Liebe und Intrigen lautet der deutsche Titel von Alain Corneaus letztem Film
Crime d'amour. Kurz nach der Premiere verstarb der Regie-Altmeister, den man vor allem wegen seines Film noir „à la française”
Le choix des armes (deutscher Titel:
Wahl der Waffen) aus den frühen 80er Jahren in Erinnerung behalten dürfte. Derzeit entsteht eine Neuverfilmung von
Liebe und Intrigen unter der Regie von Brian De Palma an Originalschauplätzen in Berlin und im Studio Babelsberg.
In
dem Thriller steht die Beziehung zweier Frauen im Mittelpunkt: Die überaus talentierte Isabelle (Ludivine Sagnier) wird von ihrer Vorgesetzten Christine (Kristin Scott Thomas) manipuliert und ausgenutzt. Isabelle entscheidet sich, in die Offensive zu gehen und einen wichtigen Firmendeal in die Wege zu leiten, ohne Christine einzubeziehen. Christine rächt sich besonders niederträchtig. Doch sie hat Isabelle falsch eingeschätzt.
Kristin Scott Thomas als zickige Chefin Christine.
Die Handlung ist in einem Wirtschaftsunternehmen angesiedelt. Hier sind Frauen die Entscheidungskräfte. Männer sind Randfiguren. Die Szenen spielen vor allem in verglasten Hochhäusern, Villen, teuren Wohnungen und Edelkarossen. Überall ist aufgeräumt. Alles liegt an seinem Platz. Auch die Menschen wirken in den starren Kameraeinstellungen genau platziert, passen exakt ins Bild. Die Mise en scène ist geradezu minuziös. Darüber hinaus treibt jede Szene den Plot ohne Umschweife voran. Alles, was gesagt wird, ist wichtig, auch wenn es anfangs nicht so scheint. Rückblickend könnte man der Meinung sein, ein Mathematiker habe das Drehbuch geschrieben und den Film inszeniert. Die Wirkung dieses präzisen Blicks ist zwiespältig. Einerseits fasziniert die Genauigkeit, mit der die Bilder arrangiert sind. Andererseits lassen sie einen frösteln, sind bitterkalt.
Atemberaubende Performance: Ludivine Sagnier als Isabelle.
Der Film zerfällt in zwei Teile. Ohne zu viel von der zweiten Hälfte vorwegnehmen zu wollen, sei erwähnt, dass die Präzision der Bilder und die ihnen innewohnende Kälte durchaus mit der Handlung und den Figuren korrespondieren.
Genau wie im
kürzlich besprochenen Campus könnte der Plot in allen möglichen Bereichen der Gesellschaft spielen. Es geht in keiner Sekunde um die Wirtschafts- oder Firmenwelt, denn diese bleiben komplett nebulös. In den kurzen Konferenzszenen fallen lediglich Schlagworte wie „Analyse”, „Finanzmittel” oder „Firmenwert”, um dem Zuschauer zu versichern, dass wir uns in der Finanzsphäre bewegen. Die Welt der Hochfinanz bietet sich aber insofern an, als dort - so pfeifen es die Spatzen von den Dächern - besonders kaltblütige, berechnende und angeblich auch hochintelligente Menschen anzutreffen sind.
Die eigentlichen Themen sind hingegen ganz dem Menschen verpflichtet. Es geht um den Wunsch nach Bindung, um Manipulation, um Machtverhältnisse in Beziehungen und nicht zuletzt um das Finden von Wahrheit.
Liebe und Intrigen führt dem Zuschauer mehrfach vor, dass das, was dieser oder die Figuren für die Wahrheit halten, nicht zwangsläufig die Wahrheit sein muss. Die Pointe des Films besteht darin, dass am Ende eine Wahrheit ans Licht kommt, die in Wirklichkeit eine Lüge ist. Die Wahrheit wird von der Lüge abgelöst, tarnt sich aber als unumstößliche Wahrheit. Es ist leicht zu erahnen, was De Palma an dem Stoff gereizt haben könnte, schließlich setzen sich seine Filme seit Jahrzehnten mit Schein und Sein auseinander.
Schwieriger ist hingegen die Frage, ob De Palma sich wie Corneau einer klassischen Spannungserzeugung so rigoros entziehen wird. Corneaus Film ist nämlich vielmehr ein intellektuelles Vergnügen als ein wirklich packender Thriller - man möchte die Handlungen der Figuren, die man über lange Zeit beobachtend verfolgt, erklärt bekommen. Suspense-Szenen gibt es keine. Es bleibt abzuwarten, was De Palma aus dieser Vorgabe macht, zählen Spannungsmomente doch zu seinen Spezialitäten.
Vor gut drei Wochen auf einem Schöneberger Friedhof.
Laut BZ „nahm Karoline Herfurth eigens Sprachtraining, um beim Englisch nicht zu berlinern”.
Die Darsteller des Remakes treten ein gewaltiges Erbe an. Noomi Rapace wird als Isabelle einiges bieten müssen, um an die Leistung von Ludivine Sagnier heranzukommen. Rachel McAdams ist für die Rolle der Christine eigentlich zu jung. Dafür dürften die lesbischen Untertöne zu Beginn des Films mit ihr glaubhafter zum Klingen kommen - Christine macht Isabelle zweideutige Komplimente, die auch auf fruchtbaren Boden zu fallen scheinen. Der Arbeitskollege Isabelles, Daniel, wird in der Neufassung von Karoline Herfurth als Dani gespielt. So tritt die matriarchale Firmenstruktur bei De Palma noch stärker in den Vordergrund.
Es wird gemunkelt, das Remake solle auf der Berlinale 2013 Weltpremiere feiern. Angesichts der Berliner Drehorte sicherlich keine verkehrte Überlegung.