Montag, Dezember 27, 2010

2010 - Ein Jahresrückblick


Wir befinden uns am Ende von Jahr eins nach der filmisch ödesten Dekade seit Menschengedenken. Ist ein langsamer Wandel zu mehr Qualität zu erkennen? Konnte das Jahr 2010 einen deutlichen Schlussstrich unter zehn Jahre überbordender Durchschnittsware ziehen? Blicken wir zurück auf die vergangenen zwölf Monate!

Januar

Ein deutscher Film, der mich erst 2010 als Blu-ray erreichte, obwohl er bereits Ende Dezember 2009 gestartet war: Fatih Akins Soul Kitchen - eine launige Komödie aus dem Hamburger Kiez und willkommene Abwechslung zu Akins sonst so schwergewichtigen Ensemblefilmen. Ein wunderbares Feelgood-Movie rund um Kochen, Freundschaft und Liebe. Soul Kitchen besteht auch den Mehrfachsichtungstest mit Bravour.

Ebenfalls aus dem Dezember 2009 stammend (erst 2010 rezipiert): Rob Zombies Halloween II. Für mich der größte Horrorfilm vergangener Jahre. Verstörend, brutal, unangenehm und doch: visuell von bezaubernder Schönheit.

Surrogates entführt uns in eine scheinbar perfekte Welt, in der wir alle aussehen wie Superstars und Schnelligkeit und Stärke von Maschinen besitzen. Das Problem: In Wahrheit liegen wir halb dösend im Bettchen und Roboter vollziehen die Handlungen, die wir ihnen aus unserer Schlummerkoje mittels gedanklicher Fernsteuerung zukommen lassen. - Eine faszinierende Ausgangssituation, die jedoch an allzu formelhafter Hollwood-Dramaturgie leidet. Die ethisch-moralischen Probleme, die der Stoff hergibt, werden zwar angekratzt, letztlich aber einer rührseligen Beziehungsgeschichte geopfert. Kein wirklich schlechter Film, denn dafür ist die Grundidee zu interessant und die handwerkliche Umsetzung von Jonathan Mostow zu gut, dennoch verlässt man am Ende das Kino recht enttäuscht. Fastfood-Kino: Macht kurzzeitig satt, enthält aber kaum Nährwert.

Ein erster echter Höhepunkt des Jahres war der Coen-Film A Serious Man! Die Geschichte um den Loser Larry Gopnik (eine Figur ganz in der Tradition Jerry Lundegaards aus Fargo) ist ein großes Vergnügen, wobei Vergnügen hier vielleicht das falsche Wort ist, denn der Leidensweg des Larry Gopnik geht einem nahe. Die Coens bestätigen hier noch einmal, was sie mit Burn After Reading und No Country for Old Men schon gezeigt hatten, nämlich dass sie nach einer langen Durststrecke in den Nullerjahren wieder zu ihrer alte Form zurückgefunden haben.

Sherlock Holmes: Guy Ritchie gelingt es dem wohl bekanntesten Detektiv eine Frischzellenkur zu verpassen. Das London des späten 19. Jahrhunderts sah nie besser aus. Mir hat's gefallen und ich freue mich auf mögliche Fortsetzungen.

Leider verpasst: 13 Semester

Februar

The Wolfman: Der wohl langweiligste Werwolffilm aller Zeiten. Trotz Benicio del Torro und einer überaus sehenswerten Ausstattung kann der Film zu keinem Zeitpunkt fesseln. Gurke.

Shutter Island: Eine visueller Hochgenuss. Atmosphärisch dicht, voller Anspielungen und Zitate. Größtes Missverständnis vieler Rezipienten: Dass der Twist überraschen soll - nein, wer ihn vorher nicht benennen kann, hat nicht aufgepasst (und ist zu blöd für den Film)!

The Ghost Writer: Polanski at his best!

The Lovely Bones: Zweitschlechtester Film des Jahres. Peter Jackson sollte mit einem fünfjährigen Berufsverbot bestraft werden.

Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans: Grandioses Remake, das gar kein Remake, sondern ein eigenständiges Werk ist, das mir persönlich um einiges besser gefällt als Ferraras Film von 1992. Cage spielt den durchgeknallten Cop famos-komisch. Herzogs Handschrift ist zu jeder Zeit erkennbar. Die vielleicht abgefahrenste Szene des Jahres: His Soul is still dancing.

