Auf Truands habe ich mich beim diesjährigen Fest am meisten gefreut. Ich liebe Frédéric Schoendoerffers Scènes de crimes und Agents Secrets, weil er es in beiden Filmen schafft, wundervolle Kameraarbeit mit einer authentischen Atmosphäre zu kreuzen und obendrein den hundertmal durchgekauten Genres Krimi bzw. Agentenfilm neue Nuancen abgewinnt. Nun widmet sich Schoendoerffer also dem Gangsterfilm. Doch leider scheitert er diesmal auf halbem Wege. Zwar wirkt die Welt der Drogendealer, Autoschieber und Luden beängstigend realistisch. Schoendoerffer dreht zudem kräftig an der Gewalt- und Sexschraube, lässt Scorseses Werke dagegen wie Kinderfilme aussehen. Aber der Zuschauer findet in der Geschichte erst sehr spät einen emotionalen Anker. Da die sympathischste Figur, Franck (Benoît Magimel), in den ersten Szenen als kaltblütiger Killer eingeführt wird und anschließend eine ganze Reihe anderer Nachtgestalten in all ihren grausamen Abgründen vorgestellt werden, hängt man zu lange in der Luft, weiß nicht recht, was man von all dem Machogehabe, Rumgeballere und Sprücheklopfen halten soll. Wahrscheinlich war das sogar Schoendoerffers Absicht: Er will, dass wir eine gesunde Distanz behalten, Beobachter und nicht emotionale Teilnehmer dieses Pariser Gangsterzoos sind. Doch das führt leider auch dazu, dass einem die Geschichte zunächst ziemlich egal ist. In der zweiten Hälfte, wenn man einen Überblick über die Unterwelt gewonnen hat, freundet man sich langsam mit Franck und seinem Partner Jean-Guy (Olivier Marchal) an. Doch richtig involviert ist man bis zum Schluss nicht. - Truands führt Scheinfreundschaften, Doppelmoral und die Verlogenheit der Verbrecherwelt mit drastischen Bildern vor, nimmt uns jedoch gefühlsmäßig nicht wirklich mit in das durchaus glaubwürdig dargestellte Gangstermilieu.
6/10
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