eindruck hinterlässt. Die Geschichte um einen Trickbetrüger, der sich in eine Familie einschleicht, um sich dem Zugriff von Gangstern zu entziehen, wird zügig erzählt, besticht durch überzeugende Darsteller, bekommt gegen Ende seine unzähligen Wendungen aber nicht wirklich unter Kontrolle und hat im Grunde auch nichts Interessantes zu erzählen. Alle Figuren treibt eigentlich nur eines an: Geld. Und alle Figuren versuchen, die anderen übers Ohr zu hauen, was letztlich dazu führt, dass beim Zuschauer keine echten Sympathien aufkommen. Serielle Durchschnittsware also.

Samstag, Januar 21, 2017

Gedrucktes: The Godfather Notebook

Francis Ford Coppola macht dieser Tage vor allem kulinarische Schlagzeilen: Der 77-jährige schloss unlängst einen exklusiven Catering-Vertrag mit der amerikanischen Filmakademie ab. Der passionierte Winzer darf bei den kommenden drei Oscarverleihungen als Sponsor auftreten und die Stars mit den Traubensäften seines Weingutes abfüllen. Sogar für das derzeit stattfindende Sundance-Festival liefert Coppola den Wein. 

Seine Liebe zu gutem Essen und Trinken lässt sich auch in seinen Filmen entdecken. Im ersten Godfather-Film gibt es beispielsweise eine Szene, in der Michael Corleone erklärt wird, wie er anständige Fleischbällchen zubereitet - nämlich mit einem ordentlichen Schuss Rotwein! Ein Moment, der so nicht in Mario Puzos Romanvorlage zu finden ist. 

Puzos Bestseller ist Ende letzten Jahres in einer für Film- und Godfatherfans wahnsinnig interessanten Fassung erschienen: in der Arbeitsausgabe Francis Ford Coppolas, der dieses Buch The Godfather Notebook taufte. 

In einer Doku, die auf einigen BD/DVD-Ausgaben des Godfather zu finden ist, hatte Coppola sein Godfather Notebook bereits vorgestellt und erklärt. Dass es jedoch jemals als eigenständiges Werk verlegt werden wird, damit hatten wohl nicht einmal die treusten Godfather-Fans gerechnet. Umso größer war dann die Freude - die Limited Edition von 500 Exemplaren mit aufwendiger Ringbuchbindung und Autogramm des Regisseurs war trotz des beachtlichen Preises von 500 Dollar innerhalb kürzester Zeit vergriffen (eine zweite Limited Edition ist offenbar in Planung). 

Je mehr der Vorlagentext von Kommentaren umzingelt ist, desto wichtiger ist die Szene. Hier: Michael tötet Sollozo.

Für etwa ein Zehntel des Preises kann man den Bildband nun aber auch in normal gebundener Form oder als Taschenbuchausgabe erwerben. Und es ist ein großer Spaß, durch die Seiten dieses 2-Kilo-Schinkens zu blättern und die Randnotizen Coppolas zu studieren. Doch wie kam es zu diesem ungewöhnlichen Buch? 

Coppola erläutert dies in einem einleitenden Essay. Nachdem er wusste, er würde The Godfather verfilmen, las er Puzos Roman ein zweites Mal und wandte anschließend eine Technik an, die er als Student gelernt hatte: Er erstellte ein 'prompt book', eine Art Regiebuch. Hierfür zerlegte er eine neue Ausgabe des Romans und klebte die einzelnen Seiten auf 8,5'' x 11''-Blätter, die er zuvor mittig so ausgeschnitten hatte, dass die Romanseiten in die Blätter einklebbar waren, man Vorder- und Rückseite des Romantextes nach dem Einkleben lesen konnte. Jetzt war es möglich, Notizen zum Roman an den breiten Rand zu schreiben. Genau das tat Coppola, nachdem er die Blattsammlung in einen gewaltigen Ringbuchordner geheftet und den Roman ein wenig umstrukturiert hatte.