Leider verpasst: Beyond a Reasonable Doubt, Invictus, Die Friseuse

März


Nichts. Nicht einmal Alice in Wonderland (kein Interesse an Burtons Kreativ-Masturbation).

Leider verpasst: Crazy Heart, Der Räuber, Green Zone

April

Brooklyn's Finest: Äußerst schwergewichtiger Copfilm, der einen bestimmt nicht mit guter Laune aus dem Kino entlässt. Eine Zweitsichtung muss noch erfolgen - vorher gibt's von mir keine klare Wertung.

Cop Out: Kevin Smiths zweitschwächster Film. Nur der moralinsauere Jersey Girl ist noch unerträglicher. Cop Out ist einfach nur blöd und unlustig.

The Boondock Saints II: All Saints Day - hat einer Zweitsichtung nicht standgehalten. Leider.

Kick-Ass: Ein Lieblingsfilm unter den Filmforen-Nerds, der leider etwas zu klamaukig geraten ist. Dafür kann das Comic-Gewalt-Level überzeugen. Gehört zur höheren Mittelklasse des Jahres.


Mai

Iron Man 2: Große Enttäuschung. Nach dem frisch wirkenden ersten Teil, zieht sich Teil zwei scheinbar ewig in die Länge und hat im Grunde auch nichts Mitteilenswertes zu erzählen. Als reiner Actionfilm funktioniert er vielleicht, habe bislang allerdings keine Lust auf eine Zweitsichtung.

Survival of the Dead: Romeros Zombie-Reihe geht weiter. Nicht unbedingt besser. Im Gegenteil - nach Land of the Dead muss man nichts mehr vom Altmeister der Zombies gesehen haben.

Prince of Persia: The Sands of Time: Hübsches, wenn auch selten dämliches, Jump-and-Run-Spektakel, das angeblich eng an der Computerspielvorlage liegen soll. Für den sonntäglichen Videonachmittag in Ordnung - Zweitsichtung in drei Jahren im TV.

A Nightmare on Elm Street: Ich habe nichts gegen Remakes. Im Gegenteil: Bieten sie doch die Chance, einen Stoff neu und zeitgemäß zu interpretieren. Das Original profitiert in jedem Fall vom Remake, sei die Neuauflage nun ge- oder misslungen. Ein Teil der jüngeren Generation wird sich daraufhin für die Vorlage interessieren. Dass es sich bei Remake-Produktionen oftmals um reine Geldschneiderei handelt, ist ebenfalls zu vernachlässigen, denn darum geht es schließlich bei jedem Film. Die Macher müssen damit ihren Lebensunterhalt verdienen können.

"Warum regt mich dieses Remake wahnsinnig auf?" Diese Frage stellte ich mir immer wieder, während ich mir das Nightmare-Remake ansah. Die Antwort fällt nicht leicht, weil ich nicht weiß, wo ich anfangen soll. Gehen wir chronologisch vor:

Schon der Vorspann verriet mir, dass dieser Film gewaltig in die Hose gehen würde, sollte nicht noch ein Wunder geschehen. In völlig einfallsloser, liebloser Aneinanderreihung von ach-wie-coolen Reiß- und Feuerblenden, hektischen Schnitten und bedeutungsschwangeren Detailaufnahmen soll eine Gruselatmosphäre erzeugt werden. Das Problem: Es funktioniert nicht, weil man das schon tausende Male bedeutend besser gesehen hat. Se7en ist Begründer und bleibt Maßstab eines solchen Atmo-Vorspanns. Wie es nicht funktioniert, weil es gewollt und uninspiriert aussieht, zeigt das Nightmare-Remake.

Die erste Szene im Diner. Zugegeben: Eine überaus hübsche Beleuchtung - vielleicht sogar augenzwinkernde Hommage an Suspiria, wer weiß? Und dennoch: Wollen wir zu Beginn einen sich bei seiner Freundin ausjammernden Highschoolboy sehen
? Nein. Gleichzeitig werden auch noch vor der Titeleinblendung die restlichen Freddy-Opfer mit der dramaturgischen Brechstange eingeführt. Dann der erste Kehlenschnitt, ein Schrei - Titel. So weit, so gut.

