Al Gores Film zum Thema Klimawandel ist vor wenigen Tagen auf DVD (Region 1) erschienen. Schrieb ich in meinem Jahresrückblick, We feed the World sei der wichtigste Film des Jahres und sollte von jedem europäischen Nahrungskonsumenten gesehen werden, muss ich nun hinzufügen: An Inconvenient Truth ist mindestens ebenso wichtig und sollte von jedem Erdbewohner, der geistig dazu in der Lage ist, geschaut werden!
An Inconvenient Truth (Eine unbequeme Wahrheit) zeigt Gore die meiste Zeit bei einem rhetorisch geschliffenen und medial exzellent aufbereiteten Vortrag vor Publikum. Er reist seit einigen Jahren durch die Welt, um mit diesem Vortrag, von dem er sagt, er habe ihn mittlerweile über tausend Mal gehalten, die Menschen aus ihrer Lethargie zu reißen. An einer Stelle im Film findet er ein hübsches Bild, um zu verdeutlichen, warum viele Menschen der globalen Erwärmung so teilnahmslos gegenüberstehen: Ein animierter Frosch springt in einen Topf mit kochendem Wasser, hüpft aber wegen der Hitze sofort wieder heraus. Nun springt er in ein Gefäß mit lauwarmem Wasser. Der Frosch fühlt sich wohl. Dann wird das Wasser langsam erhitzt. Doch der Frosch rührt sich nicht, selbst als die Temperatur kritische Werte erreicht. Er muss gerettet werden. - Wie der Frosch, so brauchen auch viele Menschen einen heftigen Schlag, der sie aufweckt, meint Gore. Und genau das soll An Inconvenient Truth sein: Ein Wachrütteln.
Das meiste, was uns Al Gore über den Klimawandel berichtet, ist nämlich nicht neu. Man hat das zum Großteil schon gehört. Vielleicht nicht so ausführlich, aber im Großen und Ganzen gibt es wenig Überraschendes in dieser Doku zu erfahren. Doch gerade das macht den Film auch gruselig, weil einem die Konsequenzen dieser Umweltinformationen in ihren erschreckenden Details aufgetischt werden. Dass man die Fakten so geballt um die Ohren geschlagen bekommt, lässt die ganze Angelegenheit sehr effektiv werden. Ich hatte streckenweise das Gefühl, es handele sich um einen absolut aussichtslosen Kampf und die Welt sei bereits verloren.
Die Geschwindigkeit, mit der sich die globale Erwärmung vollzieht, war mir allerdings neu. Bis 2002 gingen Wissenschaftler noch davon aus, dass beispielsweise das gigantische Larsen-Schelf selbst unter Berücksichtigung der globalen Erwärmung noch hundert Jahre Teil der Antarktis bleiben würde. Dann brach dieses Schelf in der Größe von Luxemburg vom Kontinent ab und schmolz innerhalb von 35 Tagen (31.01.2002-05.03.2002). Unfassbar, wenn man die Satellitenaufnahmen sieht. Die Wissenschaftler grübelten damals einige Zeit, was sie übersehen hatten.
Regie führte übrigens ein Mann, der sich zuvor vor allem durch Fernsehserien einen Namen gemacht hat: Davis Guggenheim stand zum Beispiel bei 24, Deadwood oder Alias hinter der Kamera. Guggenheim lockert den Film etwas auf, indem er Al Gore auch als Privatmenschen vorstellt - der Vortrag wird immer wieder durch Szenen unterbrochen, in denen wir etwas über Gores Kindheit, sein Studium und seine politische Karriere erfahren. Umweltschutz und insbesondere die CO2-Emissionen, so erfahren wir, befassen Gore seit seinen Studientagen.
An Inconvenient Truth ist zusammen mit 14 anderen Dokus in die engere Auswahl für die Oscars genommen worden. Da erfahrungsgemäß mehr Menschen einen Oscarfilm sehen, wäre ihm ein Erfolg zu wünschen.
Empfehlenswerter Link:
http://www.climatecrisis.net/
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