Er gliederte Puzos Text in fünf Akte und diese wiederum in 50 Abschnitte, er änderte an manchen Stellen die Chronologie und schmiss Episoden aus dem Buch, von denen er wusste, er werde sie aus verschiedenen Gründen nicht realisieren. Jeden der 50 Abschnitte leitete er mit Vorüberlegungen ein, die er erneut in fünf Teile gliederte: 1. Inhalt 2. Die Zeitepoche 3. Bilder und Atmosphäre 4. Der Kern 5. Fallgruben. 


Coppolas Vorüberlegungen zur Attentatsszene auf Don Corleone.

Nun las er den gesamten Roman ein drittes Mal sehr genau und versah Puzos Text mit Kommentaren, unterstrich und umrahmte wichtige Passagen in verschiedenen Farben, um über Dramatisierung und Akzentuierungen Klarheit zu gewinnen. 

Abschließend verfasste er eine elfseitige Liste mit Kurzcharakterisierungen aller Figuren, die er dem kommentierten Romantext voranstellte. 

Erst jetzt schrieb Coppola auf der Grundlage des Notebooks das Drehbuch, was nach all der Vorarbeit relativ schnell vonstattenging. Alleine daran lässt sich erkennen, welch zentrale Bedeutung der Romanvorlage und dem Notebook zukommen. Mario Puzo erhielt das Drehbuch abschnittweise per Post, schrieb Coppolas Vorschläge um oder segnete sie ab. 

Während des Drehs verließ sich Coppola auf sein Notebook: "When I went to shoot the movie, I had this notebook in my big brown bag; I would schlep it around from location to location, and it was always with me, throughout the shooting of the entire film. There was a script, obviously, which was used by the production team and actors, but I really directed the film using the notebook because it had the actual book rather than a screenplay, which had left so much out, so I was able to review not only Mario Puzo's original text, but all my first notations as to what was important to me or what I really felt was going on in the book. The notebook was a kind of multilayered road map for me to direct the film, and the script was really an unnecessary document for me. I didn't need a script because I could have made the movie just from this notebook.

Da Coppola der hohe Stellenwert des Notebooks bewusst war und er Angst hatte, es zu verlieren, schrieb er einen Hinweis aufs Deckblatt, dass es einen Finderlohn für das Buch gebe. 

The Godfather Notebook ist einen genialer Werkstattbericht, der auf mehreren Ebenen große Freude bereitet. Er ermöglicht einen unverstellten, unmittelbaren Eindruck in den Entstehungsprozess des ersten Godfather-Films - die Randnotizen zeigen, wie Coppola den Film vor seinem geistigen Auge vorstrukturierte, welche Passagen ihm besonders gefielen, welche er weniger mochte und bei welchen er mit sich rang, weil er nicht recht wusste, wie er sie filmisch umsetzen sollte. Die den einzelnen Abschnitten vorangestellten Vorüberlegungen interpretieren Puzos Text aus dem Blick eines Filmemachers, der an so konkrete Dinge wie Zeitplan und Budget denken muss. Und die Anmerkungen lassen deutlich werden, wie viel Arbeit Coppola investierte - allein der Umfang (784 Seiten) ist enorm.

Auf einer ganz anderen Ebene funktioniert das Buch aber auch. Immer wieder bemerkte ich beim Durchstöbern des Notebooks, wie ich mich in Puzos geschmeidiger Prosa verlor, wie mich sein Roman erneut gefangennahm. The Godfather Notebook ist ein Filmbuch, das die Sammlung eines jeden Filmfreundes bereichert. Für Cineasten hochinteressant, für Liebhaber des Films absolute Pflicht. 

Weiterführende Links:

Freitag, Dezember 30, 2016

2016 - Ein Jahresrückblick

Die Anzahl meiner Kinobesuche dieses Jahr lässt sich an zwei Händen abzählen: Star Wars Episode VII, The Hateful Eight, Hail, Caesar!, Toni Erdmann, Jason Bourne, tschick, Star Trek Beyond, Rogue One.   

Beim Blick auf diese kurze Liste werden mir rückblickend zwei Dinge klar:

1. Spektakel und einige deutsche Projekte haben mich dieses Jahr ins Kino gelockt.
2. Die meisten dieser Filme waren durchaus in Ordnung, aber nur zwei davon haben einen wirklich bleibenden Eindruck hinterlassen.

