Freitag, August 31, 2007

kulturzeit über TV-Serien

In der gestrigen Sendung widmete sich kulturzeit US-amerikanischen Serien: Eine Lobeshymne auf deren hohe erzählerische und inszenatorische Qualität wurde angestimmt und deutschen Serienproduktionen bei dieser Gelegenheit ob ihres Weichspülgehalts gleich ein kräftiger Tritt verpasst. Zwar teile ich die Liebeserklärung an Sex and the City ("nah am Leben" - wie bitte?) und Alias nicht, grundsätzlich stehe ich jedoch voll hinter dem Bericht. Hier wird in die gleiche Kerbe gehauen, in die vor kurzem auch Milan Pavlovic in der Süddeutschen Zeitung schlug. Und Scobels An- und Abmoderation sind wie so oft göttlich...



Dienstag, August 28, 2007

Filmtipp: Blast of Silence

Blast of Silence ist ein Geheimtipp, ein kleines, sehr cooles Juwel aus dem Jahre 1961. Kaum jemand kennt den Film, was wohl daran liegt, dass kein einigermaßen bekannter Darsteller mitspielt, der Regisseur Allen Baron überwiegend fürs Fernsehen gearbeitet hat und der Verleih stets davon überzeugt war, mit diesem Gangsterstreifen kein Geld verdienen zu können.

Blast of Silence beginnt mit einer atemberaubenden Geburtsszene: Das Bild ist schwarz, es rattert ein Zug, eine raue Voiceoverstimme sagt: "Remembering out of the black silence you were born in pain", eine Frau stöhnt in Schmerzen, schreit dann, VO: "Easy, easy does it little mother. You never lost a father. Your job is done little mother", das Klatschen einer Hand auf einen Rücken, ein Baby schreit, in der Ferne erkennen wir in grellem Weiß den Ausgang eines Tunnels. Kurz bevor der Zug den Tunnel verlässt und der Titelschriftzug eingeblendet wird, erklärt uns der Sprecher: "Later you learned to hold back the scream and let out the hate and anger another way." - Frankie Bono (Allen Baron) heißt unser italoamerikanische Antiheld. Ein Hitman im weihnachtlichen Manhattan, der bevor er seinen Auftrag ausführen kann, noch Zeit totschlagen muss. Immer wieder wird uns aus dem Voiceover versichert, wie sehr Frankie seine Einsamkeit schätze, wie viel Hass in ihm lodere und dass dies auch gut so sei. Doch Frankies Werben um eine alte Freundin (Molly McCarthy), der er durch Zufall begegnet, sein Anruf beim Auftraggeber, die Mission doch besser abzublasen (Frankie musste nämlich unvorhergesehen einen Waffenhändler mit einer Feueraxt verstümmeln und erwürgen und wird nun polizeilich gesucht): All dies widerspricht den im rasanten Stile der Beat-Poeten vorgetragenen Aussagen des Erzählers.

Ist Blast of Silence ein Film noir? Streng genommen ist er es nicht, da Orson Welles drei Jahre zuvor erschienener Touch of Evil allgemein als Endpunkt der schwarzen Serie gilt. Dennoch: Es lässt sich nicht leugnen, dass Blast of Silence sowohl thematisch als auch visuell eindeutig in der Tradition der Noirs steht. Die düstere, bedrohlich wirkende, winterlich-kalte Stadt, in der sich die Handlung vollzieht, die getriebene Hauptfigur, die erst innerlich und am Ende auch äußerlich gnadenlos zermalmt wird, die an die Grenzen des Möglichen gehende Beleuchtung: All das weist auf einen lupenreinen Film noir hin. Dieses Low-Budget-Vergnügen kann also als einer der ersten Neo-Noirs oder aber als Nachzügler der klassischen Serie angesehen werden. Blast of Silence ist ein Grenzgänger - noch verwurzelt in der dokumentationsnahen Ästhetik eines Anthony Mann und weit entfernt vom Stile der großen Neo-Noirs der 70er-Jahre wie Chinatown oder Taxi Driver.

Viel interessanter als die Frage nach der Genrezugehörigkeit scheint mir jedoch der Einfluss auf eben jene Folgegeneration von Filmemachern und insbesondere Martin Scorsese zu sein. Nicht nur stehen in Blast of Silence wie bei Scorsese italoamerikanische Gangster samt ihren verkorksten Moralvorstellungen im Mittelpunkt. Auch viele der Motive und Bilder aus Blast of Silence erinnern an dessen Werke: Sei es der schmierige Waffenhändler, der Käfige voller Ratten hält (vgl. Mean Streets), sei es die Silhouette Frankies, die sich durch die Häuserschluchten windet (vgl. Taxi Driver) oder das Ende der Hauptfigur am Flussufer (vgl. Cape Fear). Und es ist unmöglich, während der Whacking-Sequenz, bei der Frankie über das Dach flüchtet, nicht an The Godfather: Part II zu denken.

Bilder, die an die Filme Scorseses erinnern.

Blast of Silence ist geradliniger, grober und realistischer als die Noirs der 40er. Er vereint Dokumentationselemente mit dem authentischen Spiel von Laiendarstellern. Streckenweise wirkt das nahezu naturalistisch und lässt Assoziationen zu den Filmen eines John Cassavates aufkommen. Jedoch erzeugen sowohl die Musik, die hauptsächlich aus zeitgemäßen Jazzbegleitungen besteht, als auch der sich sehr häufig einschaltende Voiceover-Erzähler eine gewisse Distanz, die Blast of Silence von einer reinen Dokumentationsästhetik abhebt.

