Donnerstag, März 22, 2007

OT: Unbeendete Literatur


Eine aktuelle britische Umfrage zeigt, dass 55% der "Leser" ihre Bücher offenbar überwiegend zum Zwecke der Dekoration kaufen. Erstaunlicherweise befindet sich in der im Zuge der Umfrage angefertigten Top Ten Liste der am häufigsten nicht beendeten Lektüren neben einem solch schwer verdaulichen Klassiker der Moderne wie Joyces Ulysses auch der vierte Band der Potter-Reihe (The Goblet of Fire).

Wenn ich ehrlich bin, wäre dieser Eintrag auch problemlos in der Kategorie "Die glorreichen 7" möglich. Der Mangel an Zeit verbietet es mir aber glücklicherweise, mich an dieser Stelle in aller Ausführlichkeit als Meister im Nichtbeenden großer Literatur zu outen. Mein Credo lautet diesbezüglich: Wenn es ein Autor auf den ersten 50-100 Seiten nicht schafft, mich für seine Figuren, die Geschichte oder seine Sprache zu interessieren, dann landet der Schmöker wieder im Regal, auch wenn es sich dabei um solche Größen wie Günter Grass oder William Faulkner handeln sollte.

Bedauerlicherweise kommt es mitunter auch zu unbeabsichtigten Aussetzern, wie zuletzt bei Die Brüder Karamasow. Bei diesem Dostojewski-Schinken bin ich im fünften Buch des zweiten Teils hängengeblieben (die detaillierte Biografie eines alten russischen Starez löste wiederholt Müdigkeitssymptome aus). Beizeiten werde ich diesen Roman aber bestimmt wieder aus dem Regal holen und weiterlesen (keine Ironie!).

Wer einen ausführlichen Artikel über die britische Umfrage und das Phänomen generell lesen will, dem sei dieser Link zur Süddeutschen Zeitung empfohlen oder dieser Link zum Guardian.

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

haha, was für Poser! :)

bei mir stehen im Moment sicher auch ca. 20 ungelesene Bücher im Regal, darunter auch Ulysses..aber ich hab zumindest vor, die alle noch komplett zu lesen..bloß woher die Zeit nehmen ;)

das einzige, das ich jemals nach 200 Seiten abgebrochen habe und auch sicher nie mehr zu Ende lesen werde, war ausgerechnet der Blockbuster "Sakrileg"..das war mir echt zu trivial geschrieben :)
(und passt wohl als seichter Film einfach besser, drum schwamm drüber)

Anonym hat gesagt…

ach so ja, und bei dem Potter kann ichs gut verstehen..ich hab mich da beim Lesen auch mehrmals gefragt, was ich als Erwachsener mit Vorliebe für Weltliteratur hier eigentlich mache!

dennoch, ich mag es einfach gern, bei einer anstehenden Verfilmung eines interessanten Stoffes vorher das Buch zu lesen..nach dem langwierigen 4. Potter werd ich es beim fünften aber doch wieder lassen..bei Teil 6 und 7 schauts dann möglicherweise anders aus..

auch wenn ich kein Riesenfan der Reihe bin, aber nach den ganzen Teilen möchte ich zumindest die Geschichte des kleinen Rackers noch komplett und in Vollständigkeit, die die Filme ja nicht wiedergeben können, zu Ende bringen.

andererseits..bei sovielen wesentlich besseren Büchern, die es so gibt, wirklich nochmal knapp 2000 Seiten Potter...eieiei :)

Jochen hat gesagt…

Ich habe sogar Bücher schon nach über fünfhundert Seiten abgebrochen (z. B. Stephen Kings Insomnia). Stolz bin darauf allerdings weniger :-) Aber was soll's: Wenn ich merke, ich denke wiederholt an etwas völlig anderes, während ich lese, dann ist der Roman für mich nicht wirklich fesselnd...

Und bei The Goblet of Fire kann ich das nicht recht verstehen: Das ist mein Lieblingsband! Der fünfte ist schlimm. Da wird der Film erventuell erstmals das Buch verbessern, gerade WEIL die Handlung verdichtet wird. Band 6 war ja wieder sehr gut. Und der Abschlussteil soll laut Rowling "massive" werden...ich freu mich trotzdem...

Anonym hat gesagt…

hm, das mit dem an was anderes denken muß ich bei mir als Qualitätskriterium ausklammern..hab auch bei guten Stoffen immer wieder Konzentrationsschwierigkeiten :)

dieses King-Buch kenn ich gar nicht..kanns kaum glauben, dass ausgerechnet bei ihm da nicht die Spannungskurve mächtig anzieht gegen Ende..aber vielleicht hab ich auch nur seine besten Bücher gelesen *g*


vor allem das Finale von Goblet fand ich auch sehr stark..da kam der Film einfach nicht mit obwohl es eigentlich gut inszeniert war..

Jochen hat gesagt…

Konzentrationsprobleme habe ich bei längerem Lesen natürlich auch. Nur kamen die bei "Insomnia" etwas häufig. Dabei war die erste Hälfte wirklich spannend. Dann wurde es mir zu fantastisch und verworren. Das ist jetzt aber auch schon über zehn Jahre her, insofern weiß ich gar nicht, ob ich heute genauso reagieren würde :-)

"The Goblet of Fire" mag ich wegen des Trimagic Tournaments so sehr. Außerdem ist Band 4 düsterer als seine Vorgänger, was mir auch sehr gefällt ^^