Dienstag, Januar 30, 2007

Masters of Horror: Right to Die


Nach einem nächtlichen Autounfall fällt Abbey (Julia Anderson) mit schweren Verbrennungen ins Wachkoma. Ihr Ehemann Cliff (Martin Donovan) bemüht sich darum, den Willen seiner Frau zu erfüllen und lebensverlängernde Maßnahmen zu unterbinden. Doch immer wenn Abbey für kurze Zeit medizinisch tot ist, sucht sie als hitziger Geist Personen heim, an denen sie sich für früheres Fehlverhalten rächt.

Zu Right to Die inspirierte Drehbuchautor John Esposito offenbar der Fall der Wachkoma-Patientin Terri Schiavo, der vergangenes Jahr für einiges Aufsehen sorgte. Wrong Turn Regisseur Rob Schmidt erzählt den Plot jedoch schnarchnasig langsam. Und wie sich am Ende herausstellt, verlädt er den Zuschauer auch noch, indem er entscheidende Informationen vorenthält, die er dann am Ende wie ein billiger Jahrmarktzauberer aus dem Hut zieht. Auf der Spannungsebene ist Right to Die also ein Reinfall. Auch die Möglichkeiten des titelgebenden Themas werden nicht ausgeschöpft. Schmidt beschränkt sich darauf, die zwei Fronten der Auseinandersetzung aufzubauen, belässt es dann aber dabei.

Einzig der ironische Unterton, der insbesondere im dritten Akt zum Tragen kommt, hebt diese Episode noch ins Mittelmaß. Über das Handy versendete Nacktbildchen von Cliffs Geliebter, die die eifersüchtige Abbey als hautlosen Geist im Hintergrund zeigen, laden ebenso zum Lachen ein wie manch beabsichtigt (?) dünner Dialog oder der einfallsreiche Transport einer zerhackten Leiche in einem Smart.

Fazit: Trotz des kontroversen Gegenstands bleibt Right to Die politisch zahnlos und horrormäßig harmlos. Wenigstens gibt's ab und an etwas zu lachen.

5/10 Punkten.

Freitag, Januar 26, 2007

Rome: Season 2 hat begonnen


Die zweite Staffel von Rome läuft seit knapp drei Wochen. Immer wenn ich diese HBO-Serie schaue, stelle ich mir automatisch die Frage, warum mein Lateinunterricht zu Schulzeiten nicht in der Lage war, die römische Kultur so spannend zu vermitteln, wie es Rome vermag. Die ehrliche Antwort lautet natürlich: Rome zwingt mich nicht, Vokabeln und Grammatik zu pauken. Das Erkennen von Ablativ, Vokativ und Gerundivum spielen für das Begreifen der politischen Intrigen keine Rolle - man muss nur ein etwas altertümlich stilisiertes Englisch verstehen. Shakespeare light sozusagen.

HBO ist der US-Sender mit den interessantesten und niveauvollsten Serien. Six Feet Under, Deadwood und The Sopranos fallen zuerst ein. Ohnehin erinnert Rome sehr an die Gangsterwelt New Jerseys, in der sich Tony Soprano (James Gandolfini) seit sechs Staffeln herumschlägt. Historisch präziser wäre natürlich zu sagen, die Italoamerikaner sind lediglich das kriminell verzerrte Spiegelbild antiker Politik.

Wie dem auch sei: Beide Serien verwöhnen den Zuschauer mit einem delikaten Cocktail aus Politik, Intrigen, Liebe, Familiendramen, Sex, Gewalt und innigen Männerfreundschaften. Die Figuren dieser Welten entsprechen zwar gewissen Stereotypen (treuer Soldat, Lüstling und Raufbold, Karrierefrau, politisches Wunderkind etc.), die die Ketten ihrer Rollen selten sprengen. Doch gleichzeitig entlocken die durchweg erstklassigen Darsteller mit ihrem nuancenreiches Spiel den Figuren Dimensionen, welche weit über den rezitierten Text hinausreichen.

Staffel 1 von Rome endete mit Cäsars Ermordung durch die Senatoren. Passover, die erste Folge der neuen Staffel, setzt nahtlos dort an. Markus Antonius muss um sein Leben fürchten, schafft es jedoch dank des politischen Genius des jungen Gaius Octavian den Speer umzudrehen und die Attentäter unter Druck zu setzen. Parallel zum politischen Geschehen verdammt und verstößt Lucius Vorenus seine Kinder und fällt in eine schwere Depression, während der hühnenhafte Ex-Soldat Titus Pullo sein ehemaliges Sklavenmädchen heiratet.