Ein vergessener, ungemütlicher, packender Noir, dessen starker Einfluss auf die nächste Generation von Filmemachern unverkennbar ist.

Donnerstag, August 23, 2007

FFF-Ticker: Ein kurzes Resümee

Es war ein guter Jahrgang. Es ist bestimmt vier Jahre her, seitdem ich das zuletzt gesagt habe. Die Auswahl der Filme versprach von vorneherein große Abwechslung. Im Nachhinein ist man trotzdem -wie immer- schlauer. So hätte ich mir anstelle von Le Serpent und I'm a Cyborg, but that's ok. besser Botched und OSS 117 anschauen sollen, oder gar den von meinem Bloggerkollegen The Rudi so gehypten The Girl who leapt through Time.

Ich bleibe dabei: Der Eröffnungsfilm, Black Sheep, war fehlplatziert. Warum nicht mit dem neuen Gordon oder Mr. Brooks eröffnen? Schade auch, dass Concorde Muffensausen bekommen hat und Planet Terror deshalb nicht auf dem FFF gezeigt werden konnte. Dafür kam man mehrmals in den zweifelhaften Genuss des grottig synchronisierten Trailers. Da treffen offenbar reichlich inkompetente Leute die Entscheidungen bei Concorde.

Die Menge an Werbefilmen hat zugenommen. Gut zehn Minuten dauerte die Standard-Werberolle. Die meisten Werbefilme wurden durch wiederholtes Sehen leider nicht besser. Das gilt allerdings nicht für den kurzen und langen FFF-Trailer. Es hat einige Anläufe gebraucht, bis ich (auch dank eines Tipps) erkannt habe, dass Chucky den Zombie neben Jason anruft, um Jason dazu zu bringen, ihn wegen des klingelnden Handys zu enthaupten. Leider kann ich den kurzen Trailer nicht im Internet finden, denn ich würde ihn gerne noch ein paarmal studieren.

Das Centerpiece interessierte mich bedauerlicherweise nicht, der Abschlussfilm war mir keine acht Euro wert, schließlich liegt bei mir die russische DVD eines Freundes seit einem Jahr ungesehen herum.

Die zwei neuen Orte, Kulturbrauerei und Babylon Mitte, habe ich nicht besucht. Solange alle Filme im CinemaxX gezeigt werden (was angeblich nicht der Fall gewesen sein soll), ist mir die Dezentralisierung des FFFs ziemlich egal.

Abgesehen vom zweiten Festivaltag, an dem Kino 7 im CinemaxX einem Ofen glich, die Klimaanlage also entweder defekt oder überfordert war, herrschten angenehme Temperaturen in den Sälen, was glücklicherweise die Anzahl penetrant nach Schweiß stinkender FFF-Fans deutlich reduzierte.

Ein abschließender Blick auf meine Bewertungsliste bestätigt noch einmal die überdurchschnittliche Qualität des 21. Fantasy Filmfests. Ich freue mich schon jetzt aufs nächste Jahr...

Mittwoch, August 22, 2007

FFF-Ticker: Stuck

Stuart Gordons aktueller Film Stuck war mein persönlicher Abschlussfilm des Fantasy Filmfests 2007. Und es war ein würdiger Abschluss, ein weiterer Höhepunkt in diesem wirklich guten Jahrgang. Es ist nur Stuart Gordons Fürsprache zu verdanken, dass das FFF Stuck noch vor dem Toronto Filmfest zeigen durfte. - Stuck beschreibt, wie die junge, engagierte Krankenschwester Brandi (zum Anbeißen: Mena Suvari) den frisch zum Obdachlosen avancierten Tom (angenehm unverkrampft: Stephen Rea) des Nachts mit dem Auto überfährt. Tom landet kopfüber in der Windschutzscheibe, bleibt dort hängen, stirbt aber nicht. Brandi, die sich vor den Konsequenzen des Unfalls fürchtet, stellt ihren Wagen inklusive dem bewusstlosen Tom einfach in ihrer Garage ab. Doch am nächsten Morgen ist Tom noch immer nicht tot. - Mit viel sozialkritischem Biss, der fast in Ken-Loach-Manier durch trockenen Humor durchbrochen und so konsumierbar gemacht wird, erzählt Gordon eine intelligente Fabel über Ehrgeiz, Angst und den menschlichen Überlebenswillen. Suvari und Rea glänzen in ihren Rollen. Und wenn Tom versucht, sich aus seiner misslichen Lage zu befreien, sind das für den Zuschauer schmerzhafte Minuten. Vom reinen Fun-Splatter hat sich Gordon schon lange verabschiedet. Mit Stuck und dem ebenfalls grandiosen Edmond ist Stuart Gordon eindeutig der Gewinner des diesjährigen Festivals und hätte einen Preis verdient.
8/10

FFF-Ticker: Saibogujiman kwenchana ('I'm a Cyborg, but that's ok.')