Opfer Nummer eins - gespielt von Katie Cassidy. Die gute Katie ist ein Blickfang. Blond, blauäugig, hübsch. So mögen wir es. Doch ist die liebe Katie 23 Jahre alt und sieht aus wie mindestens 25. Als sie dann in einem Karton auf dem Dachboden rumwühlt, auf dem 1996 steht und wir wissen, dass sie zu diesem Zeitpunkt fünf g
ewesen sein soll, bleibt einem nichts anderes mehr übrig, als laut zu lachen! In der nächsten Szene sitzt sie dann in einem Klassenraum mitten zwischen Teenagern und wirkt wie eine fehlplatzierte Referendarin. Fünf Minuten später ist sie tot - und wir haben sie nicht einmal beim Sex mit ihrem Leidensgenossen gesehen.

Dieser Leidensgenosse ist dann auch das nächste Opfer. Ein völlig farblos bleibender Milchbubi mit Maskara-Augen. Als Freddy ihm mitteilt, dass er ihn noch so lange im Traum quälen kann, wie sein Gehirn lebt (6 to 12 minutes, Mr West!), atmet man das erste Mal auf, bekommt aber bedauerlicherweise nichts davon zu sehen.

Um es kurz zu machen: Im weiteren Verlauf wird's nicht besser. Schauspiel, Schnitt, Atmosphäre - alles ein Totalausfall. Einen Direktvergleich mit der Vorlage wäre pietätlos.

Dieser Film ist für mich eindeutig das größte Ärgernis des Jahres.

Juni

Splice ist die Spielfilmvariante der ersten fünf Minuten von Species. Ein-zwei großartige Szenen bietet er immerhin. Wenn es mal einen Aufsatz aus den Gender studies zu Splice geben sollte, werde ich ihn gespannt lesen, das könnte interessanter werden als der Film selbst.

Vergebung: Letzter Teil der Millenium-Trilogie. Leider hat sich die gesamte Reihe nie aus dem ARD-Krimi-Niveau erheben können. Alles wirkt wie für den 60-jährigen Fernsehkonsumenten zurechtgestutzt. Richtig warm ist man mit den Figuren nie geworden. Am besten ist noch Teil eins, dem es wegen mangelhafter Drehbucharbeit tatsächlich gelingt, in den letzten 20 Minuten den gesamten Film zu zerstören. Man hätte alle drei Teile gleich im Fernsehen zeigen sollen - Kommissarin Lund spielt schließlich in einer vergleichbaren Liga.

Juli

Predators: Reine Zeitverschwendung. Dann lieber nochmal den original-Arnie-Äkschn-Fuim in zweifelhafter Blu-ray-Qualität.

Please Give: Nette New Yorker Familiengeschichte mit Catherine Keener. Ein Sonntagnachmittagfilm.

The Doors - When You're Strange: Große Vorfreude durchfuhr mich, als ich von diesem Projekt hörte - einer meiner Lieblings-Independent-Regisseure (Tom DiCillo) widmet sich der Geschichte einer meiner Lieblingsbands (The Doors). Bedauerlicherweise ist nichts Tolles dabei herausgekommen - so wird die Geschichte der Doors, wie man sie kennt, einfach nur nacherzählt. Die US-BD, die ich mir extra zugelegt hatte, habe ich deshalb schon wieder bei ebay verscheuert.

Daybreakers (Video-Premiere): Eine konsequent zu Ende gedachte Vampirwelt: Die Vampire herrschen, die Menschen sind unterjocht, doch nun geht das Blut aus. Schöne Prämisse, passable Umsetzung, teilweise in zu leicht vorhersehbaren Bahnen inszeniert, gefällt mir an Daybreakers vor allem das dreckige Gesellschaftsbild, das gezeichnet wird: Vampire sind bestimmt nicht die besseren Menschen - Mitgefühl ist ihnen auch innherhalb ihrer eigenen "Rasse" fremd. Im direkten Vergleich zu zeitgenössischen Vampirwerken ziehe ich allerdings HBOs TRUE BLOOD vor.

Karate Kid: Auch hier gilt - lieber noch einmal das Original gucken. Zwar kann Will Smiths Söhnchen besser Kung Fu als Ralph Macchio und Jackie Chan zeigt, dass er durchaus auch etwas schauspielern kann. Dennoch zieht sich die wohl bekannte Handlung wie ein zäher Kaugummi und die schöne 80's-Atmo fehlt auch.