Natürlich fehlt mir heute die Zeit, die ich noch vor zehn Jahren hatte, als ich diesen Blog ins Leben rief, um jede Woche ein-, zweimal ins Kino zu gehen und mir darüber hinaus fast täglich einen Film im Heimkino anzusehen. Die Quantität der rezipierten Filme hat also deutlich abgenommen.

Darüber hinaus schaue ich oftmals lieber eine Serie oder lege eine neu erworbene Scheibe in den Player, entdecke zum Beispiel lieber einen japanischen Klassiker wie Tokyo Story, als mir versäumte Kinofilme anzusehen. Das geschieht zwar auch noch, aber eben viel seltener als noch vor wenigen Jahren. Sicherlich hängt das auch mit dem Überschuss an Comic-Ware zusammen. Meine Affinität zu diesen Werken sinkt stetig, weil sie in meinen Augen beliebig austauschbar geworden sind. Bestenfalls halten mich die Superhelden gut bei Laune (X-Men Apocalypse), schlimmstenfalls lösen sie Verärgerung aus (Deadpool). Jenseits der CGI-Action werden zwar immer häufiger innere Konflikte der Superhelden thematisiert, doch wen interessieren schon die Gefühle von Halbgöttern?

Vermutlich bin ich mittlerweile einfach zu alt für den Hollywood-Mainstream, der wohl  in erster Linie 12- bis 20-jährige Jungen im Blick hat. Dennoch glaube ich nicht, für einen ordentlich inszenierten Action-Kracher nicht mehr empfänglich zu sein. Doch wo sind diese Filme jenseits des Superheldengedöns bitteschön?

Das bringt mich zum nächsten Punkt: Ich habe erstmals am Ende eines Kinojahres das Gefühl, nichts Wichtiges verpasst zu haben. Klar gibt es einige Filme, die ich mir noch ansehen möchte. Aber ein Gefühl der Dringlichkeit will sich nicht einstellen. Dies ist ebenfalls ein Phänomen, das ich bislang nicht gekannt habe. Wo ist das Suchtgefühl geblieben, das mich früher regelrecht zwang, so früh und so schnell wie möglich neue interessante Projekte zu sehen?

Mein Konsumverhalten hat sich also entweder irgendwie neu justiert, oder aber es liegt an dem, was in der vergangenen Zeit auf den Markt gekommen ist. Das Jahr 2017 wird diese Unklarheit hoffentlich beseitigen.

Doch nun endlich zu meiner knappen Liste, die auch deshalb so kurz geraten ist, weil relativ viele Filme, die ich 2016 im Heimkino sah, bereits 2015 ins Kino kamen.

Die Crème de la crème
The Hateful Eight
Hail, Caesar!

Die Guten
Toni Erdmann
The Neon Demon
Jason Bourne
De Palma

Die Mittelmäßigen
First Avenger: Civil War
X-Men: Apocalypse
Star Wars: Episode VII
Rogue One
tschick
Star Trek Beyond
Creed

Schwache Filme und Ärgernisse 
Bone Tomahawk
Batman vs Superman: Dawn of Justice
Deadpool

Da ich keine Liste führe, habe ich bestimmt den einen oder anderen Film vergessen - sobald mir derartiges auffällt, ergänze ich die Liste.

Guten Rutsch!

Samstag, November 19, 2016

Short Cuts #22

Viele Sommerblockbuster habe ich vergangenen Monat im Heimkino nachgeholt. Wenig überraschend: Es handelt sich überwiegend um Superhelden-Filme. Ebenfalls wenig überraschend: Überwiegend langweilen sie mich.

Man hat sich in den letzten fünfzehn Jahren wahrlich sattgesehen an all den Superhelden. Das scheint auch Marvel zu ahnen und lässt deshalb seit kurzem besonders durchgeknallte Exemplare auf die Zuschauer los. Es fing mit dem recht witzigen Ant-Man an und nahm diesen Sommer seine Fortsetzung im wenig witzigen, wahnsinnig albernen Deadpool. Ein ungeheuer doofer Film mit einem blöden Helden, der es strikt ablehnt, als Superheld zu gelten,  letztlich aber doch einer ist. Die nervigen Slowmotion-Passagen, die unglaublich kalkuliert wirkenden Sprüche des angeblichen Anti-Helden und der klebrige Rache-Plot standen dem Kassenerfolg nicht im Wege und so wird man wohl einige Fortsetzungen über sich ergehen lassen müssen. Einziger Pluspunkt: Die Guardian of the Galaxy waren noch bekloppter!