Die Geschichte des Mädchens Young-goon (Su-jeong Lim), das sich selbst für einen Cyborg hält und deshalb in der Klapsmühle landet, unterscheidet sich gewaltig von Park Chan-wooks bisherigen Filmen. Zwar ist I'm a Cyborg, but that's ok. wie seine anderen Filme optisch verspielt und vielseitig, aber die zärtliche Auseinandersetzung mit einem anorektischen Mädchen (denn hinter ihrem Cyborg-Wahn versteckt sich letztlich eine gewöhnliche Essstörung) trifft einen unerwartet. Park macht es ähnlich wie seinerzeit Jean-Pierre Jeunet in seinem Amélie-Film oder Michel Gondry in The Science of Sleep: Eine Vielzahl Traum-Episoden werden aneinandergereiht, zusammengehalten durch das Geschehen in der Irrenanstalt. Sowohl die Krankheiten der Insassen als auch das Leben in der Psychiatrie wird absurdkomisch verzerrt. Und das macht eine Zeitlang richtig Spaß. Doch irgendwann ist man diesem Assoziationskino überdrüssig und dann stellt sich Langeweile ein.
5/10

Dienstag, August 21, 2007

FFF-Ticker: The Gravedancers und Unrest (DVD)

Hier zwei Kurzkritiken zu weiteren FFF-Filmen, die ich auf DVD greifbar machen konnte. Nach eintägigem Entzug, geht es für mich bereits heute Abend in die letzte Runde zu I'm a Cyborg, but that's ok. und Stuck. Den Abschlussfilm werde ich mir schenken.


The Gravedancers: Mike Mendez ist ein Bauer: Grobschlächtig inszeniert, mit überwiegend billigen Schreckmomenten, die nicht zünden wollen, lässt er eine Reihe leidlich bekannter B-Schauspieler gegen Geister antreten. Zwei bis drei nette Actionszenen im trashigen CGI-Look entschuldigen keineswegs die seltendämliche und über weite Strecken öde erzählte Story.
4/10


Unrest: Nüchtern erzählter Pathologiethriller, dessen Nüchternheit man zweifellos auch als schnarchnasig empfinden kann. Ein paar unfreiwillig (?) komische Sprüche à la "Something is wrong with my cadaver!" entschädigen hin und wieder für lange Sequenzen ohne Spannung. Der Leichentank, in den unsere Helden gegen Ende abtauchen, ist aber wirklich recht ekelig, da kann man dem Programmheft zustimmen.
4/10

FFF-Ticker: Disturbia und Dead Silence (DVD)

Da heute keine Kinobesuche auf meinem Programm standen, gibt's zwei Kurzreviews von FFF-Filmen, die ich vor kurzem auf DVD sichten konnte.

Disturbia: Eine zeitgemäße PG-13-Teenie-Variante von Hitchcocks Meisterwerk Rear Window. Während Hitchcock die räumliche Begrenzung als Herausforderung begriff und durch visuellen Einfallsreichtum eine wahnsinnige Spannung kreierte, bleibt selbige bei diesem Kinderthriller im Ansatz stecken. Der Hauptdarsteller (Shia LaBeouf) erweist sich als talentlos und unsympathisch. Auch Carrie-Anne Moss hat in ihrer Nebenrolle die Strahlkraft einer IKEA-Leselampe. Lediglich ein Phenomena-Zitat (ein Leichenplanschbecken im Keller des Täters) vermochte, mich zu überraschen. D. J. Carusos ideenloses Plagiat ist ein weiterer Beweis dafür, wie reif und einfallsreich De Palma in Body Double Hitchcocks Klassiker variierte. Disturbia hingegen "stört" nur den anspruchsvolleren Filmfreund, weil er ein kommerziell genau kalkulierter Hitchcock-Rip-Off ohne Herz und Seele ist, der allerdings zweifellos zeitgenössisches Teenage-Flair versprüht.
4/10


Dead Silence: Ich halte James Wans Saw für den überbewertesten Horrorfilm vergangener Jahre, wollte Dead Silence aber eine Chance geben und wurde überrascht: Das Drehbuch (Saws größte Schwäche) hält einen durchweg bei der Stange. Wan gelingt es auch, eine schöne Gothic-Atmosphäre rund um die mysteriösen Puppen aufzubauen und uns am Ende mit einem wirkungsvollen Twist zu überraschen. Kein Meisterwerk aber ein grundsolider Geisterfilm, der erfrischend altmodisch inszeniert ist.
7/10

Montag, August 20, 2007

FFF-Ticker: Le Serpent ('The Snake')

Le Serpent ist ein solide inszenierter Thriller, wie man sie vor 15-20 Jahren zuhauf aus Hollywood serviert bekommen hat: Ein Psychopath mit Kindheitstrauma rächt sich an seinem einstigen Peinigern samt Familie. Das Opfer in Le Serpent ist der Modefotograf Vincent (Yvan Attal), den sein ehemaliger Klassenkamerad zu einem Katz- und Mausspiel à la The Hand that Rocks the Cradle einlädt. Nie wirklich überraschend und auch visuell im Gegensatz zu Truands nicht sonderlich aufregend, kann man sich auf Le Serpent trotzdem gut einlassen, wenn man ihn als unfreiwillige Hommage an die Psychothriller der frühen Neunziger sieht. Allerdings wäre weniger mehr gewesen: Den gewöhnlichen Plot auf 120 Minuten zu strecken, ist zu viel des Guten. Da das erst der dritte Film von Eric Barbiers ist, kann man dies aber wohl als Anfängerfehler durchgehen lassen.
5-6/10

FFF-Ticker: Get Shorty

Beim Kurzfilmprogramm Get Shorty standen dieses Jahr in vielen Filmen Kinder im Mittelpunkt. Sei es ein besessenes Kind, das sich an seinen Eltern für deren bevorstehende Scheidung rächt (Little Lise 7/10), das vermeintlich missbrauchte Kind, dem Hilfe zuteil werden soll (Y Que Cumplas Muchos Mas 5/10), der Sprössling (4/10) aus dem Blumentopf oder das erwachsene Kind, das seiner kranken Mutter sein Herz spenden soll (Guilt 7/10). Und im wohl slapstickhaftesten Beitrag, Les Morveux (8/10), zerhackt ein durchgeknallter Rentner gleich einen ganzen Kinderchor, weil er den Gesang nicht leiden kann.