Nightmares in Red, White and Blue (Video-Premiere): Der Ansatz des Films ist sicherlich lobenswert: Einen Überblick zu geben über die Geschichte des US-Horrorfilms vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis heute. Doch in diesem Vorgehen verbirgt sich leider auch das Problem der Doku, denn hier wird im Schweinsgalopp durch die Jahrzehnte gerast - Hauptsache, man zeigt viele Ausschnitte. Ich hätte es besser gefunden, wenn man Schwerpunkte gesetzt, einzelne Beispielfilme genauer unter die Lupe genommen hätte. So bleibt der Film meist an der Oberfläche und präsentiert dem interessierten Zuschauer (und ich gehe davon aus, dass nur solche sich diesen Film ausleihen/kaufen werden) größtenteils Bekanntes. Wie bei Going to Pieces werden hier zu sensationslüstern die Splattereffekte reingeschnitten. Aber Going to Pieces hatte wenigstens einen Schwerpunkt: den Slasherfilm. Nightmares in Red, White and Blue will alles auf einmal und erreicht dann doch kaum etwas davon. Für Einsteiger ins Genre nicht verkehrt, für Freaks eher enttäuschend. Besser noch einmal The American Nightmare angucken!

Inception: Erstsichtung 86 Punkte, Zweitsichtung 65 Punkte, Drittsichtung ? - ich vermute, es wird sich mit diesem Nolan wie mit den meisten seiner Filme abspielen: Zunächst überraschen sie einen, doch bei wiederholter Begutachtung langweilen sie. So gegangen bei: Memento, The Dark Knight und nun Inception (The Prestige war hingegen schon beim ersten Mal doof). Lediglich seinen kleinen, niedlichen Debütfilm Following schaue ich mir immer wieder gerne an, vielleicht, weil man es einem Film mit diesem Look und Budget eher abkauft, was Nolan uns (später so aufgeblasen) auftischt.


August

The Expendables: Das 80's Feeling, das ich bei Karate Kid eben noch so vermisste, soll sich bei diesem Retro-Action-Film plangemäß einstellen. Das tut es aber nur bedingt. Zu selbstgefällig, ja zum Teil sogar selbstverliebt, wirken die drögen Dialogszenen zwischen den Actionhelden von einst. Ein Film, der Nostalgie beim Betrachter hervorrufen will, dies aber (zumindest bei mir) zu keinem Zeitpunkt schafft. Trotzdem funktioniert das altbekannte Prinzip: Wenn die Bösen etwas auf die Omme kriegen, freut man sich. Wem das reicht, dem seien The Expendables wärmstens empfohlen. Für mich bleiben sie eine unbedeutende Fußnote zum herrlich-doofen Actionkino der 80er.

Me & Orson Welles: Und hier ist er - mein Film des Jahres. Eine charmante, präzis besetzte, klug gescriptete und punktgenau inszenierte Hommage an Orson Welles, das Theaterleben und die späten 30er Jahre in Manhattan. Erzählt aus der Perspektive des etwas blauäugigen, 17-jährigen Richard Samuel erleben wir die Proben und Uraufführung von Welles' Julius Caesar. Die Offenbarung des Films ist ganz eindeutig Christian McKay, der Orson Welles wiederauferstehen lässt. Ein Feelgoodfilm, bei dem es auch bei der Zweit- und Drittsichtung noch etwas zu entdecken gibt. Leider ist Richard Linklaters Comicverfilmung mit zweijähriger Verspätung ins Kino gekommen. Ein Erfolg an der Kinokasse war ihr trotzdem nicht beschieden. Ich hoffe auf einen Sensationserfolg bei der DVD-Auswertung und habe meinen Teil dazu beigetragen, indem ich ihn bereits einmal auf BD und einmal (als Geschenk) auf DVD erwarb. Hier klicken und den Film sofort kaufen: DVD - Blu-ray.

Chatroom (FFF): Visuell gelungene Umsetzung eines virtuellen Phänomens: Der Freundschaft in Chaträumen. Was weiß man wirklich über die, mit denen man online kommuniziert?

Brotherhood (FFF): Testosteron-Kino. Es wird die ganze Zeit über gebrüllt. Nach spätestens zwanzig Minuten habe ich deshalb geistig abgeschaltet - den "verflochtenen" Plot versteht man aber auch halbkomatös mit fünf Bieren im Blut. Rotzfilm.