Batman vs Superman: Dawn of Justice gönnte ich mir in der 182-minütigen Ultimate Edition. Ein völlig überfinanziertes, überladenes Werk von Comic-Regisseur Zack Snyder, dessen Watchmen mir nach wie vor gut gefällt. Hier hat er sich allerdings übernommen. Der Anfang überzeugt jedoch. Er schließt an den letzten Supermanfilm an, zeigt Bruce Wayne in den Häuserschluchten New Yorks Menschen retten, die beim Kampf zwischen Superman und einem ebenbürtigen Gegner als Kollateralschäden zu sterben drohen. Diese Sequenz ist wahrlich gelungen: Gute Idee, inszenatorisch präzise ausgeführt. Doch dann verliert sich Snyder in einem unnötig aufgeblasenen Plot, der es bei all seiner Opulenz nicht schafft, glaubhaft zu vermitteln, warum Batman nun wirklich böse ist auf Superman - wahnsinnig konstruiert erscheint das alles. Und warum nur? Damit Fans sehen können, wie die beiden sich gegenseitig auf die Fresse hauen. Aber auch dieser exorbitant teure Film war international rentabel.

The First Avenger: Civil War habe ich vor einer Woche gesehen und kann mich schon jetzt kaum noch an ihn erinnern. Wahrlich kein gutes Zeichen. - Die Superhelden entzweien sich über einen Vertrag, der sie unter Kontrolle halten soll. Gegenspieler: Daniel Brühl, der über keinerlei Superkräfte verfügt. Handlungsort (unter anderem): Berlin (Regierungsviertel, ICC, Olympiastadion) und der Leipziger Flughafen. Auf letzterem dürfen sich die Superhelden gegenseitig richtig kloppen - kommt einem irgendwie bekannt vor, wenn man kurz zuvor Batman vs. Superman gesehen hat - mit dem Unterschied, dass die Marvelwelt deutlich sauberer wirkt. Wertung: Nett, aber man hat nichts verpasst, wenn man den Film nicht sieht.

Die X-Men und ihr letztes Abenteuer liegen schon bereit. Aber irgendwie bin ich den Superhelden derzeit überdrüssig.

Nicolas Winding Refns The Neon Demon hat mich hingegen gefangengenommen. Ich kann nicht sagen, warum. Es ist nicht der Plot, der fesselt. Es sind die Bilder, die Musik, der Sound. Es gibt bestimmt gute Gründe, diesen Film nicht zu mögen, aber eines kann man ihm nicht absprechen: Er wendet sich direkt an das Gefühl, weniger an den Kopf- immer wieder bemerkte ich, wie mein Kopf versuchte, sich einzumischen. Warum fühlst du gerade so? Refn schafft in seinen Filmen seine eigene Kunstwelt, die (zumindest mich) jedes Mal wieder einzufangen vermag. 

Am besten hat mir zuletzt ein Film gefallen, den ich schon kannte: Die Invasion der Barbaren. Vielleicht sollte man doch öfter zu Filmen greifen, die man bereits schätzt. 

Montag, Oktober 17, 2016

Gedanken zu Star Trek: Beyond

Als ich kürzlich mit 3D-Brille im Kino saß und mir ein Schwarm kleiner, insektoid aussehender Raumschiffe um die Ohren sauste, auf der arg lädierten Enterprise Faustkämpfe zwischen Mensch und Alien im schwerkraftfreien Raum ausgetragen wurden und irgendwer den obligatorischen, lebenswichtigen Hebel umlegen sollte, erinnerte ich mich an Brian De Palmas kritische Haltung zum gegenwärtigen Action-Kino: Man wisse dort oftmals nicht mehr, wo sich die Figuren im Verhältnis zueinander im Raum und zu den Objekten befinden. Genau das ist im aktuellen Star Trek: Beyond in fast allen Actionsequenzen der Fall!