Darüber hinaus kam mit Kiss and Death ein furchtbar selbstverliebter Beitrag aus Frankreich, der sich absichtlich verschlossen gibt, um geheimnisvoll zu wirken, letztlich aber nur eines ist, nämlich stinklangweilig: 1/10.

The Handyman mit Greta Scacchi und Bill Sage in den Hauptrollen wusste hingegen zu überzeugen, auch wenn die Pointe nicht allzu überraschend war: 8/10.

Sehr atmosphärisch kam der Stummfilm The Listening Dead daher, war aber für die maue Story einfach zu lang. 5/10.

Schließlich jagte in Itsy Bitsy ein Pärchen durch ihre Wohnung, um eine riesige Spinne zu bekämpfen. Der Film wurde leider mit der falschen Linse vorgeführt, war aber trotzdem ein kurzweiliges Vergnügen. 6/10.

Insgesamt ein zufriedenstellender Jahrgang, nachdem ich in den letzten drei-vier Jahren das Kino meist enttäuscht verlassen habe.

FFF-Ticker: Death Sentence (Sneak)

Death Sentence war die groß angekündigte Sneakvorstellung, die im Grunde nicht geheim war. Kevin Bacon gibt hier den Rächer seines älteren Sohnes, der das Opfer eines barbarischen Initiationsritus einer Bostoner Gang wird. Nachdem Bacon Rache am Mörder seines Sohnes genommen hat, gerät seine Familie ins Fadenkreuz der schießwütigen Bande. Bacon entwickelt sich immer mehr zu einem drastischen Racheengel, bis er am Ende als eine Mischung aus Mad Max und Terminator mit einer gewaltigen Shotgun den Gangmitgliedern ihre Körperteile einzeln wegpustet. Das Waffenarsenal wird übrigens von einem schmierigen Händler zur Verfügung gestellt: Eine Nebenrolle, die John Goodman Gelegenheit gibt, allen anderen die Schau zu stehlen. - Death Sentence ist ein geradliniger, äußerst brutaler Selbstjustiz-Thriller. Wer den Trailer kennt, kennt den Film. Saw-Regisseur James Wan liefert hier beinhartes Actionkino ab, das in seinen Gewaltdarstellungen ans 80er-Jahre-Kino erinnert. Bedauerlicherweise wird der Spaß am Rachefeldzug immer wieder durch weinerliche Gespräche zwischen Bacon und seiner Frau, in der furchtbarsten Szene zwischen Bacon und seinem im Koma liegenden Sohn am Krankenbett, unterbrochen. Da eine echte Bindung zu der amerikanischen Vorzeigefamilie nie zustande kommt (sie wird als zu perfekt vorgestellt, um als glaubwürdig durchzugehen - da helfen auch keine auf authentisch getrimmten Home-Video-Aufnahmen), nerven diese larmoyanten Einlagen nur und man sehnt sich die nächste Actionszene herbei. - Im Übrigen wartet Death Sentence mit mehreren bemerkenswert langen Steadicamfahrten auf. So bemerkenswert, dass unser FFF-Ansager sogar vor Filmbeginn auf sie hinwies. - Dieser Kevin-Bacon-Film ist ein Fest für Freunde harter Action, denen es nichts ausmacht, auf eine innovative Story zu verzichten. Death Sentence wird es aber keinesfalls ungeschnitten mit einer 16er-Freigabe in deutsche Kinos schaffen.
7/10

Samstag, August 18, 2007

FFF-Ticker: Truands ('Crime Insiders')

Auf Truands habe ich mich beim diesjährigen Fest am meisten gefreut. Ich liebe Frédéric Schoendoerffers Scènes de crimes und Agents Secrets, weil er es in beiden Filmen schafft, wundervolle Kameraarbeit mit einer authentischen Atmosphäre zu kreuzen und obendrein den hundertmal durchgekauten Genres Krimi bzw. Agentenfilm neue Nuancen abgewinnt. Nun widmet sich Schoendoerffer also dem Gangsterfilm. Doch leider scheitert er diesmal auf halbem Wege. Zwar wirkt die Welt der Drogendealer, Autoschieber und Luden beängstigend realistisch. Schoendoerffer dreht zudem kräftig an der Gewalt- und Sexschraube, lässt Scorseses Werke dagegen wie Kinderfilme aussehen. Aber der Zuschauer findet in der Geschichte erst sehr spät einen emotionalen Anker. Da die sympathischste Figur, Franck (Benoît Magimel), in den ersten Szenen als kaltblütiger Killer eingeführt wird und anschließend eine ganze Reihe anderer Nachtgestalten in all ihren grausamen Abgründen vorgestellt werden, hängt man zu lange in der Luft, weiß nicht recht, was man von all dem Machogehabe, Rumgeballere und Sprücheklopfen halten soll. Wahrscheinlich war das sogar Schoendoerffers Absicht: Er will, dass wir eine gesunde Distanz behalten, Beobachter und nicht emotionale Teilnehmer dieses Pariser Gangsterzoos sind. Doch das führt leider auch dazu, dass einem die Geschichte zunächst ziemlich egal ist. In der zweiten Hälfte, wenn man einen Überblick über die Unterwelt gewonnen hat, freundet man sich langsam mit Franck und seinem Partner Jean-Guy (Olivier Marchal) an. Doch richtig involviert ist man bis zum Schluss nicht. - Truands führt Scheinfreundschaften, Doppelmoral und die Verlogenheit der Verbrecherwelt mit drastischen Bildern vor, nimmt uns jedoch gefühlsmäßig nicht wirklich mit in das durchaus glaubwürdig dargestellte Gangstermilieu.
6/10