Mary & Max: Eine Riesenüberraschung - ein hinreißender, herzerwärmender Trickfilm über die Fernbeziehung zwischen einem kleinen australischen Mädchen und einem psychisch labilen New Yorker.

Leider verpasst: Moon, Enter the Void

September


Get Him to the Greek: Überwiegend unlustiger Blödelkram. Uninteressant aber harmlos.

Leider verpasst: Jud Süß

Oktober



The Social Network: David Fincher gelingt es, aus einem staubtrockenen Stoff voller unsympathischer Figuren einen packenden Zeitgeist-Film zu schustern. Genial.

The Road: Ein weiteres Highlight des Jahres, das ebenfalls mit reichlich Verspätung in deutsche Kinos gelangte. Ein stiller, bedrückender, durch die Farbentsättigung fast schwarzweißer, unheimlich bildgewaltiger und atmosphärischer Film. Die Besetzung ist fantastisch. Das Ende hat mich stark bewegt.

Twelve: Kühle Verfilmung von Nick McDonnels Kultbuch über die superreichen New-Yorker-Yuppi-Kids. Nah an der Vorlage, leidet der Film an seinem unterkühlten Blick auf die Figuren. Kein Fehlschlag, aber auch kein Glanzstück.


Scott Pilgrim vs. the World: Der zweite Lieblingsfilm der Filmforen-Nerds ist in etwa ebenso unterhaltsam wie Kick-Ass. Und die "Nerd-Momente" sind auch das Beste: Die Kämpfe, Game-Amspielungen usw. Langatmig wird's allerding
s immer dann, wenn das Beziehungs-Gedöns ausgewalzt wird. Und das geschieht leider viel zu häufig. Es wird überhaupt nicht deutlich, warum Scott die Trulla mit den bunten Haaren so toll findet (außer vielleicht, dass er findet, dass sie gut aussieht). Die Beziehung wird einfach von den Drehbuchautoren gesetzt, ohne emotional erklärt zu werden. Folglich haben mich die vielen "Liebesjammerszenen" leicht genervt und ich wartete nur darauf, dass der nächste Exliebhaber ankommt, mit dem er sich prügeln kann. Der Film ist einfach zu lang und deshalb wird er m. E. bei einer Zweitsichtung komplett untergehen.

Wall Street: Money Never Sleeps: Gelungene Fortsetzung des 80er-Jahre-Films, der den Zeitgeist der Gier-Dekade am besten eingefangen hat. Ein großer Spaß, wie der Grünschnabel Shia Labeouf von Douglas und Brolin vorgeführt wird.



Wir sind die Nacht: Im Vergleich zu einer aktuellen Serie wie True Blood ist das in Wir sind die Nacht entworfene Vampirbild ziemlich öde. Klar kann man in 100 Minuten kein derart komplexes Blutbeißer-Universum aufbauen, wie es in einer Serie möglich ist, aber die Story-Elemente des Films sind auch noch ausgelutscht und werden mit pathetischem Ernst inszeniert. Das ist wohl eine deutsche Eigenheit. Humoristische Leichtigkeit trotz eines ernsten Sujets, wie man sie z. B. in Ginger Snaps (Wir sind die Nacht hat einen vergleichbaren postfeministischen Ansatz: es gibt nur noch weibliche Vampire, weil die Männer zu laut und gierig waren) oder eben True Blood findet, sucht man im Gansel-Film vergebens.

Als gebürtigem Berliner haben mir allerdings einige Locations gut gefallen. Insbesondere der Showdown in den Ruinen der riesigen US-Abhöranlage auf dem Teufelsberg war toll gewählt. Gehe in der Ecke öfters joggen und wundere mich seit Jahren, warum man dieses großartige Gelände nicht längst für Filme verwendet hat.

Witzig finde ich auch, dass sie das Polizei-Doppel Max Riemelt - Arved Birnbaum quasi direkt aus Dominik Grafs großartigem
Im Angesicht des Verbrechens übernommen haben. Aber derartige Casting-Witzchen machen aus einem mittelmäßigen Drehbuch bestimmt keinen guten Film.

