Im Grunde gab es nur eine große und eine kleine Enttäuschung. Die kleine Enttäuschung stammt ausgerechnet von Bill Plympton: Sein Shuteye Hotel im gewohnt unruhigen Zeichenstil kann in punkto Witz und Überraschung an seine bisherigen Beiträge nicht anschließen. 5/10
Die große Enttäuschung kommt aus Spanien und heißt Las horas muertas (aka Killing time): Ein Dirty-Harry-mäßiger Scharfschütze zerlegt Wohnmobil plus Insassen. Seltsamerweise werden sämtliche Figuren als unsympathisch dargestellt, so dass einen ihr Ableben nicht kratzt. Der Film soll schmierig wirken. Verwaschene Farben, eine vollkommen überzogene Tonspur und eine penetrante Western-Pfeif-Melodie. Das beste an Las horas muertas ist sein Vorspann. 3/10
Für mich der gelungenste, witzigste, überraschendste Beitrag dieses Jahres wurde von Lars von Trier eingereicht und ist gerade einmal drei Minuten lang: Occupations. Eine Abrechnung mit dem Premierenpublikum großer Filmfestspiele (genauer gesagt: Cannes). Fantastisch! So müssen Kurzfilme sein: Prägnant und mit einer schlagkräftigen Pointe: 10/10
Hätte jemand behauptet, The Saddest Boy in the World wäre von Tim Burton, ich hätte es geglaubt. Eine liebevoll ausgestattete und vollkommen überzeichnete Charakterstudie eines neunjährigen Jungen, eines Außenseiters, der anlässlich seiner Geburtstagsfeier mit dem Gedanken spielt, sich das Leben zu nehmen. 7/10
Der kanadische Beitrag: The Saddest Boy in the World.
Absoluter Publikumsliebling in Berlin war kurioserweise der einzig deutsche Beitrag: Arbeit für alle. Deutsche Beiträge sind meist zäh, in ihrem Humor sehr bemüht und deshalb waren sie in den vergangenen Jahren alles andere als Highlights. Dieses Jahr ist es anders. Arbeit für alle ist eine bissige Arbeitsmarktkritik, die bestimmt niemals im Fernsehen laufen wird. 8/10
Because there are Things you never Forget: Ein spanischer Kurzfilm, der auf Italienisch gedreht worden ist und rückwärts erzählt wird. Man sollte kleinen Jungen niemals das Fußballspielen vermiesen, so lehrt uns der Film. 8/10
Bitten ist der Prolog zu David Morleys im Herbst erscheinendem Horrorfilm Mutants. Ein geradliniger, vorhersehbarer aber gut fotografierter Zombiekampf à la 28 Days Later. 5.5/10
Eater ist ein US-amerikanischer Kurzfilmhorrorbeitrag, dessen Wendung mich trotz deutlicher Andeutungen tatsächlich überraschen konnte. 6/10
Der obligatorische Animationsbeitrag kommt dieses Jahr aus Frankreich: Even Pigeons go to Paradise. Eine spaßige Kirchenkritik, die ohne Schnörkel erzählt, wie sich der Sensenmann auch mal irren kann. 7/10
Zu guter Letzt Tile M for Murder: Ein wundervoller Beitrag aus Schweden und neben Bitten der einzige Film im Breitwandformat. Trotz der Vorhersehbarkeit der Pointe glänzt der Film, in dem es um ein verwunschenes Scrabble-Spiel geht, durch seine pfiffige Idee, großartige Darsteller und eine atemberaubende Beleuchtung. 8.5/10
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