FFF-Ticker: Bug und Mr. Brooks

Bug ist bestimmt nicht jedermanns Kost. Während die ersten 50 Minuten die ruhig erzählte Charakterstudie einer gebrochenen, einsamen White-Trash-Frau (mit Mut zur Hässlichkeit: Ashley Judd) ist, legt William Friedkins Adaption von Tracy Letts Theaterstück in der zweiten Hälfte einen Gang zu. Agnes (Judd) hat sich auf eine Beziehung mit dem unter Wahnvorstellungen leidenden Peter (Michael Shannon) eingelassen. Ihr inneres Verlangen nach einer intimen Bindung geht soweit, dass sie anfängt, Peters Halluzinationen über Käfer zu teilen. Die zwei schaukeln sich in ihrer schizophrenen Psychose gegenseitig hoch. Peter glaubt, die Viecher lebten in seinem Körper und beginnt, sich selbst zu verstümmeln, reißt sich mit einer Eisenzange den halben Kiefer raus. Spätestens hier wird einem klar: Das nimmt kein Happy End. Geht in der ersten Hälfte die Bedrohung von Agnes aufdringlichem Ex-Freund, einem frisch entlassenem Knacki Jerry (Harry Connick) aus, und man glaubt, Peter könnte Agnes aus dieser Bredouille helfen, verkehrt sich die Situation in der zweiten Hälfte, wenn Jerry Agnes letzte Hoffnung wird. - Bug ist ein eindringlich inszeniertes Kammerspiel, mit einigen anstrengenden Wahn-Monologen, auf die sich der Zuschauer entweder einlassen kann, oder die ihn langweilen werden. Ich halte Bug für Friedkins besten Film seit To Live and Die in L.A.
7/10


Mr. Brooks ist Kevin Costner at his best! Frisch zum "Man of the Year" gekürt, zieht der steinreiche Unternehmer Earl Brooks (Costner) des Nachts aus, um ein Pärchen beim Sex zu überraschen und ihnen eine Kugel in den Kopf zu jagen. Mr. Brooks leidet -wie er es ausdrückt- an einer Sucht: Dem Töten, das ihm einen unvergleichlichen Kick gibt. Eine mutige Entscheidung von Mr. Costner, eine solche Rolle zu übernehmen. Der Film schafft die Gratwanderung, uns die grausamen Taten des Mr. Brooks ungeschönt zu zeigen, ohne dass wir uns von der Figur entfremden. Auf den Fersen des Serienkillers ist Demi Moore als toughe Polizistin, die gerade durch einen schmerzvollen Scheidungsprozess geht. Außerdem: William Hurt in einer wundervollen Rolle als Teil von Mr. Brooks Persönlichkeit. Klingt strange, ist aber einfach nur wundervoll. Mr. Brooks ist für mich das erste große Highlight des diesjährigen Festes. Warum war das nicht der Eröffnungsfilm?
8/10

Freitag, August 17, 2007

FFF-Ticker: Fido und Film Noir

Fido beweist, dass Zombies die besseren Liebhaber sind: Treudoof bei der Verrichtung alltäglicher Haushaltsdinge und animalisch, wenn es darauf ankommt. Diese Zombie-Komödie spielt in einer strahlend bunten 50er-Jahre Kleinstadt. Der Lack der Autos, die Kleidung und Frisuren der Menschen: Alles funkelt in prächtigen Farben. Da sticht das Grau der Untoten deutlich hervor. Doch in den Zombiekriegen ist man ihrer Herr geworden. Ein elektronisches Halsband lässt sie darüber hinaus zahm werden. - Fido lebt vom Clash des 50er-Jahre-Idylls mit der düsteren Zombiewelt; quasi eine Mischung aus Douglas Sirks All that Heaven Allows und George A. Romeros Land of the Dead mit dem Unterschied, dass Sirks bunte Kleinstadtwelt die Zombies im Griff hat und nicht umgekehrt. - Eine launige Satire, deren kritischer Biss freilich zugunsten der Witzchen verpufft, die aber dennoch durch großartige Schauspielleistungen (allen voran: Billy Connolly [The Boondock Saints] als Haushaltszombie Fido), ein äußerst liebevolles Szenenbild und eine originelle Idee überzeugen kann.
7/10