Leider verpasst: Piranha 3D


November

Harry Potter and the Deathly Hallows Part I: Bedeutend besser als der grottige sechste Teil, der für mich den filmischen Tiefpunkt der Reihe darstellt. Hauptproblem aber bleibt, dass keine zusammenhängende, epische Atmosphäre aufkommt, jeder Film für sich steht und auch die Schauspielleistungen der drei Hauptdarsteller über die Jahre nicht viel besser geworden sind. Zum Glück hat es sich bald ausgepottert.


Dezember

Nichts.



F A Z I T



Bester Film: Me & Orson Welles

Honourable Mention: A Serious Man, Halloween II, The Road, The Social Network; The Ghost Writer, Bad Lieutenant, Mary and Max


Beste Serie: Boardwalk Empire

Honourable Mention: Im Angesicht des Verbrechens


Größter Flop: A Nightmare on Elm Street


Runners-up: The Lovely Bones, Predators, Karate Kid, das neue imdb-Layout

13 Kommentare:

Jochen hat gesagt…

Flo Lieb schrieb: Ich wünsche mir von dir zu Weihnachten 1 Filmkritik, so wie in den guten alten Zeiten :)

Erledigt.

Flo Lieb hat gesagt…

Naja, eigentlich würd ich mir ja mal eine Kritik zu dem von dir so hoch gelobten, von mir jedoch lediglich als durchschnittlichen Gangster-Cop-Episodenfilm wahrgenommenen BROOKLYN'S FINEST wünschen - nach der erneuten Sichtung vielleicht (?).

Ansonsten kann ich dir sehr zustimmen zu Am besten ist noch Teil eins, dem es wegen mangelhafter Drehbucharbeit tatsächlich gelingt, in den letzten 20 Minuten den gesamten Film zu zerstören.. Zustimmung auch zu den grausigen WOLFMAN und LOVELY BONES.

Dass mit den ach so tollen Coens lass ich mal als Fanboy-Geblubber durchgehen, selbiges gilt auch für die HBO-Sülze. ME & ORSON WELLES hätte mir besser gefallen, wenn man auf Efron verzichtet hätte, zumindest jedoch auf diese ganzen Schul- und Museumsszenen. Aber McKay ist göttlich, da stimme ich dir zu.

Und MOON solltest du auf jeden Fall auf DVD nachholen. Ganz groß! Ansonsten: Schön mal wieder mehr als nur Prozentwertungen von dir zu lesen. Hoffentlich kommt da 2011 (spätestens in den Schulsommerferien!) wieder was nach.

Ich sage Dankeschön und auf Wiedersehen :-)

Jochen hat gesagt…

Naja, eigentlich würd ich mir ja mal eine Kritik zu dem von dir so hoch gelobten, von mir jedoch lediglich als durchschnittlichen Gangster-Cop-Episodenfilm wahrgenommenen BROOKLYN'S FINEST wünschen - nach der erneuten Sichtung vielleicht (?).

Ich habe den Film nicht hoch gelobt, sondern mich einer Wertung enthalten. Ich weiß bislang nicht, was ich von ihm halten soll.

Fanboy-Geblubber

LOL. Wie lässt sich dann meine Abneigung gegen die meisten ihrer 00er-Filme erklären?

HBO-Sülze

Blasphemie!!!!

auf Efron verzichtet

Mir war der Knabe bis zu diesem Film absolut kein Begriff. Ich finde, er hat die Rolle gut ausgefüllt.

diese ganzen Schul- und Museumsszenen

Sehe ich komplett anders, da es den guten Richard in einer Welt verankert, die außerhalb des Theaters liegt. Außerdem war ich drei Tage, bevor ich den Film in der Sneak gesehen habe, zufällig im British Musuem in London (dem Drehort) - stand direkt vor der Urne und musste tatsächlich an Keats' Ode denken (musste mal eine Uni-Präsentation dazu halten). Insofern treffen genau diese Szenen einen Nerv bei mir.

McKay ist göttlich

Na immerhin.

MOON solltest du auf jeden Fall auf DVD nachholen

Jawohl.

Rajko Burchardt hat gesagt…

Absolute Zustimmung zur Nennung und Begründnung von HALLOWEEN II, SHUTTER ISLAND (!), GHOST WRITER, BAD LIEUTENANT, MARY AND MAX, THE SOCIAL NETWORK.

Schön auch die Revision von Quatsch wie BOONDOCK SAINTS II und INCEPTION.

