Dienstag, Oktober 24, 2006

Die glorreichen 7: Filmenden


Willkommen zur neuen Rubrik "Die glorreichen 7"! Ein Countdown von sieben völlig subjektiv ausgewählten Filmen, die hinsichtlich eines Merkmals außergewöhnlich sind.

Beginnen will ich mit dem Ende. Ein Filmende kann enttäuschen, aufklären, überraschen, bewegen, zum Lachen animieren und uns einen gepflegten Schauer über den Rücken jagen. Es kann radikal, poetisch, weichgespült, kitschig, klischeehaft, berührend, rührselig, erlösend, unverständlich und vieles erdenkliche mehr sein. Das Ende ist deshalb so wichtig, weil es der letzte Eindruck vom Film ist, den der Zuschauer mitnimmt. Das Ende kann einen eher langweiligen Streifen noch einmal herumreißen oder einen bis dahin unterhaltsamen Film komplett zerstören und zur Zelluloidgurke werden lassen.

Das Ende kann also ausschlaggebend dafür sein, wie wir einen Film bewerten: ob wir ihn hassen oder unseren Freunden empfehlen. Große Hollywoodfilme werden oftmals von vorneherein mit unterschiedlichen Enden gedreht. Das Testpublikum entscheidet dann, welches am besten passt. Das bringt mich auch gleich zum wohl bekanntesten aller möglichen Enden: dem Happy End. Die meisten lieben es, andere verabscheuen es wegen seines schmalzig-versöhnlichen Charakters und oftmals auch wegen seiner Vorhersehbarkeit.

Shakespeare war ein großer Anhänger des Happy Ends. Zwar türmen sich bei vielen seiner Tragödien am Schluss des 5. Akts die Leichen auf der Bühne, aber die in Gefahr geratene gesellschaftliche Ordnung ist dann stets wieder hergestellt und das letzte Wort hat das Staatsoberhaupt. In Hollywoodfilmen sieht ein typisches Happy End hingegen aus wie in John Landis' Trading Places - die zwischen Armut und Reichtum pendelnden Hauptfiguren lassen es sich nach all den Strapazen auf einer traumhaften Südseeinsel so richtig gut gehen und prosten sich zu.

Zwei Formen von Happy End: "The time is free" - Polanskis Macbeth am Ende seiner Regierungszeit und Eddie Murphy als sorgenfreier Millionär in Trading Places

Ein weniger gut gelungenes Happy End wird dem dritten Teil der Herr der Ringe Trilogie bescheinigt. Man muss wissen, wann man den Schlussstrich zu ziehen hat. Peter Jackson hat das in Return of the King vergessen. Wenigstens wusste Kevin Smith in Clerks II diese Tatsache zu nutzen, um daraus einen amüsanten Schlagabtausch zwischen einem Star Wars Anhänger und einem Lord-of-the-Rings-Nerd zu zaubern.

Das Cliffhanger-Ende ist gerade bei Mehrteilern und Horrorfilmen sehr beliebt. Während ich es bei Mehrteilern wie The Empire Strikes Back oder Back to the Future noch verstehen kann, nerven mich aufgesetzt wirkende "Bad Endings" in Horrorfilmen. Hier haben sie oftmals nur die Funktion, bei einem etwaigen Erfolg an der Kinokasse Fortsetzungen zu ermöglichen. In anderen Genres, wie etwa dem Kriegsfilm, kann ein schlechter Ausgang aber auch von ungeheuerlicher emotionaler Kraft sein, wie beispielsweise in Das Boot.

Das Twist-Ende, wie ich es mal nennen will, dreht die Handlung noch einmal komplett um: Alles vorher Geschehene erscheint in einem anderen Licht. Man möchte den Film am Liebsten im Anschluss gleich noch einmal sehen, um das auch zu überprüfen. Dieser Umstand ließ M. Night Shyamalans The Sixth Sense wohl auch zum Kassenschlager werden.

Bevor ich jetzt den Countdown starte, will ich darauf hinweisen, dass mir die Zusammenstellung alles andere als leicht fiel. Morgen würde ich die Liste vermutlich anders zusammenstellen - sie ist also die Momentaufnahme meines Geschmacks. Es geht los ...