Film Noir entfaltet einen typischen Detective-Plot à la The Big Combo oder Murder, My Sweet. Look und Erzählform orientieren sich natürlich an den 40er- und 50er-Jahre-Filmen: Ein ausgiebiges Spiel mit Licht und Schatten, fast keine Szenen am Tag und viel Voiceover von der Hauptfigur namens David Hudson. Zu Beginn des Films wacht Hudson neben einer Polizistenleiche auf und kann sich nicht mehr daran erinnern, wer er ist und wie er in diese Situation kam. Wir verfolgen seine Suche nach Identität. Zeitlich ist Film Noir allerdings in der Gegenwart angesiedelt, was sich nicht nur im technischen Equipment, das im Laufe der Handlung zum Einsatz kommt, widerspiegelt, sondern auch in recht heftigen S&M-Sexszenen seinen Ausdruck findet. - Film Noirs verwundene Detective-Story hält die Spannung fast durchweg aufrecht, lässt dem Zuschauer aber gleichzeitig genügend Raum, die schöne Optik aufzunehmen. So erzeugt der Streifen eine glaubwürdige Noir-Atmosphäre. Einzig die Animation ist harsch zu kritisieren: Zwar überzeugen Gebäude, Räume, Gegenstände und Figuren. Bei schnellen Bewegungen von Autos oder Figuren wirkt das aber ruckhaft, unnatürlich und reichlich lächerlich. Somit hat Film Noir eines meiner Vorurteile bekräftigt: Animierte Action funktioniert nicht. Insgesamt jedoch ein lohnendes Kinoerlebnis!
6-7/10

Mittwoch, August 15, 2007

FFF-Ticker: Black Sheep

In den kommenden Tagen werde ich regelmäßig Filme des Fantasy Filmfests besprechen, welches seit heute in Berlin und Hamburg gastiert.

Heute stand der Eröffnungsfilm auf dem Programm: Black Sheep, ein neuseeländischer Splatterfilm, in dem Schafe zu mörderischen Bestien mutieren. Ein durchaus unterhaltsamer Fun-Gore-Streifen, der das Genre gewiss nicht neu erfindet und in der Official Selection oder der Midnight Madness besser aufgehoben gewesen wäre. Die Creature-Effects machen Spaß und rufen Erinnerungen wach an An American Werewolf in London und Braindead. Doch der große Wurf ist Black Sheep dann leider nicht: Alles verläuft in vorhersehbaren Bahnen und nach einer halben Stunde ist der ewiggleiche Witz vom Mörderschaf auch nicht mehr so richtig lustig. Das Publikum im überbuchten CinemaxX reagierte während des Films dann auch verhältnismäßig zurückhaltend. Vielleicht wollte man Kräfte sparen für die anschließende Party (auf die ich dann nicht mehr gegangen bin). In den Genuss eines Freigetränks kam ich nach der Vorstellung trotzdem. Das war bei diesem schwülen Wetter genau richtig.
6/10

Dienstag, August 14, 2007

Die glorreichen 7: Beerdigungen

Noch bevor man in seinem Leben an einer realen Beerdigung teilnimmt, hat man in aller Regel schon etliche Male einer solchen Zeremonie im Film beigewohnt. Da verwundert es nicht, dass wir typische Beerdigungsszenen längst verinnerlicht haben. Ohne lange nachdenken zu müssen, fallen einem sofort die drei klassischen Kamera-Einstellungen ein:

1. Totale der Trauergesellschaft
2. In Gegenschnitten: Großaufnahmen vom sprechenden Priester und den pietätvoll dreinblickenden Gesichtern der Angehörigen.
3. Großaufnahme vom Sarg und wie er in die Tiefe hinabgelassen wird.
4. (fakultativ) Die Silhouette eines entfernt stehenden Trauergastes, der freilich von der Hauptfigur entdeckt wird (beispielsweise ein Polizist auf der Suche nach dem Täter).

Das Wetter unterstreicht oftmals die melancholische Stimmung am Grabe. Regen, Wind, Nebel, Schnee oder Kälte sollen die Gemütslage der Hinterbliebenen verbildlichen. Eine theatralische Musikbegleitung tut das Übrige.

Wie viele Horrorkomödien verkehrt Braindead das Traurige einer Beerdigung ins Lustige.

Dass Trauerfeiern trotz der eben aufgezählten Klischees das Stoffpotential für eine ganze Serie haben, beweist Six Feet Under eindrucksvoll. Nirgends wird man eine intelligentere Auseinandersetzung mit den verschiedenen Möglichkeiten und Hindernissen des Themenfeldes "Beerdigung" finden: Art des Todes, Sarg oder Urne, Einbalsamierung, Trauerprozess und ergreifende Grabreden werden hier geschickt mit dem aufregenden Leben der Familie Fisher verknüpft.

Da die Masse an Beerdigungsszenen kaum zu überblicken ist, will ich versuchen, eine facettenreiche Liste zusammenzustellen, auch wenn das bedeutet, die eine oder andere auszeichnungswürdige Beisetzung nicht zu nennen. Verständlicherweise markieren die besten Filmbeerdigungen oft nicht nur einen Einschnitt im Leben der Protagonisten, sondern fungieren oftmals auch als Wendepunkt im Film.

Los geht's ...