Es wäre müßig, den kunstvoll verwobenen Plot der Serie mit ihrer umfangreichen Besetzung auseinanderzuklamüsern. Nur zwei Beobachtungen möchte ich noch erwähnt wissen: Völlig banal, aber überraschend für mich, war es, festzustellen, dass Ian McNeice den "Nachrichtensprecher" auf dem Forumsplatz spielt. Seine Rolle als Leichenbeschauer in The Black Dahlia hatte mich immer ins Grübeln gebracht, woher ich ihn kenne. Da ich zu faul zum imdb-Suchen war, löste sich dieses Rätsel nun so.

Der zweite Punkt, der mir eher negativ aufstößt, ist die vermehrte Verwendung brachialer, roher Sprache. In den ersten neunzig Minuten der zweiten Staffel fallen die Wörter "fuck" und "cunt" öfter als in der gesamten ersten Season. Das halte ich für bedenklich, ist doch gerade die sorgfältig gewählte, artifizielle Sprache der Dialoge für einen Teil der Qualität der Serie verantwortlich. Hier rückt Rome für meinen Geschmack zu nahe an die Sopranos.

Mittwoch, Januar 24, 2007

Masters of Horror: Valerie on the Stairs


>Jesus, everybody in this place is fuckin' crazy!<
>Including you, young man: We're writers!<


Basierend auf einer Geschichte von Clive Barker, verwundert es nicht wirklich, dass sich dieser Masters of Horror Beitrag mit der Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit, mit der Trennungslinie zwischen Realität und Fiktion auseinandersetzt. Wie schon in Hellraiser oder Nightbreed leben hier Geister hinter den Wänden.

Den erfolglosen jungen Schriftsteller Rod (Tyron Leitso) verschlägt es aus Geldmangel in eine Unterkunft für unveröffentlichte Autoren. Dort bekommt er Besuch von einem meist unbekleidet durch das Wohnhaus streifenden Geist namens Valerie. Rod verliebt sich in die zunächst körperlose Schönheit, die als Sex-Sklavin der dunkelhäutigen Bestie Othakai (der Candyman höchstpersönlich: Tony Todd) das heruntergekommene Schreiberlinge-Asyl mit Leben erfüllt.

Valerie on the Stairs ist ein ganzheitlicher Horrorfilm. Die meisten Spielarten des Genres vereinen sich in dieser Episode: Die klassischen Schreckmomente werden von Mick Garris gekonnt in Szene gesetzt. Blut spritzt auch. Und der Plot variiert ein klassisches Thema. Damit nicht genug: Alle diese Ebenen funktionieren hier sogar und greifen nahtlos ineinander. - Nachdem Produzent und Regisseur Garris sich mit der sterbenslangweiligen Episode Chocolate in Staffel 1 bis auf die Knochen blamierte, sorgt er mit dieser Geschichte über den künstlerischen Schaffensprozess für die bislang größte Überraschung. Trotz und wegen der strikten örtlichen Begrenzung auf nur ein Gebäude, schafft er ein abwechslungsreiches, visuelles Flair und eine klaustrophobisch dichte Atmosphäre. Inhalt und Ausführung heben dieses intelligente Kammerspiel auf ein Niveau, welches in dieser Staffel noch nicht erreicht worden ist. Zwar erfindet Garris das Genre hier gewiss nicht neu. Aber wer macht das schon? Sicherlich tragen Barkers kluges Treatment, Richard Bands Begleitung und die hochkarätige Besetzung dazu bei. So stiehlt Christopher Llyod fast jede Szene, in der er als mürrischer, alter Zausel auftaucht.

Fazit: Der ganz große Wurf ist Valerie on the Stairs nicht. Dafür mangelt es der Folge eindeutig an Originalität. Jedoch gelingt Mick Garris die mitreißend starke Inszenierung eines smarten Drehbuchs, das den Horrorliebhaber auf den verschiedenen Ebenen des Genres reell bedient.

7/10 Punkten.

Montag, Januar 22, 2007

Tatort: Schwelbrand


Ich bin gestern durch Zufall beim Tatort gelandet. Normalerweise meide ich den Rolls Royce der deutschen Fernsehkrimis aus Prinzip. Grund: Ich brauche eine kulturelle Distanz, um Whodunits genießen zu können. Spielt ein Krimi in Deutschland und wird Deutsch gesprochen, erscheint mir vieles zu schnell unrealistisch. Mir mangelt es dann bedauerlicherweise an der 'Suspension of Disbelief'.

