Samstag, Dezember 02, 2006

Auf die Plätze...fertig...SAUFT!


Ich gestehe: Ich liebe gutes Bier. Ich bin auch ein Deutscher. Eigentlich dürfte mir Beerfest deshalb nicht gefallen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Ich habe vor Lachen beinahe mein Bier verschüttet. Nach den strengen Regeln des Beerfest-Wettkampfs hätte mich dies sofort disqualifiziert. Ich gestehe ferner: Ich bin bei weitem nicht trinkfest genug, um an einem solchen Wettbewerb teilzunehmen.

Wovon handelt Beerfest? Zwei junge Amis müssen die Asche ihres verstorbenen Opas (Donald Sutherland in einem trinkfreudigen Kurzauftritt) nach München bringen, wie es die Familientradition von ihnen verlangt. Dort werden sie, nachdem sie ein Bierzelt des Oktoberfests zum Einsturz gebracht haben, zu einem geheimen Trinkfestwettkampf, dem BEERFEST, gebracht. Da säuft gerade das deutsche Team (eine bayerische Brauereifamilie) die Iren im Finale unter den Tisch. Es stellt sich heraus, dass Opa Sutherland seinerzeit das Rezept fürs angeblich beste Bier der Welt von der Gewinnerfamilie gestohlen hat und damit in die USA geflüchtet ist. Die Enkel müssen nun dafür büßen: Sie werden kurz aber schmerzvoll von den Supersäufern (unter ihnen Ralf Möller) abgefüllt. Zurück in den USA stellen sie ein Team zusammen, das im nächsten Jahr den Titel gewinnen soll: Ein fettleibiger Schluckakrobat, ein jüdischer Doktorand mit einem Groll auf Deutsche und ein Stricher, der betrunken zur Höchstform aufläuft, sollen die deutschen Champions um ihren Trainer und Vater Baron Wolfgang von Wolfhausen (Jürgen Prochnow) entthronen.

Beerfest ist das Produkt der Comedytruppe Broken Lizard (Super Troopers), deren Spezialität pubertärer Pennälerhumor ist. Doch jenseits dessen bedient sich Beerfest geschickt der Ästhetik amerikanischer Sportfilme (das Genre, in dem Ralf Möller in Hollywood Fuß fasste) oder zitiert in der Rekrutierungssequenz augenzwinkernd Kurosawas Sieben Samurai. Als das Team Germany für eine Stippvisite in die USA kommt, geschieht das nur deshalb per U-Boot, damit Jürgen Prochnow selbstironische Bemerkungen von sich geben kann. "Das Boot" (gesprochen: "das buut") ist schließlich auch Höhepunkt des Kampftrinkerwettbewerbs. Das Stiefeltrinken ist mir nur aus den Bauden diverser Sportvereine bekannt, insofern stammt diese Disziplin vielleicht tatsächlich aus der deutschen Sportvereinskultur (wäre nachprüfenswert).

Schon das Training der Jungs ist aberwitzig, lässt einen freudig zum Bierkrug greifen und fröhlich mitschlucken: Als sie beispielsweise erfahren, dass die Deutschen in Höhenluft trainieren, marschieren sie schnurstracks mit Liegestuhl aufs nächste Flachdach und lassen sich volllaufen. Ich weiß, das ist nicht jedermanns Humor - will es auch nicht sein - aber ich fand's witzisch. Nicht jeder derbdumme Fäkalwitz zündet, wie beispielsweise das peinliche Rumgefinger der Huren-Oma an einer Bockwurst ("I sleep better with a little sausage in me"). Insgesamt funktioniert die nahtlose Aneinanderreihung obszöner Scherze jedoch überraschend gut.

Eine der Wettkampfdisziplinen: Eigenartige Mesalliance aus klassischem Tischtennis und einer Mengensaufaufgabe.


Klar werden hier Klischees bedient. Das ist die Quelle, aus der Beerfest seinen Humor schöpft. Der Film macht sich aber nicht auf Kosten einer einzelnen Minderheit lustig. Nein, er macht sich über alle lustig: Deutsche, Amis, Engländer, Juden, Schwarze. Genau das zeichnet die brachialen "Gross-out-Comedies" aus. Die für dieses Genre typischen Tabus Sex, Tod, Rassismus und Drogen werden in ihren verschiedenen Spielarten gezielt attackiert. Und wenn in Beerfest das Deutschlandbild ebenso differenziert gezeichnet wird wie zuletzt in der 80er Jahre Klamotte European Vacation mit Chevy Chase, dann gehört das zur Strategie dieser Sorte Film und sollte keinen vernünftig denkenden Deutschen in seinem Nationalstolz kränken (einige Kritiker haben das offenbar nicht begriffen).

Das Bemerkenswerte an Beerfest ist nun allerdings, dass diese strategische Vorgehensweise fast nie angestrengt wirkt. Ein Grund, warum ich American Pie und Scary Movie mitsamt ihren etlichen Ablegern (soweit gesehen) nicht ausstehen kann. Diese Filme dünsten in jeder Szene das fäkaliengetränkte Kalkül ihrer Macher aus. Die letzte Gross-out-Comedy, die mir ähnlich viel Spaß wie Beerfest bereitete, war Kevin Smiths Jay and Silent Bob Strike Back. Und das liegt fünf Jahre zurück.

Beerfest zeigt auch, dass die Amis in Sachen Bierkultur einiges nachzuholen haben und an einen deutschen Trinkerfilm wie Herr Lehmann bei weitem nicht heranreichen. Carsten Tritt geht auf diesen Aspekt in seiner sehr lesenswerten Kritik ausführlich ein.

Pflichtübung: Das Gruppenschnellsaufen. Kein Tropfen darf daneben gehen. Um zu schnelle Trunkenheit bei den Dreharbeiten zu vermeiden, wurde bei einigen dieser Szenen CGI-Bier verwendet, dessen Konsistenz und Farbe einem das Fürchten lehrt.

Angeblich soll die deutsche Synchronisation grausig und sinnentstellend sein. Im Englischen macht der Film schon deshalb Spaß, weil man einige der "Deutschen" schnell als nicht-Muttersprachler erkennt.

Sicherlich ist Beerfest kein großes Kino, kein Meilenstein der Filmgeschichte. Beerfest ist ein Partyfilm und wohl am besten in Sneakvorführungen mit pubertärem Publikum, das des Englischen mächtig ist, aufgehoben. Im Genre gnadenlosen Vulgärhumors gehört Beerfest jedoch eindeutig in den überschaubar kleinen Kreis der Besten.

2 Kommentare:

sollemann hat gesagt…

Barry ist doch kein Inder, nur weil er so aussieht. Ansonsten eine schöne Kritik, die gehaltvoll und objektiv (wo nötig) den Film wiedergibt.

Jochen hat gesagt…

Oh, das stimmt natürlich. Danke für den Hinweis. Hab das gleich mal geändert.