Harold and Maude teilen eine Leidenschaft: Sie besuchen uneingeladen Beerdigungen und lernen sich auf einer solchen kennen. Die Faszination am Tod verbindet die beiden. Im Gegensatz zu Harold versteht Maude Beerdigungen jedoch als eine Feier des Lebens. Die Beerdigungen selbst werden von Hal Ashby zwar nicht sonderlich originell in Szene gesetzt, sie sind ja auch nur der Hintergrund, vor dem wir die zwei Hauptfiguren kennenlernen. Dennoch fügen sie sich perfekt in die schwarze Komödie ein. Der große Erfolg von Harold and Maude lässt sich nicht zuletzt auf seinen satirischen Umgang mit dem Tod zurückführen.


Der Campus: Sönke Wortmann nutzt die Trauerfeier für einen morbiden Gag, indem er die Hauptfigur Hanno Hackmann (Heiner Lauterbach) bei einer Beisetzung in die Sarggrube fallen lässt. Die Trauergesellschaft blickt bedrohlich auf den im Grab gefangenen Hackmann hinab und amüsiert sich in der anschließenden Trauerrede über dessen Missgeschick. Eine Art 'Foreshadowing', nimmt das Leben des ehrgeizigen Soziologieprofessors doch kurz darauf eine steile Talfahrt. Gerät Hackmann bei der Beerdigung im kleinen Kreise in die Rolle des Außenseiters, ist er kurze Zeit später die Persona non grata an der Universität.


Once Upon a Time in America: In einer symbolischen Beerdigung wird von den Alk-Schmugglern die Prohibition zu Grabe getragen. Aber auch die innige Freundschaft zwischen Noodles (Robert De Niro) und Max (James Woods) endet an diesem Abend. Noodles wird während der "Trauerfeier" in ein Hinterzimmer gehen, um der Polizei einen telefonischen Tipp zu geben, der das Leben seiner besten Freunde fordern und folglich zu weiteren Beerdigungen führen wird.


Kill Bill Vol. 2: Und was ist, wenn man beerdigt wird, obwohl man noch gar nicht hinüber ist? Eine beängstigende Vorstellung, die Quentin Tarantino virtuos inszeniert. The Bride (Uma Thurman) wird bei vollem Bewusstsein mit einer Taschenlampe in der Hand in einen Holzsarg verfrachtet, Deckel drauf, zugenagelt und ab in die Tiefe. Tarantino zieht diese Szene quälend in die Länge, das Bild ist lange Zeit schwarz, die Umgebungsgeräusche sind extrem laut, als lägen wir selbst in der Holzkiste. Tarantino begeisterte dieses Szenario so sehr, dass er nach Kill Bill eine CSI-Doppelfolge drehte, in der er das Lebendig-Begraben-Sein variierte.


The Third Man: Die zwei Friedhofsszenen im "dritten Mann" haben eine solche Wirkung gehabt, dass meines Wissens bis heute Rundgänge auf dem Wiener Friedhof angeboten werden, bei denen man die Route des Holly Martin (Jospeh Cotten) nachspazieren kann. Die doppelte Beerdigung des Harry Lime (Orson Welles) rahmt den Film, verleiht der Handlung eine konzentrische Form und unterstreicht noch einmal den großen Bluff, den der gute Harry über die Hälfte des Films aufrecht erhält. Von den hier aufgeführten Szenen dürfte diese die einflussreichste gewesen sein. So zitieren beispielsweise die Coen-Brüder augenzwinkernd den Schluss von Carol Reeds Meisterwerk in ihrem grandiosen Neo-Noir Miller's Crossing.


The Godfather: Familiäre Zeremonien spielen in den Godfather-Filmen eine zentrale Rolle. Teil 1 eröffnet mit einer Hochzeit. Der entscheidende Wendepunkt vollzieht sich jedoch bei der Beisetzung des Dons (Marlon Brando). Tessio (Abe Vigoda) arrangiert ein Treffen zwischen Barzini (Richard Conti) und Michael (Al Pacino) und outet sich damit als Verräter. Die Prophezeiung des Dons bewahrheitet sich. - Am Grabe seines Vaters sollen die Weichen für den Mord an Michael gestellt werden, zu einem Zeitpunkt also, an dem er in den Augen seiner Feinde als besonders geschwächt gilt.


Six Feet Under - Pilot: Alan Balls Pilotfilm von Six Feet Under zeigt die Beerdigung des Bestattungsunternehmers und Familienvaters Nathaniel Fischer. Der frisch heimgekehrte Sohn Nate (Peter Krause) beschwert sich über die sterile, durchorganisierte, klinisch saubere Art, mit der Trauerfeier und Beisetzung erfolgen: Emotionen seien unerwünscht. Die eigentliche Funktion einer Beerdigung, das Abschiednehmen, heilvolle Trauern, das Schmerzverwinden und Feiern des Lebens des Verstorbenen finde nicht statt. Ein großartiger Einstieg für eine Serie, die sich das Leben von Bestattungsunternehmern zum Gegenstand wählt, und zweifellos die modernste und ehrlichste Auseinandersetzung mit den verschiedenen Facetten einer Beerdigung unter den hier aufgelisteten Filmen.