Umso überraschter war ich, dass mich Schwelbrand gut unterhielt. Der Mord an einer jungen Frau, die für ein Popsternchen (Jeanette Biedermann spielte sich gewissermaßen selbst) arbeitet, war zwar alles andere als originell. Aber der Blick in das bunte Musikermilieu, dem als Kontrast die miefige Neonazi-Szene gegenüberstand, überzeugte. Eine ganze Reihe mir unbekannter Deutschpopper durften Songschnipsel für den Soundtrack des TV-Films beisteuern. Die größte Enttäuschung war dabei leider Jeanette Biedermann: So sehr mir ihr lässig burschikoses Schauspiel imponierte, so peinlich piepsig klang ihr dünnes Stimmchen in den Gesangseinlagen. Das fand seinen Höhepunkt in einem pathetischen Ende, in dem sie John Lennons "Imagine" verhunzte.

Abgesehen davon zeichnete der Tatort ein glaubwürdiges Bild der rechten Szene, weil er auf abgedroschene Klischees größtenteils verzichtete. So war beispielsweise am Schluss ein dickleibiger Schlägertyp-Glatzkopf die einzige Figur, die die intriganten Machenschaften eines jungen Emporkömmlings durchschaute und den Fall im Gegensatz zur farblos bleibenden Kommissarin (Sabine Postel) komplett löste.

Rechtsradikales Gedankengut wurde in Dialogen und Handlung pädagogisch wertvoll ad absurdum geführt. Das ließ den ganzen Film didaktisch etwas platt erscheinen, machte aber im Lichte von Format und Sendetermin durchaus Sinn.

Insgesamt eine gute Investition der exorbitanten GEZ-Gebühren.

Samstag, Januar 20, 2007

Masters of Horror: The Screwfly Solution


In The Screwfly Solution entwirft Joe Dante (The Howling) ein ungewöhnlich mutiges Endzeitszenario: Das Virus einer Fliege beeinflusst das menschliche Fortpflanzungsverhalten und lässt sexuell erregte Männer aggressiv gegenüber Frauen werden. Die weibliche Bevölkerung wird infolgedessen von den Männern abgeschlachtet und droht auszusterben.

Auch das Centerpiece der zweiten Staffel fußt auf einer Short Story: 1977 schrieb die Psychologin Alice Sheldon diesen Misogynie-Thriller unter dem Pseudonym Raccoona Sheldon.

Schlug Dante dem Zuschauer in Homecoming die Message noch mit dem Dampfhammer um die Ohren und beraubte dem Zombiefilm somit den letzten Hauch eines politisch subtilen Genres, geht er in der zweiten Staffel etwas bedächtiger vor. Hier wird nicht mit ganz so breitem Pinsel gezeichnet, auch wenn die soziokulturelle Aussage keineswegs vielschichtig vorgetragen wird. Dafür legt die 60-Minuten-Begrenzung des TV-Formats aber auch zu enge Fesseln an.

Jason Priestly spielt den im Zentrum der Geschehnisse gefangenen Wissenschaftler mit einer entspannten Leichtigkeit, die ich ihm nicht zugetraut hätte. An seiner Seite: Elliott Gould, dessen Figur selbst im Anblick der nahenden Apokalypse noch trockenen Humor beweist. - Und wieder steht ein Familiendrama im Mittelpunkt des Geschehens: Wie will man damit umgehen, wenn ein Familienmitglied womöglich zur tödlichen Bedrohung für die anderen werden kann? Im dritten Akt entwickelt sich aus dieser Frage ein ärgerliches Zwischenspiel, als Priestlys pubertierende Tochter die mütterlichen Anweisungen in den Wind schlägt und verdientermaßen das Opfer ihrer eigenen Dummheit wird. Die Episode mündet in eine folgerichtige Antiklimax, die das Weltuntergangsszenario konsequent zum Abschluss bringt und den Zuschauer mit ambivalenten Gefühlen entlässt.

7/10 Punkten.

Donnerstag, Januar 18, 2007

Masters of Horror: Pelts


F. Paul Wilson, auf dessen Short Story das Drehbuch zu Pelts basiert, ist bestimmt Mitglied in einem Tierschutzbund. Denn diese äußerst blutige Fabel, von Horrorlegende Dario Argento in Szene gesetzt, impft dem Zuschauer die Animal Peace Message mit Baseballschlägern, Schnappfallen sowie diversen scharfen und spitzen Werkzeugen subkutan ein.

Der schmierige Pelzhändler Jake (Meat Loaf) kommt in den Besitz ungewöhnlich schöner Waschbärfelle. Doch jeder, der mit diesen Edelhäuten in Berührung kommt, stirbt kurz darauf auf spektakuläre Art und Weise.