Zumindest ich -und zu meiner Verteidigung: ein SciFi- und Actionkinobilder gewohnter Freund- wusste in vielen Szenen nie so genau, wer sich wo befindet. Vielleicht ist das ja auch egal, dachte ich, als ich da mitten im Kampfgeschwader über De Palma und meinen fürs Actionkino unzureichend ausgebildeten Orientierungssinn sinnierte. Ist doch laut und bunt, es knallt und pufft überall, und Feuerwerk aus dem CGI-Labor gibt's schließlich auch. - Nein, schoss es mir im nächsten Augenblick durch den Kopf, es ist nicht egal, denn diese Schnitt- und Actionchoreografie hat dafür gesorgt, dass du gerade über deren etwaige Unzulänglichkeit nachdenkst. Das Geschehen auf der Leinwand ist dir genau deshalb gerade herzlich egal!

Es sind schnelle Schwenks im 3D-Raum (Alles wirkt unscharf!), plötzliche Schnitte (Wer ist gerade wo? Was passiert genau?)  und das schiere Übermaß an Details  (Oh, zersplitterndes Glas am Hochhaus im Hintergrund - wie hübsch!), die mir die meisten Actionsequenzen in Star Trek: Beyond verdorben haben. Zudem war es überwiegend Action, die man mindestens schon einmal gesehen hat: einen Schwarmangriff (The Matrix Revolutions), den Absturz der Untertassensektion (Star Trek: Generations), Motorrad-Stunts (The Great Escape), Zero-Gravity-Fights (Inception), den Angriff auf eine Raumstation (Star Trek: Deep Space Nine). Nichts Neues also ...

Und doch wartet Star Trek: Beyond mit der schönsten Actionszene des Jahres auf!

Als Bösewicht Krall (Idris Elba) gegen Ende des Films mit seinem Schwarm einen Großangriff auf die Raumstation Yorktown fliegt, besteht die Gegenmaßnahme der Sternenflotte in einem Manöver, das mir die Freudentränen in die Augen getrieben hat. Ohne in die Details zu gehen: Die Beastie Boys sabotieren Kralls Plan. Und diese Sabotage ist im Gegensatz zu den vorangegangenen Actionszenen des Films eine punktgenau geschnittene, geradezu perfekte Symbiose von Bild und Ton.

Star Trek: Beyond ist abgesehen von den überwiegend missratenden Action-Momenten doch die bislang beste Folge des Reboots. In diesem dritten Teil gewinnt man nämlich erstmals das Gefühl, dass diese Crew zusammengehört, dass es sich nicht um spätpubertäre Egoisten mit Babyface handelt, die kurioserweise die Namen der TOS-Charaktere tragen, sondern dass die Figuren zusammengewachsen sind. Der Erzählstrang legt dies natürlich auch nahe. Dennoch, meine ich, hat sich in Beyond auch die Chemie zwischen den Schauspielern verbessert. Besonders gut lässt es sich in den Szenen zwischen Zachary Quinto (Spock) und -dem bereits zuvor überzeugendsten TOS-Nachfolger- Karl Urban (Bones) erkennen. Man spürt in jeder ihrer Szenen den Geist von Leonard Nimoy und DeForest Kelley. Die starken Dialoge des Drehbuchs helfen dabei freilich.

Überhaupt: Wie durchdacht das Drehbuch dieses 13. Kinofilms im Star-Trek-Universum tatsächlich ist, lernt man, wenn man John Kenneth Muirs Kritik liest. Er bringt überaus interessante soziopolitische und literarische Subtexte ans Licht, die dem Durchschnittszuschauer garantiert entgehen. - Eine zweifellos lohnenswerte, weiterführende Lektüre nach meinen knappen, eher technischen Gedanken zum Film.