7. The Texas Chain Saw Massacre: Leatherfaces adrenalintreibender Kettensägentanz im Morgengrauen ist gleichermaßen furchteinflößend wie anmutig. Und Sally Hardesty, das Opfer der Kannibalenfamilie, durfte sich zur ersten Überlebenden mit Langzeittrauma in der Geschichte des Teen-Horrorfilms erklären. Zwei Jahre später gesellte sich Sue Snell aus Carrie hinzu und machte diese Form des Horrorfilmendes populär. Spätestens mit Friday the 13th war das "Final Girl" Klischee.

6. 2001 - A Space Odyssey: Ein verstörendes, schwer zu durchdringendes und dennoch ergreifendes Ende. Die gesamte letzte Sequenz vom aseptisch wirkenden, barock eingerichteten Raum in weißem Marmor bis zum Space Child: ich habe es bis heute nicht wirklich verstanden und bin trotzdem jedes Mal aufs Neue fasziniert von Kubricks Bildern, die er perfekt zu Richard Strauss' "Also sprach Zarathustra" montiert.

5. Citizen Kane: "Rosebud" - ein Wort von immenser dramatischer Kraft. Einmalig.

4. Reservoir Dogs: Who shot Nice Guy Eddie? Eine Frage, die wilde Spekulationen im Internet nährte. Das Ende ist nicht nur wegen dieses gigantischen Goofs Teil dieser Liste. Ich finde es morbide und faszinierend vielschichtig, man weiß nicht so recht, was man eigentlich empfinden soll. Zudem lässt es viele Fragen offen: Wird Mr. Pink festgenommen oder erschossen? Erschießt Mr. White Mr. Orange? Wir hören Schüsse, doch wir sehen nicht, was geschieht.

3. The Italian Job: Zu all den düsteren Enden, muss sich ein heiteres gesellen. Ein absoluter Kultfilm im Vereinigten Königreich, der hierzulande wohl eher wegen des miesen Hollywood-Remakes bekannt ist. Das Ende bleibt offen: Leben oder Tod? Reichtum oder nicht? Dem Zuschauer bleibt der Atem stehen, während "This is a self-preservation society" mehr gegrölt als gesungen aus den Boxen schallt. Das Ende gefiel Guy Ritchie offenbar so gut, dass er es augenzwinkernd und leicht variiert für Lock, Stock and Two Smoking Barrels übernahm.

2. Don't Look Now: Ein geniales Ende, das aufklärt und gleichzeitig einen sublimen Schauer auslöst. Abgestochen von einer verschrumpelten Zwergin in Rot, erkennt Donald Sutherland im Augenblick des Todes seine hellseherischen Fähigkeiten. Und für den Zuschauer entpuppen sich frühere, scheinbar unlogische Szenen als Zukunftsvisionen Sutherlands: Er hat seinen eigenen Tod vorhergesehen.

1. The Fury: Weniger komplex als das Ende von Don't Look Now aber dafür orgastisch wie kein anderes. Ein splatteriges Happy End, das es, soweit ich weiß, in noch keine deutsche TV-Ausstrahlung geschafft hat: Amy Irving lässt den Bösewicht, dargestellt vom großartigen John Cassavetes, mittels ihrer telekinetischen Kräfte explodieren. De Palma zieht dies genüsslich in die Länge und zeigt die Körperexplosion aus 13 verschiedenen Perspektiven hintereinander...in Zeitlupe. WOW!

3 Kommentare:

Flo Lieb hat gesagt…

Das Ende von ITALIEN JOB hatte mir auch sehr gefallen und mich an das Ende von OCEAN'S 13 erinnert, nicht wegen seines Aufbaus oder der Umsetzung sondern wegen des Kontextes. THE FURY sagt mir jedoch leider nichts :(

Jochen hat gesagt…

Ocean's 13 werd ich erst auf DVD gucken, nachdem mich Ocean's 12 sehr, sehr enttäuscht hat. The Fury läuft alle paar Monate im TV mit dem Titel 'Teufelskreis Alpha'. Angeblich sogar ungeschnitten - hege da aber meine Zweifel...durfte ihn vor einigen Jahren in einer Kirk Douglas Retro bei der Berlinale auf der großen Leinwand bewundern - fantastisch :-)

Flo Lieb hat gesagt…

Meinte den Original OCEANS mit Sinatra und Martin nicht das grottige Remake mit den Sexiest Men Alive (da ist Vorsicht geboten)!