Pelts ist wie eine erfrischende Dusche in dieser zweiten Staffel von Masters of Horror: Der geradlinige und nie wirklich überraschende Plot wird mit etwas schwarzem Humor, einer Prise Sex und reichlich Gore verrührt und heraus kommt die bislang beste Folge. Maßgeblich trägt das beeindruckend intensive Spiel Meat Loafs dazu bei, dessen ziemlich dürftige Motivation innerhalb des dünnen Handlungsgerüsts es ist, eine Stripperin vögeln zu dürfen. Und auch wenn einige Splattereffekte alles andere als realistisch wirken, versprüht Pelts einen ehrlichen Retro-Charme, den man einfach gern haben muss, aber heutzutage leider viel zu selten geboten bekommt.

Zwar erreicht Argento seinen grandiosen Anthologieerstling Jenifer nicht, dennoch liefert er mit dieser TV-Produktion bedeutend Stimmigeres ab, als er es in den letzten zwei Dekaden für die große Leinwand fertigbrachte. Offenbar passt das knappere Format besser zu den Geschichten, die er zu erzählen hat.

7.5/10 Punkten.

Mittwoch, Januar 17, 2007

Masters of Horror: Pro-Life


Irgendwo im wäldlichen Nirgendwo rennt die schwangere Angelique (Caitlin Wachs) einem Frauenarzt samt seiner Krankenschwester vor den Wagen. Wie praktisch, will die von einem behörnten Erddämonen vergewaltigte 15-jährige den teuflischen Spross doch schnellstens abgetrieben wissen. Ihr Vater (Ron Perlman) hingegen versucht zusammen mit seinen drei Söhnen ('Familie': die Fünfte!), dies mit allen Mitteln zu verhindern, da er dem Irrglauben verfallen ist, im Auftrag Gottes zu handeln. So kommt es in einer vom Rest der Welt isoliert liegenden Frauenklinik zur x-ten Variation von Assault on Precinct 13.

Hatte Carpenter in Staffel 1 mit Cigarette Burns einen smarten, selbstreflexiven Beitrag abgeliefert, versteigt er sich hier im Trash. Die politische Ebene - Abtreibung ist in den USA ein sehr viel hitziger debattiertes Thema als in Europa - wirkt platt. Das könnte man noch verzeihen, käme wenigstens die für Carpenter typische klaustrophische Atmosphäre auf. Doch Fehlanzeige! Einziger Pluspunkt sind die witzigen C-Movie-Monstermomente. Aber das ist für einen John Carpenter Film eindeutig zu wenig.

Fazit: Für einen guten Film zum Thema Abtreibung besser Citizen Ruth, für Klaustrophobie-Atmo lieber Assault on Precinct 13 und für guten Trash aus dem Hause Carpenter Ghosts of Mars in den DVD-Player schieben.

4/10 Punkten.

Masters of Horror: Sounds like


Larry Pearce (Chris Bauer) besitzt ein unnatürlich gut ausgebildetes Gehör. Er ist in der Lage, einem Zwiegespräch am anderen Ende eines Restaurant zu lauschen oder an der Atmung eines Menschen zu hören, ob er eine Raucherlunge hat. Larry arbeitet in einem Callcenter als Aufseher, oder besser: Abhörer. Vor einiger Zeit starb sein Sohn, seine Frau möchte gerne ein neues Kind, doch Larry hat den Verlust noch nicht verarbeitet und frisst seine Trauer, seine Wut und seinen Zorn in sich hinein.

Brad Anderson bastelt aus diesem zweifellos interessanten Stoff die ungewöhnliche Charakterstudie eines missverstandenen Außenseiters. Erinnerungen werden wach an Andersons The Machinist und den unter Schlaflosigkeit leidenden Trevor Reznik (Christian Bale). Larry und Trevor sind Figuren, die durch ein unerwartetes, einschneidendes Erlebnis in eine Sinn- und Lebenskrise geschleudert werden. Sie versuchen, ihre Gefühlen zu verarbeiten und entwickeln im Zuge dessen krankhafte körperliche Symptome. So verliert Larry immer mehr die Fähigkeit, seine auditiven Wahrnehmungen zu filtern. Das Stricken seiner Ehefrau klingt wie ein Schwertkampf oder das Getrappel einer Fliege auf einer Glasscheibe überlagert die Worte seines Chefs.

Nach den ersten drei Episoden wundert es kaum, dass der Grund für Larrys psychischen Zustand ein Familiendrama ist. 'Familie' scheint die thematische Klammer von Masters of Horror in der zweiten Season zu werden.

