Freitag, Juni 29, 2007

Film noirs in Kürze: Curtis & Cagney

Sweet Smell of Success kam 1957 in die US-Kinos und zählt somit zu den späten Noirs. Die Handlung spielt sich innerhalb von nur anderthalb Tagen ab und ist auf den Schauplatz New York City zugeschnitten: Sidney Falco (Tony Curtis) ist ein skrupelloser Presseagent, der für den einflussreichsten Zeitungskolumnisten der Stadt, J. J. Hunsecker (Burt Lancaster), "Skandale" aufspürt oder sie notfalls selbst erfindet. Nun soll Falco die Beziehung zwischen Hunseckers Schwester und einem Jazzmusiker zerstören, ohne dass der Verdacht dabei auf Hunsecker fällt. - Eine Netz aus Lügen, Intrigen und Manipulation wird in Alexander Mackendricks Adaption von Ernest Lehmans gleichnamiger Novelle gesponnen. Die rücksichtslose New Yorker Zeitungswelt der Fünfziger, die zweifellos zu einem gewissen Grad auf moderne Medien übertragbar ist, wird hier in all ihrer moralischen Verkommenheit vorgeführt. Skrupellose Medienleute, korrupte Polizisten und mittendrin der mittellose aber moralisch integre Künstler. Das klingt abgedroschener, als es inszeniert ist, denn die spritzigen Dialoge gepaart mit einer fantastischen Kameraarbeit, die es vermag, New York in all seiner nächtlichen Dunkelheit zugleich gefährlich wie wunderschön aussehen zu lassen, entschädigen für die Klischees. Burt Lancaster setzt geschickt seine Körpergröße ein, wirkt durch sie ungemein bedrohlich und lässt Tony Curtis bisweilen zwergenhaft erscheinen. Curtis' Mut eine solch "unvorteilhafte" Rolle anzunehmen, sei ihm hoch angerechnet. Falco wird an einer Stelle als Schlange bezeichnet: Er prostituiert, verleumdet und lügt, solange es zu seinem eigenen Vorteil ist, vom süßen Duft des Erfolgs vollkommen korrumpiert. Sweet Smell of Success ist eine bittere Abrechnung mit der Verlogenheit der New Yorker Medien und ein Traktat gegen blindes Erfolgsstreben.
77 Punkte.


White Heat ist ein knallharter Gangsterfilm. James Cagney schlüpfte nach The Public Enemy und unzähligen anderen Gangsterfilmen der 30er Jahre 1949 erneut in die Haut eines psychopathischen Bandenführers. Unterstützt wird Cody Jarrett (Cagney) in White Heat durch seine ebenfalls gestörte Mutter (diabolisch gut: Margaret Wycherly), auf deren Schoß er nach akuten Kopfschmerzanfällen Geborgenheit und Bestätigung findet. Als Jarrett hinter Gitter muss, steckt man ihm den Undercovercop Falcon (Edmond O'Brien) in die Zelle, der versuchen soll, die Mutterrolle für Jarrett zu übernehmen. - Cagney gelingt hier die Charakterstudie eines Mannes, der seine Wut nicht im Zaum halten kann. Cagney heißt stets "Overacting at its best", Jack Nicholson könnte sein Sohn sein. White Heat ist aber auch ein Heistfilm mit ausgedehnter Gefängnissequenz. Regisseur Raoul Walsh verknüpft also klassische Elemente des Gangsterfilms zu einem schnellen, actionreichen Noir, der auch knapp 60 Jahre nach seinem Kinodebüt noch einfallsreicher und frischer wirkt, als das meiste, was heute in diesem Genre auf den Markt geschmissen wird.
81 Punkte.

Brian De Palma Blog Radio Tribute

Am 22. Juli wird es eine zweistündige Sendung über Brian De Palma beim Blogradio MOVIE GEEKS UNITED! geben. Wie es in dieser Presseerklärung heißt, wird die Sendung live und via Replay abrufbar sein. Letzteres ist insbesondere praktisch für Zuhörer anderer Zeitzonen. Wegen des Zeitunterschieds wird die Show in Mitteleuropa beispielsweise erst um 0.00 Uhr in der Nacht zum Montag beginnen.

Gäste der Sendung werden in erster Linie Filmwissenschaftler und Kollegen De Palmas sein. Die Namen werden in den nächsten Tagen bekannt gegeben. Unter ihnen wird sich auch der wohl engagierteste Brian De Palma Fan des Internets, Geoff von De Palma a la Mod, befinden. Jedenfalls gibt Geoff auf seiner Website bekannt, zur Sendung eingeladen worden zu sein.