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In einer persönlichen Note sei darauf hingewiesen, dass dies ein Jubiläums-Post ist. Vor exakt zehn Jahren, am 17. Oktober 2006 um 14 Uhr 38, hieß es nämlich: Es geht los! Noch am selben Tag wurde der erste Filmbeitrag gebloggt...ich erinnere mich noch genau, wie ich mich stundenlang mit der Formatierung abquälte, nur um am Ende ernüchtert festzustellen, dass ich Kompromisse eingehen muss, weil Tabellen und Bilder bei blogspot nicht so funktionieren, wie ich das will.
Etwa ein Jahr habe ich das Bloggen mit viel Energie betrieben. Im November 2007 begann dann mein Referendariat in einem anderen Bundesland, also musste ich umziehen und härter arbeiten als zu Unizeiten...das Bloggen wurde erst weniger, dann kam irgendwann der Stillstand. Dieser hält -von einigen Zwischenspielen einmal abgesehen- ärgerlicherweise bis heute an, obwohl mein Referendariat (den Göttern sei Dank!) sieben Jahre zurückliegt. Jetzt halten mich oftmals qualvolle Korrekturen davon ab, regelmäßig über das zu schreiben, was ich (von ein bis zwei privaten Dingen einmal abgesehen) am meisten liebe: Filme.
Ich verfolge die Blogger der "Gründerzeit" so gut ich kann. Mr Vincent Vega und der Rudi, der jetzt Flo Lieb heißt, schreiben noch immer sehr fleißig. Doch um die meisten anderen ist es still geworden: Markus' kleine Filmseite, La vie cinéphile und Home of the Weird - dort passiert mindestens genauso wenig wie auf meiner Seite.
Mein Jubiläumsversprechen: Bis Oktober 2017 soll mindestens ein Post pro Monat bei Sutter Cains Filmblog erscheinen....in diesem Monat ist das hiermit ja bereits erledigt :)

Samstag, September 24, 2016

Filmtipp: De Palma

 

Auf dem Cover der Blu-ray steht ein gewaltiger Satz aus der Kritik des New Yorker Time Out von Joshua Rothkopf: De Palma sei eine religiöse Erfahrung für Fans. – Dem ist leider nicht so. 

90 Prozent von dem, was Brian De Palma in dieser Dokumentation von Noah Baumbach und Jake Paltrow erzählt, weiß ein Fan nämlich schon – etwa aus den Interviews, die Laurent Bouzereau vor etwa 15 Jahren für die ersten aufwendigen DVD-Veröffentlichungen der De-Palma-Filme durchführte, oder aus Büchern wie Julie Salamons The Devil's Candy, auf das in der Doku natürlich hingewiesen wird.

Die restlichen 10 Prozent haben einen wahrlich sensationellen Informationsgehalt, wenn man an Trivia interessiert ist. Ein Grund hierfür ist zweifelsohne der Tatsache geschuldet, dass im Gegensatz zum DVD-Zusatzmaterial der De Palma-Filme nicht darauf Rücksicht genommen werden muss, Personen zu schonen, die am jeweiligen Projekt beteiligt gewesen waren. So erfährt man beispielsweise, dass Cliff Robertson zur Zeit der Entstehung von Obsession alles andere als ein Schauspieler gewesen zu sein scheint, der daran interessiert war, glaubwürdig seine Rolle zu verkörpern und mit anderen Schauspielern oder dem Kamerateam zusammenzuarbeiten – viel wichtiger war ihm seinerzeit die Bräune seiner Haut. – Oder Robert De Niro: Zwar kostete es eine Irrsume, den Method Actor in Al Capone zu verwandeln (Stichwort: original Seidenunterwäsche, die kein Zuschauer je sah), aber seinen Text auswendig zu lernen, hielt der Starschauspieler zu diesem Punkt in seiner Karriere offenbar nicht mehr für notwendig und bekam ihn von De Palma persönlich während des Schminkens eingetrichtert. 

Das sind zwei amüsante Anekdoten über die Entstehung von Obsession und The Untouchables. Sie tragen jedoch nicht dazu bei, das Werk De Palmas besser zu verstehen. Und das gilt in gewisser Hinsicht für große Teile des Films. Zwar stellt De Palma hier erneut seine Qualitäten als Erzähler unter Beweis. Er erklärt sogar den einen oder anderen filmästhetischen Ansatz. Ein roter Faden durch sein Werk wird aber nur ansatzweise gesponnen. Was verbindet seine Filme miteinander? Wie hat er besonders komplexe Szenen und Sequenzen entwickelt? Diese Fragen werden bedauerlicherweise nur manchmal beantwortet. 

