Donnerstag, April 19, 2012

Short Cuts #18


Müsste  ich eine Liste der zehn bedeutendsten Filme der 90er Jahre erstellen, Knight Moves wäre nicht unter ihnen. Man weiß gar nicht, wo man mit seiner Kritik anfangen soll: Vielleicht beim Titel, der eine ungelenke Referenz an den Gene-Hackman-Klassiker, Night Moves, aus den 70ern ist. Oder vielleicht bei dem hemmungslos zusammengestohlenen Drehbuch, das kein - ich wiederhole: kein einziges! - Plot-Klischee auslässt, falsche Fährten en masse legt und Nebenhandlungen beginnt, nur um sie wieder fallenzulassen. Vielleicht aber auch beim Schauspiel, denn Christopher Lambert agiert dermaßen over-the-top, das einem gelegentlich angst und bange wird.

Und doch: Für all diese Defizite muss man diesen deutsch-amerikanischen Genreschinken irgendwie gernhaben! Gerade weil einem alles so bekannt vorkommt, fühlt man sich, als würde man von einem lange nicht mehr gesehenen Freund herzlich begrüßt.

Lambert gibt in Knight Moves einen Schachgroßmeister, der verdächtigt wird, ein Serienkiller zu sein. Um seine Unschuld zu beweisen, hilft er der Polizei. Dabei lernt er eine heiße, wenn auch komplett inkompetente, Psychologin (Diane Lane) kennen. Es knistert und knattert. Und am Ende ist der Täter mal wieder eine unauffällige Nebenfigur, die beim finalen Kampf aussieht wie John-Boy von den Waltons.

Vieles spricht für diesen 90's-Thriller. Da wäre zum einen die Besetzung. Neben dem bewundernswert übertriebenen Schauspiel des Highlanders glänzen Daniel "der Dicke" Baldwin und Tom Skerrit als Polizisten. Skerrit spielt sich in Knight Moves schon einmal für Picket Fences warm. Denn seine Rolle als Kleinstadt-Sheriff durfte er nur wenig später in dieser Superserie der 90er perfektionieren.

Auch die Kameraarbeit ist schick. Liebevoll ausgeleuchtete Räume, komplexe Fahrten und farblich überaus harmonisch gestaltete Räume schmeicheln dem Auge des Zuschauers.

Ferner darf nicht vergessen werden, dass Knight Moves relativ am Anfang der großen Serienkillerwelle der 90er steht. Es sollte noch über drei Jahre dauern, bis Fincher mit Se7en den ultimativen Schlussstrich ziehen würde. Zwischen Knight Moves und Se7en liegen bestimmt zwanzig vergleichbare Filme von der Genrestange. Und witzigerweise bedient sich Se7en recht frech bei Knight Moves - man vergleiche nur einmal die Leichen-Inszenierungen.

Man könnte zum Schluss kommen, es handle sich um ein Paradebeispiel einer „guilty pleasure‟. Nur fühle ich mich nicht schuldig, Knight Moves gerne zu sehen. Mich plagt kein schlechtes Gewissen. Nein, ich stehe dazu: Der Streifen ist mir sympathisch.

4 Kommentare:

Flo Lieb hat gesagt…

Den hab ich nur 1x als 11- oder 12-Jähriger gesehen, in einer Phase wo ich Lambert ziemlich cool fand ("Fortress", "Gunmen"). Und die Lane mag ich sowieso. "Knight Moves" fand ich damals dahingehend toll, dass es mal ein Film war, der in der Schachwelt angesiedelt wurde. Davon gibt es ja nicht so viele. Aber unterm Strich fand ich ihn - Achtung - durchschnittlich. Vermutlich mit ein Grund weshalb ich ihn mir, obschon die DVD sehr leicht zugänglich wäre, seither nicht erneut angesehen habe.

Jochen hat gesagt…

Leider werden die Möglichkeiten, die die Schachwelt bietet, nicht konsequent genug genutzt. Und das Schachbrettmuster auf dem Stadtplan (als Karte des Killers) ist so gaga, dass man darüber schon wieder lachen muss.

Wie ausführlich dargelegt: Knight Moves ist totaler Schrott. Aber sehr sympathischer Schrott!

Intergalactic Ape-Man hat gesagt…

Jup, Knight Moves ist einfach das bessere Schweigen der Lämmer. ;)

Jochen hat gesagt…

@ Affenmann

Genau. Schon weil Diane Lane besser aussieht als Jodie Foster ;)