Die Idee zur Folge ist originell, die filmische Umsetzung gelungen, jedoch kämpft Sounds Like wie schon The V Word mit dem zeitlichen Rahmen, den die Serie vorgibt. Larrys Abgleiten in den Wahnsinn vollzieht sich zu langsam. Eine Reihe von Hörerlebnissen werden noch zu einem Zeitpunkt genau ausgemalt, als Larry bereits jegliche Bodenhaftung verloren hat. Das entzieht der ansonsten gut strukturierten Episode ein ordentliches Maß an innerer Glaubwürdigkeit.

Sounds Like ist mehr Twilight Zone als Masters of Horror: Es fließt zwar kaum Blut, dafür wird ein fantastischer Stoff liebevoll und detailliert erzählt. Leider geht der Folge nach etwa 40 Minuten die Luft aus.

6/10 Punkten.

Montag, Januar 15, 2007

Masters of Horror: The V Word


Regisseur Ernest Dickerson (Demon Knight) gibt mit The V Word ein schwach durchschnittliches Debüt in der Serie: Die Episode beginnt mit zwei Freunden, dem weißen 17-jährigen Scheidungskind Justin (Branden Nadon) und seinem schwarzen, Doom-zockenden Kumpel Kerry (Arjay Smith), die als Härtetest einmal eine echte Leiche sehen wollen. Des Nachts geistern die zwei also durch die Gemäuer eines Bestattungsunternehmens, um die genreüblichen 'cheap scares' am eigenen Leibe zu erfahren. Nach langer Wanderei durch die Gänge der Leichenvilla treffen sie schließlich auf den pädophilen Vampir Mr. Chaney (immer wieder wunderbar erfrischend: Michael Ironside). Den weiteren Verlauf will ich an dieser Stelle nicht spoilern...

The V Word (V=Vampir) erzeugt im Gegensatz zu den zwei vorangegangenen Folgen streckenweise die horrorfilmüblichen Spannungsmomente. Das Geschlender der zwei Burschen durch das dunkle Bestattungshaus wird von Dickerson gekonnt in Szene gesetzt. Jedoch wiederholt sich diese Spielart des Horrors etwas zu häufig. Vermutlich zwei Drittel der Gesamtzeit wird der Zuschauer Zeuge solch klassischer Spannungsszenen. Das langweilt spätestens nach zwanzig Minuten. Man muss aber anerkennen, dass Dickerson, im Gegensatz zu Hooper in The Damned Thing, genau weiß, wo er die Kamera zu positionieren hat. Viele Unter- und Schrägsichten erzeugen eine unbehagliche Stimmung. Dickerson zieht mit einigen Schattenspielen auch seinen Hut vor Murnaus Nosferatu.

Das verbindende Thema der ersten drei Episoden ist eindeutig die Familie. Nach einer Unheil bringenden Familiengeschichte in The Damned Thing und der Werte-Satire Family erleben wir in The V Word die Zerrissenheit eines Teenagers, der versucht, mit der Trennungssituation seiner Eltern umzugehen. Es handelt sich unverkennbar um eine düstere Initiationsgeschichte.

Ironsides Gastauftritt ist der erste stille Darsteller-Höhepunkt der zweiten Staffel: Im Mondlicht stolziert er mit einem zerlöcherten Regenschirm durch die Gegend. Das hat Stil und kann einen zum Schmunzeln bringen.

Insgesamt eine durch zu langatmige Standard-Spannungsszenen verwässerte Vampirepisode, deren Gorefaktor im grünen Bereich liegt.

4.5/10 Punkten.

Sonntag, Januar 14, 2007

Masters of Horror: Family


John Landis' Filme zeugen von jeher von einem schwarzen Humor, den man eher von einem Briten denn von einem Amerikaner erwarten würde. Und auch in Family findet man eben jenen Humor, nur diesmal eingebettet in ein uramerikanisches Kleinstadtidyll.

Der wohlbeleibte, erzkonservative Mitfünfziger Harold Thompson (großartig: George Wendt) führt ein scheinbar vorbildliches Junggesellensdasein: In seinem Vorgarten strahlen die Blumen in voller Pracht, sein Haus ist ansehnlich eingerichtet, er besitzt handwerkliches Geschick und bastelt gerne im Keller. - Harold bastelt an seiner Familie. Mit ätzender Säure brennt er seinen Opfern das Fleisch von den Knochen. Anschließend wird das Skelett verdrahtet, eingekleidet und kommt als voll assimiliertes Familienmitglied in die erste Etage seines 'Happy Homes'. Landis zeigt die Momente des grotesken Familienlebens geschickterweise sowohl aus der schizophrenen Perpektive Harolds, als auch aus einem neutralen Blickwinkel, was der ganzen Folge eine absurd komische Note verleiht.