Montag, August 06, 2007

Film noirs in Kürze: Polonsky & Wilder

Force of Evil ist einer der 75 Filme, die Sight and Sound kürzlich als vergessene Perlen anpries. Und in der Tat entwirft Regisseur Abraham Polonsky in nur 78 Minuten eine einprägsame Fabel über Brüderliebe, Schuld, Reue und Erlösung. Der smarte Rechtsanwalt Joe Morse (John Garfield) plant zusammen mit seinem Arbeitgeber, dem Groß-Gangster Ben Tucker (Roy Roberts), die Wettbüros in New York zu sprengen. Am 4.7. sorgen sie dafür, dass die Zahl 776 (am 4. Juli 1776 wurde die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet) in allen wichtigen Spielen gewinnt. Die Spielbanken gehen bankrott, weil viele Zocker an diesem Tag die 776 spielen, und Tucker kann sie mit seiner Organisation übernehmen und monopolisieren. Doch Joe will seinen älteren Bruder Leo (Thomas Gomez) warnen, der ein kleines Zahlenspielbüro leitet. Joes Problem: Leo möchte von diesen Gangstergeschichten nichts wissen. Eine Tragödie bahnt sich an, in der Joe zwischen zwei Kräften langsam zerrieben wird: Seiner Geldgier und der Loyalität zu seinem Bruder. - Der Plot ist streckenweise etwas verworren. Eine Zweitsichtung wäre sicherlich nicht verkehrt. Dennoch: Force of Evil ist unglaublich sozialkritisch, ohne dabei gezwungen oder pathetisch zu wirken. Man merkt, es liegt Abraham am Herzen, diese Geschichte über Richtig und Falsch, Gut und Böse zu erzählen. Und er findet die perfekte Form dafür, denn dies ist einer jener seltenen Filme, von denen man sich jede einzelne Einstellung in Plakatgröße an die Wand hängen könnte: George Barnes (Rebecca) strenge Schwarzweißmalereien haben meinen Kiefer mehrmals runterklappen lassen. Sight and Sound hat also Recht: Eine vergessene Perle!
79 Punkte.


Sunset Blvd. von Billy Wilder hätte wie Double Indemnity eine ausführliche Besprechung verdient. Und vielleicht werde ich das zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Wie auch immer: Diese bitterböse Komödie gehört zum Besten, was Film noir zu bieten hat. - Der junge Drehbuchautor Joe Gillis (William Holden) findet sich mit einem platten Reifen und auf der Flucht vor Gläubigern in der Einfahrt der alternden Hollywooddiva Norma Desmond (oscarnominiert: Gloria Swanson) wieder, die in einer äußerlich verwilderten, gotisch eingerichteten Villa mit ihrem Butler (Erich von Stroheim) lebt. Der steinreiche Ex-Hollywoodstar bietet Gillis eine Unterkunft und exzellente Bezahlung für die Überarbeitung ihres selbst verfassten Drehbuchs Salome. Gillis akzeptiert und gerät immer mehr in die Fänge der in ihrer Vergangenheit gefangenen, irren und dennoch charismatischen Norma. Als er aus ihrem Griff auszubrechen versucht, begeht sie einen Selbstmordversuch, um ihn an sich zu binden - mit Erfolg. Doch Gillis verliebt sich schließlich in eine andere Frau (Nancy Olson). - Erzählt in einem einzigen, umfassenden Flashback und mit wundervollen Cameos von Hollywoodgrößen wie Cecille B. De Mille und Buster Keaton angereichert, ist Sunset Blvd. neben Robert Altmans The Player die bissigste Satire über die Traumfabrik, die mir bekannt ist. Gleichzeitig führt uns Billy Wilder vor, wie sehr Ruhm in jungen Jahren die Psyche eines Menschen zeitlebens durcheinanderwirbeln, ja zerstören kann. Ein zeitloses Thema. Und so ist Gloria Swanson, deren persönliche Karriere einige Ähnlichkeiten mit der ihres Alter Egos aufweist, der eindeutige Star und lässt die ebenfalls oscarnominierten Leistungen Holdens und Olsons in den Hintergrund rücken. Einzig Erich von Stroheim, der sich in gewisser Weise auch selbst spielt, vermag es, Swanson zu überstrahlen. - Ein Meilenstein im Œuvre Billy Wilders und ein Pflichtfilm für jeden Filmfreund!
95 Punkte.

Samstag, August 04, 2007

TV-Tipp: Lange Nacht des Horrors

3sat widmet den heutigen Abend und die Nacht zum Sonntag dem Horror. Dabei begnügt man sich nicht damit, einen raren Klassiker zu zeigen. Viel interessanter sind die Dokumentationen, die im Zuge der Sendereihe "Kinomagazin" laufen:

Um 2.50 Uhr stehen Stuart Gordon und Brian Yuzna für eine Stunde im Mittelpunkt des Interesses: Das Monster in uns heißt die Sendung aus dem Jahr 2005, die sich mit den zwei Avantgardisten des Horrorgenres auseinandersetzt. In Auszügen kann man die Äußerungen der beiden bereits hier nachlesen.

Gleich im Anschluss folgt ein knapp einstündiges Interview mit David Cronenberg, das allerdings bereits 1993 in einer 30-minütigen Fassung ausgestrahlt worden war. Verwandlungen, so der Titel der Sendung, ist zwar nicht mehr ganz aktuell aber zweifellos eine Rarität im deutschen Fernsehen.

Bereits um 22.20 Uhr kann man sich in der Doku Die Wahrheit über Lady Frankenstein mit den Hintergründen dieses italienischen Horrorklassikers vertraut machen, um im Anschluss den Film selbst in Augenschein zu nehmen.

Ein zusätzlicher Bonbon der drei Dokus: Sie laufen im Zweikanalton!