Wir stimmen selbst überein in den Enttäuschungen wie IRON MAN II, oder den Ärgernissen (Freddy-Remake).

Obwohl es auch herbe Unterschiede gibt (Gott sei Dank):

- SURVIVAL OF THE DEAD - top!
- Das Burton-Bashing geht gar nicht!
- DAYBREAKERS ist DTV-Mist.
- "Leider verpasst: Jud Süß" :lol:


Ich überlege grad, ob ich ME AND ORSON WELLES noch nachholen muss. Meine Liste folgt ja in Kürze.

Paul hat gesagt…

Schön, endlich mal wieder viel Text. Aber bevor ich da weiterlese: die Einleitung geht ja mal gar nicht, von wegen ödester Dekade und so... Oder war das Ironie. Ich les morgen weiter.. :)

Flo Lieb hat gesagt…

Ich habe den Film nicht hoch gelobt, sondern mich einer Wertung enthalten. Ich weiß bislang nicht, was ich von ihm halten soll.

Ah, ich hab da immer tendenzielle Begeisterung rausgelesen oder zumindest suggerieren wollen. Umso wichtiger, deine Gedanken zu "Papier" zu bringen, nach der Zweitsichtung ;)

Wie lässt sich dann meine Abneigung gegen die meisten ihrer 00er-Filme erklären?

Naja, dir missfällt ja nur die erste Hälfte der 00er-Jahre, den letzten Hattrick hast ja hochgejubelt. Und was du gegen O BROTHER, WHERE ART THOU? hast, tz tz :)

Sehe ich komplett anders, da es den guten Richard in einer Welt verankert, die außerhalb des Theaters liegt.

Jau, dat hab ick och gemerkt ;) Aber für mich waren diese Szenen total belanglos, da der Film mir eine Geschichte über das Theater und viel mehr noch, über das Schaffen von Orson Welles erzählen wollte bzw. dies tut. Und ob da irgend so ein Piefke in der Schule sitzt und "Julius Caesar" rezitieren kann, nachdem er in einer Bühnenadaption des Stückes von Orson motherfuckin' Welles aufgetreten ist (reife Leistung des Burschen!), geht mir eben narrativ gesehen am Allerwertesten vorbei. ;)

Jochen hat gesagt…

@ Rajko

Die vielen Übereinstimmungen freuen mich auch.

Bei Alice haben mir die Bilder und Trailer gereicht, um meine Vorurteile bestätigt zu sehen :-)

Jud Süß interessiert mich schon alleine aufgrund der Diskussion über den Film und dem unisono-Bashing der allwissenden Kritiker. Direkter Auslöser war ein Gespräch, das ich auf kulturzeit gesehen hab.

Me & Orson Welles solltest du unbedingt noch sehen!

@ Paul

Danke und nein, keine Ironie. Finde, dass die 00er arg enttäuschend waren.

@ Rudi

Ah, ich hab da immer tendenzielle Begeisterung rausgelesen oder zumindest suggerieren wollen.

Du liest zu viel in meine Texte ;-)

Naja, dir missfällt ja nur die erste Hälfte der 00er-Jahre, den letzten Hattrick hast ja hochgejubelt. Und was du gegen O BROTHER, WHERE ART THOU? hast, tz tz :)

Um es ein für allemal klarzustellen: Ja, ich schätze die Coenfilme sehr. Aber es gibt eine ganze Reihe ihrer Werke, mit denen ich wenig bis gar nichts anfangen kann. Am wenigsten gefällt mir Hudsucker Proxy. Aber auch mit Arizona Junior und Barton Fink habe ich einige Probleme. O, Brother ist gut, The Man Who wasn't there auch (beides keine Spitzenfilme!). Intolerable Cruelty und Ladykillers sind beide misslungen - schwache Filme. Spricht so ein Fanboy?

Aber für mich waren diese Szenen total belanglos, da der Film mir eine Geschichte über das Theater und viel mehr noch, über das Schaffen von Orson Welles erzählen wollte bzw. dies tut.

Der Film nimmt die Perspektive einer Person ein, die von außen kommt und in das Theater eindringt. So wird es den meisten Zuschauern gehen. Insofern haben diese Szenen durchaus einen narrativen Sinn. Im Übrigen sind sämtliche dieser Szenen sehr kurz, schon aufs Wesentliche reduziert. Also heul hier nicht so rum! ;-)

Flo Lieb hat gesagt…

Spricht so ein Fanboy?