Nun bezieht ein junges Ehepaar Harolds Nachbarhaus. Die attraktive Celia (Meredith Monroe) weckt Gelüste in Harold und so plant er, seine derzeitige knochige Lebensabschnittsgefährtin durch Celia zu ersetzen.

Family ist eine pechschwarze Satire auf das konservative Weltbild der Amerikaner und insbesondere der Republikaner. Auf Harolds Kommode steht ein gerahmtes Bild von Bush und Cheney. Landis gelingt hier eine kluge Allegorie auf die Scheinheiligkeit republikanischer Wertvorstellungen, wenn er Harold unter der etwas zu grell glänzenden Oberfläche des Hauses seine Leichen mit Säure waschen lässt.

Die Episode bezieht ihren Charme daher auch weniger aus horrortypischen Spannungselementen, sondern vielmehr aus Harolds gestörter Weltsicht, die ihren Ausdruck in seinen semi-feuchten Tagträumen findet.

Landis gelingt nach Deer Woman somit erneut eine Masters of Horror Episode, die eine ordentliche Portion Humor mit einem klassischen Horrorthema verbindet und auf beiden dieser Ebenen gut zu unterhalten weiß.

7/10 Punkten.

Masters of Horror: The Damned Thing


Ausgerechnet Tobe Hooper eröffnet die zweite Staffel von Masters of Horror. Hatte er doch in Staffel eins mit Dance of the Dead einen der schwächsten Beiträge abgeliefert. Und auch The Damned Thing ist alles andere als ein Geniestreich.

Dabei startet die Episode mit einem fulminanten Prolog: 1981. Eine Familie sitzt heiter beim Abendessen. Der Daddy hat Geburtstag. Als Mutter und Sohn die kleine Überraschungstorte aus der Küche holen wollen, steht plötzlich der Vater mit der Shotgun in der Tür. Er erschießt seine Frau, der Junge flüchtet. Und eine überirdischen Macht kehrt das Innere des Vaters nach außen, während er, von einer unsichtbaren Kraft gehalten, kopfüber in der Luft hängt.

Doch mit dem Sprung in die Gegenwart flaut die Geschichte, die auf einer Short Story von Ambrose Bierce basiert, sehr schnell ab. Die Essenz der Handlung in einem Satz: Südstaatenkaff-Sheriff Kevin Reddle (Sean Patrick Flanery) ist der letzte erwachsene Nachkomme einer Familie, die ein überirdisches Energiewesen freisetzte und wird (wie schon sein Vater im Prolog) von diesem unheilvollen Geschöpf verfolgt und gequält, bis es schließlich ihn und eine Großzahl der Dorfbewohner in den Tod getrieben hat.

Hooper schafft es, diesen recht simplen Plot so umständlich zu vermitteln, dass man ihm streckenweise kaum folgen kann. Zwischendurch schiebt er dann, quasi als Entschuldigung für seinen Mangel an Erzählkunst, ultrabrutale Szenen ein. Zum Beispiel zerhämmert sich ein Mann zunächst sein Gesicht, dann die Schädelplatte. Diese Momente bleiben jedoch völlig selbstzweckhaft und unterstreichen nur Hoopers inszenatorische Unbeholfenheit.

Auch die Kamera, im Prolog noch in Unruhe erzeugender Kreisfahrt um die Familie wirkungsvoll zum Einsatz gekommen, weiß oft nicht, wo und wie sie das Geschehen festhalten soll: Sie hüpft, wackelt und fährt wild durch die Gegend, nervt dadurch den Zuschauer aber eher, als dass diese aufgesetzt wirkende Dynamik irgendetwas zu Stimmung oder Story beizutragen hätte.

Die Nebendarsteller, ein dämlicher Deputy (Brendan Fletcher), Mutter (Marisa Coughlan) und Sohn (Alex Ferris) des Sheriffs, wirken ebenso gelangweilt wie der Ex-Boondock-Saint selbst.

The Damned Thing beweist einmal mehr, dass Tobe Hoopers große Tage lange, lange vorüber sind.

3/10 Punkten.

Sonntag, Januar 07, 2007

DVD: The Black Dahlia


Nach vier Jahren der Absenz gab es 2006 endlich einen neuen Brian De Palma Film im Kino zu bewundern. Bereits sein letzter Film (Femme Fatale), der in erster Linie eine kluge Hommage an seine eigenen Thriller war, spielte mit Versatzstücken der schwarzen Serie. The Black Dahlia sollte nun ein lupenreiner Film Noir werden.