Deshalb – und ich könnte diese Beobachtung an etlichen anderen Beispielen weiter ausführen – komme ich zum Schluss, dass die eingangs erwähnte Wertung von Joshua Rothkopf („A religious experience for fans‟) im Kern genauso reißerisch wie unzutreffend ist.

Doch jetzt einige Einschränkungen zu diesem Urteil: Baumbach und Paltrow haben zum Beispiel Material ausgegraben, das De-Palma-Fans seit Jahrzehnten dringend sehen wollen. Die Dokumentation geht De Palmas Filme einzeln und chronologisch durch. Alle. Einige gründlicher als andere. Und hierbei gibt es plötzlich verschollene Szenen zu sehen, die man vorher nicht einmal auf den Luxusausgaben der DVDs begutachten konnte. Das wohl prominenteste Beispiel ist das Originalende von Snake Eyes, in dem eine riesige Welle das Atlantic-City-Casino wegwäscht. Damalige Testpublikums verstanden das Ende nicht (De Palmas und David Koepps Überlegung: nur ein göttlicher Eingriff sei in der Lage, einen derart korrupten Sündenpfuhl zu beseitigen). De Palma drehte schließlich ein neues, mit dem er nie ganz zufrieden war. 

Überaus schön ist auch der Moment, in dem sich De Palma kurz an die zwei Regisseure hinter der Kamera wendet, um (ihnen) zu erklären, wie unterschiedlich sie Plots und Figuren entwickeln. Im Gegensatz zu ihnen, die ihre Geschichte um die innere Glaubwürdigkeit einer Figur konstruierten, gehe er genau andersherum vor: Ihn interessieren eher unrealistische Momente, die filmisch wirkungsvoll seien. Er brauche deshalb gute Schauspieler, um diese künstlichen Situationen zu erden, also realistischer zu machen. – Dieser Augenblick dringt kurz aber präzise ins Herz von De Palmas Schaffen vor. Denn wer sein Kino liebt, der schätzt in der Regel diese eher unrealistischen Szenen und Plansequenzen besonders, während De-Palma-Kritiker nahezu reflexartig auf deren Künstlichkeit verweisen und/oder einen Hitchcock-Vergleich anstellen. – An dieser Stelle hätte die Dokumentation verweilen können, um die ästhetische Grundhaltung des Regisseurs stärker auszuleuchten. Höchstwahrscheinlich existiert hierzu auch mehr Material, denn De Palma wurde an mehreren Tagen vor dem Kamin in Paltrows Eigenheim zum Interview platziert. Auch Zusatzmaterial auf der Blu-ray wäre eine schöne Ergänzung – doch Fehlanzeige. 

Der mittlerweile 76-jährige De Palma klingt am Ende der Doku nicht einmal resigniert, als er erläutert, dass die meisten großen Regisseure ihre besonders kreative Phase zwischen ihren 30ern und 50ern hätten – er führt als Beispiel sogar den Post-Vertigo/Psycho-Hitchcock an: „[..] you can talk about The Birds all you want and all the other movies he made after that. And of course the critical establishment finally caught up with them and started to write about what a genius he was, except those movies aren't as good as the ones he made in his thirties, his forties and his fifties.‟ Zwar spricht De Palma nicht aus, was hier bezüglich des eigenen Werks mitschwingt, aber warum sollte er auch?

Baumbachs und Paltrows De Palma gibt einen schönen und ausführlichen Überblick über die bewegte Karriere und das Gesamtwerk des Regie-Altmeisters. Wirklich neue Erkenntnisse gewinnen Cinephile, die sich mit seinem Œuvre auseinandergesetzt haben, aber eher nicht. Die Doku ist trotzdem sehenswert, weil sich De Palma als überaus unterhaltsamer Erzähler erweist und es den einen oder anderen Leckerbissen in Form von Anekdoten oder bislang unveröffentlichten Szenen zu entdecken gibt.

Samstag, April 23, 2016

Trailer für Noah Baumbachs De Palma Doku


Der Film kommt im Juni in einige wenige US-Kinos. Auf deutschen Leinwänden wird er vermutlich nicht zu sehen sein - außer vielleicht auf Festivals.