Verglichen mit deinem blinden De-Palma-Advokatentum wäre die Antwort wohl eher "nein" *g*

Paul hat gesagt…

Also ich habe nicht das Gefühl, dass in den 00ern weniger fantastische Filme gedreht wurden als in jedem anderen Jahrzehnt auch, aber egal.

Dein Film des Jahres kommt jetzt auch noch zu meiner kleinen "noch schnell nachholen"-Liste dazu. :)

Kick-Ass finde ich bei dir etwas unterbewertet, den fand ich hervorragend. Nicht nur Klamauk und Gewalt, sondern meisterlich und manchmal sogar verstörend-betörend inszenierter, wirklich eigenständiger Wahnsinn.

Jochen hat gesagt…

Also ich habe nicht das Gefühl, dass in den 00ern weniger fantastische Filme gedreht wurden als in jedem anderen Jahrzehnt auch, aber egal.

Mag sein, dass ich etwas kritisch bin. Aber mir fallen ad hoc mehr grandiose Filme alleine aus dem Jahr 1999 ein als aus den ersten fünf Jahren der 00er. Die drei großen Filmdekaden sind m. E. die 40er, die 70er und die 90er.

Dein Film des Jahres kommt jetzt auch noch zu meiner kleinen "noch schnell nachholen"-Liste dazu. :)

Das höre ich gern. :-)
Nenn mal bitte die anderen Filme!

Kick-Ass finde ich bei dir etwas unterbewertet, den fand ich hervorragend. Nicht nur Klamauk und Gewalt, sondern meisterlich und manchmal sogar verstörend-betörend inszenierter, wirklich eigenständiger Wahnsinn.

Gehobenes Mittelmaß ist doch nicht schlecht! Aber ich gebe auch hier gerne zu, dass mir all die Comicverfilmungen mittlerweile etwas auf den Keks gehen. Zumal nur ein verschwindend geringer Teil herausragend ist (z. B. Hulk). Wie gesagt: Kick-Ass macht über weite Strecken Spaß, aber ich kann beim besten Willen nichts Außergewöhnliches entdecken.

Bin gespannt auf deine Liste, Paule!

Übrigens: Mir wurde aus vertraulicher Quelle mitgeteilt, dass Berlin zu Silvester eine Reise wert sein soll ...

Paul hat gesagt…

Hehe, Berlin ist doch immer eine Reise wert. :) Dieses Jahr wird's aber leider nix mehr.. :( Aber auch Wien ist schoen ;)

Die Liste willst du? Na gut :)

Bad Lieutenant
Ghost Writer
Single man
Precious
Ajami
Copie conforme
Exit through the Gift Shop
The Kids are all right
Des Hommes et des dieux
The Road
The secret in their Eyes

Und der orson..

Dann sollte ich zumindest die Grosszahl der gut besprochenen oder mir besonders relevant erscheinenden Filme des Jahres gesehen haben.

Jochen hat gesagt…

Nach Wien muss ich alleine schon, um mir mal den Friedhof vom Dritten Mann anzusehen ;-)

Single man
Precious
Ajami
Copie conforme
Exit through the Gift Shop
The Kids are all right
Des Hommes et des dieux
The secret in their Eyes

...müsste ich demnach auch nachholen. Außerdem liegt EIN PROPHET seit Monaten ungesehen bei mir herum.

Gestern habe ich mir nun auch MACHETE und HOT TUB TIME MACHINE angesehen - exzellente Filme für einen bierseligen Abend. :)

Paul hat gesagt…

Den dritten Mann spielen sie da ja auch noch immer jeden Tag im Kino! Wäre doch nett, sich das mal gemeinsam zu geben. ;)

Un prophète war schon beeindruckend, aber andererseits halt auch "nur" ein weiterer Knastfilm, wenn auch sehr intensiv.

Hot Tub Time Machine fandest du gut? Den hatte ich nach einigen anderen Reaktionen schon ganz verdrängt. Machete interessiert mich derzeit nur bedingt.

Dafür hab ich auf der Liste noch den Kritikerliebling CARLOS vergessen!

Bad Lieutenant hab ich schon gesehen: war witzig und absurd, aber auch irgendwie unbedeutend.