Im Januar 1947 wurde die bestialisch verstümmelte Leiche der erfolglosen Schauspielerin Elizabeth Short (Spitzname: schwarze Dahlie) auf einer Wiese in Los Angeles gefunden. Ein gewaltiges Medienecho war die Folge. Doch eine aufwändige Polizeiermittlung blieb ergebnislos.

James Ellroys Roman aus dem Jahr 1987, eine fiktive Aufarbeitung des realen Dahlia-Falls, trug maßgeblich dazu bei, die Geschichte der Dahlie nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Ellroy entwickelte seine persönliche Theorie, wer für das Verbrechen verantwortlich gewesen sein könnte. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an die Verfilmung, handelt es sich doch, darüber sind sich die Ellroy-Fans einig, um seinen besten Roman. Im Zentrum des Geschehens steht bei Ellroy eine Dreiecksbeziehung zwischen zwei knallharten Cops (im Film dargestellt von Josh Hartnett und Aaron Eckhart) und einer Gangsterbraut (Scarlett Johansson).

Einige Kritiker bemängelten die Reduzierung und Vereinfachung des Romanplots, während andere sich über die zu komplizierte Handlung echauffierten. Wieder andere lobten hingegen die Erzählstruktur, die sich in konzentrischen Kreisen entfaltet. Etwas, das vorlagentreu ist, denn Ellroy jongliert mit mehreren Parallelhandlungen, die erst in den letzten Kapiteln ineinander fließen.

Gemessen wurde die 'Dahlie' in fast allen Rezensionen an Curtis Hansons großartigem L.A. Confidential, der ebenfalls auf einem James Ellroy Roman basiert, sich aber sehr viel sklavischer an die Vorlage hält. Der US-Kritiker Jeff Anderson brach diesen letztlich in die Irre führenden Vergleich auf den Satz herunter: "L.A. Confidential is literature and The Black Dahlia is cinema." - Besser kann man es nicht formulieren. De Palma interessiert in erster Linie nicht der Plot dieser Detective-Story. Daraus macht er auch keinen Hehl. Vielmehr möchte er eine Noir-Stimmung schaffen, wie man sie heutzutage nicht mehr im Kino zu sehen bekommt. Und dafür konzentriert er sich auf die Optik: Ein bräunlicher Grundton ersetzt das Schwarzweiß der klassischen Noirs. Die Räume sind meist rauch- und nebelgeschwängert. Oft durchschneiden scharfe Lichtstrahlen das Bild. Immer wieder kommen altmodische Wischblenden zum Einsatz. Das alles erzeugt eine epische und fast greifbar dichte Atmosphäre. Die Kamera trägt ihren Teil dazu bei: Sie gleitet selbst in Szenen wilder Action gemächlich, ruhig, bedächtig aber immer gezielt umher. De Palma erzeugt auf diese Weise einen visuellen Strudel, der uns unaufhaltsam in ein nostalgisch verklärtes L.A. der 40er zieht.

Ein De Palma Markenzeichen, das auch in The Black Dahlia häufig zum Einsatz kommt: Split-Diopter-Linsen. Sie ermöglichen es, den Vorder- und Hintergrund scharf zu zeigen.

Setdesign, Ausstattung und Kostüme bilden dabei eine perfekte Einheit, lassen die Figuren wie Spiegelbilder oder Wiedergänger der schwarzen Serie wirken. Insbesondere Hilary Swank und Scarlett Johansson pflegen die Bewegungen und Posen der weiblichen Noir-Ikonen. Josh Hartnett meistert die lakonisch, zynisch und doch lyrischen Voiceover-Kommentare überraschend gut. Meist begleitet von gedämpftem Trompetenspiel, referiert er mit rauchiger Stimme seine Gedanken. Seine Figur, der drahtige Detective Bucky Bleichert, ist für den Zuschauer der Anker in einer Welt der Lügen und Korruption.

Die schwarze Dahlie (Mia Kirshner) während einer Probeaufnahme.

Die Lüge und das Lügen in seinen verschiedenen Spielarten durchzieht The Black Dahlia wie eine seidig glänzende Spinnwebe. Am verständlichsten sind noch die Lügen der schwarzen Dahlie selbst, die sie in ihren Casting-Aufnahmen von sich gibt. Buckys Partner, Lee Blanchard (Aaron Eckart), hingegen führt sowohl Bucky als auch den Zuschauer an der Nase herum und sorgt so für ordentlich Verwirrung. Eine polizeibehördliche Lüge (ein unwahres Memo) hat den Tod unschuldiger Zivilisten zur Folge. Die Verdächtigen lügen ebenso wie die Medien. Es wird so oft die Unwahrheit gesagt, dass man die Wahrheit kaum noch erkennt: Als Madeleine (Hilary Swank) Bucky im Bett nach dem Liebesspiel gesteht, dass sie eine lesbische Affäre mit der Dahlie gehabt habe, lacht er, weil er ihr nicht glaubt.

Auch am Ende, in der großen Auflösungsszene, spielt das Lügen eine zentrale Rolle. Bucky zerschießt eine Reihe Kunstgegenstände, weil er nichts außer Lügen als Antworten auf seine Fragen bekommt. Da betritt der heimlich lauschende Täter schreiend und völlig unerwartet die Szene. Der Grund? Es wurde zu viel gelogen. Dann doch lieber ein Geständnis. Hieran merkt man: De Palma inszeniert nicht bierernst.

Leider werden seine parodistischen Qualitäten oft nicht erkannt. Ein leiser, stetiger Ton der Ironie begleitet die Geschichte. Die Themen 'Hollywood', 'Familie' und 'Rauchen' werden in einer übertriebenen, verzerrten Weise dargestellt, die zum Schmunzeln einlädt. Und die Dinner-Szene bei den Lanscotts gehört zum Komischsten, was 2006 über deutsche Leinwände flimmerte.


Zur DVD

Ende Dezember erschien die RC-1 DVD. Da De Palma Filme voller Details stecken, die man beim ersten Mal nicht alle aufnehmen kann, lohnt sich ein zweiter Anlauf im Heimkino alleine schon unter diesem Aspekt.

Das anamorphe Bild (2.35:1) ist fantastisch. Es ist scharf und detailreich. So kommt Vilmos Zsigmonds atmosphärische Kameraarbeit voll zur Geltung. Zwar wirkte der Film nach meinem Empfinden im Kino plastischer, insbesondere die Brauntöne strahlten dort kräftiger. Aber insgesamt ein vorbildlicher Transfer aufs digitale Medium.

Der Layerswitch (1:22:14) wurde gut versteckt. Ich habe ihn fast nicht bemerkt.

Es befinden sich drei Audiotracks auf der Scheibe: Englisch und Französisch 5.1, Spanisch 2.0. Der englische Track klingt dynamisch, nutzt die Rearspeaker nie aufdringlich. Dialoge und Musik wurden harmonisch abgemischt.

Drei 'Featurettes' von Laurent Bouzereau befinden sich als Extras auf der Disc:

Reality and Fiction: The Story of The Black Dahlia befasst sich mit der Hintergrundsgeschichte der schwarzen Dahlie. James Ellroy erklärt hier die realen Hintergründe des Falls und welche Bedeutung die 'Dahlie' für sein eigenes Leben hatte. Aufgrund der zeitlichen Begrenzung (11 Minuten) bleibt das jedoch im Vergleich zu der unlängst auf ARTE ausgestrahlten Doku American Dog ziemlich oberflächlich.

The Case File ist ein zwanzigminütiges Making Of mit diversen Interviews von Crew und Darstellern.

Sie sehen aus wie eine Rentner-Gang: Die vier wichtigsten Kreativkräfte hinter der Kamera.

Schließlich The De Palma Touch presented by Volkswagen (Werbestrategie: 6, setzen!) befasst sich mit den drei großen Namen hinter der Kamera: De Palma, Zsigmond und Set Designer Dante Ferretti werden in dieser knapp 17-minütigen Featurette vorgestellt und es wird erklärt, wie sich ihre spezielle Arbeit in The Black Dahlia niederschlägt.

Bouzereau hat zweifellos schon bessere DVD-Dokus erstellt. Erinnert sei an die fantastische Body Double SE, die im Herbst erschienen ist. Dennoch befinden sich seine Infofilme qualitativ immer noch weit über dem Durchschnitt der üblichen DVD-Stangenware.

Fazit: Der beste Film des Jahres 2006 in einer soliden DVD-Veröffentlichung.

Montag, Januar 01, 2007

Spiegel: Drei Fischer für Hollywood


Spiegel Online berichtet von schier unglaublichen Erlebnissen mexikanischer Fischer, die neun Monate in ihrem kleinen Fiberglasboot hilflos auf dem Pazifik trieben. Fünf Fischer gingen am 29. Oktober 2005 an Bord, aber nur drei von ihnen verließen es am 9. August wieder - 4500 Seemeilen entfernt von ihrem zu Hause. Was sich in diesen 284 Tagen auf dem kleinen Fischerboot abspielte, dafür interessiert sich auch schon Hollywood. Man kann also mit einer Verfilmung dieser "unglaublichsten Geschichte des Jahres 2006" rechnen. Wer nicht so lange warten will, dem sei dieser Spiegelartikel wärmstens empfohlen!

Die drei Überlebenden bei einer Pressekonferenz.