Frühere Sendungen, die bei MOVIE GEEKS UNITED! noch abrufbar sind, setzten sich mit Al Pacino und David Lynch auseinander.

Sonntag, Juni 24, 2007

Spoilerwarnung

Ein T-Shirt, durch welches man sich in einen lebenden Spoiler verwandeln kann, gibt es hier zu kaufen. Für Risiken und Nebenwirkungen wird keine Verantwortung übernommen. Ich bin gespannt, wie viele Leute auf dem diesjährigen Fantasy Filmfest mit dem Teil rumlaufen werden...

Donnerstag, Juni 21, 2007

Film noirs in Kürze: Kubrick und Laughton

The Killing gilt als Stanley Kubricks zweiter "richtiger" Spielfilm und ist eine Adaption von Lionel Whites Roman Clean Break. In nur 80 Minuten entwirft Kubrick hier das komplexe Puzzle eines Einbruchs, dessen Planung und Durchführung er dem Zuschauer nicht-linear vorführt. Zentrale Figuren in diesem Clou sind der planende Kopf Johnny (Sterling Hayden in einem weiteren Heist-Movie nach The Asphalt Jungle) und der schüchterne George (Elisha Cook Jr.), dessen durchtriebene Ehefrau Fay (Coleen Gray als manipulierende Femme fatale) ihren Liebhaber auf die Räuber ansetzt, um in den Besitz der Beute zu kommen. Die Chemie zwischen Cook und Gray haucht dem Film Leben ein. Ein entscheidendes Merkmal für einen Kubrickfilm, da seine Werke generell eher über den Verstand als durch das Gefühl funktionieren. Die Glaubwürdigkeit der Schauspieler spielt bei solch peinlich genau durchdachten Filmen eine enorm wichtige Rolle, zumal diese Geschichte durch einen kühlen Voiceover-Sprecher begleitet wird, der seinen Text im drögen Nachrichtenstil verließt. - Kubrick gelingt hier ein Krimi, dessen Geschwindigkeit und unchronologische Erzählstruktur bis heute mitreißend wirkt. Übrigens zitierte James Cameron ein wichtiges Utensil des Einbruchs, als er Arnie in T2 seine Shotgun in einem länglichen Blumenkarton versteckt durch die Gegend tragen ließ.
88 Punkte.


Es sind wohl die bekanntesten Fingerknöchel der Filmgeschichte: Auf Harry Powells (Robert Mitchum) linker Hand befindet sich das Wort "Hate" tätowiert, auf der rechten Hand "Love". Dieser Gegensatz zwischen Gut und Böse, Hell und Dunkel, Licht und Schatten durchzieht The Night of the Hunter auf verschiedenen Ebenen. Mitchum spielt hier einen falschen Wanderprediger, der sich in eine Familie einschleicht, um das vom Vater vor seinem Tod versteckte Geld aus einem Banküberfall zu erschleichen. Nur die Kinder wissen, wo er es versteckt hat. Doch die halten dicht, als Powell sie erst freundlich, dann bedrohend ausfragt. Die Kinder treten schließlich die Flucht übers Wasser an. In einem kleinen Kahn versuchen sie dem teuflischen Powell zu entkommen, der ihnen hoch zu Ross mit Gospel auf den Lippen auf den Fersen ist. - Charles Laughtons grotesk-poetische Horrormär verbindet Tabuthemen mit absurder Komik. Die expressionistisch wirkenden, symbolisch aufgeladenen Bilder lassen diese Fabel über Gut und Böse, Verführbarkeit und Widerstand, Blendung und Finsternis zu einem der visuell vielschichtigsten Film noirs werden. Robert Mitchum liefert darüber hinaus eine atemberaubende Performance ab, eine der charismatischsten Schauspielleistungen der schwarzen Serie. The Night of the Hunter wäre perfekt, hätte er im Mitteilteil nicht einige Längen.
85 Punkte.

Mittwoch, Juni 20, 2007

Gedrucktes: I am Legend

Richard Mathesons 160 Seiten schmaler Roman hat seit seiner Erscheinung im Jahr 1954 zu insgesamt drei Verfilmungen geführt. 1964 als The Last Man on Earth mit Vincent Price in der Hauptrolle und 1971 als The Omega Man mit Charlton Heston. George A. Romero diente er darüber hinaus als Inspiration für Night of the Living Dead. Das war im Jahr 1968. In nur sieben Jahren entstanden also drei Filmversionen. Dann geschah lange Zeit nichts, bis in den Neunzigern Arnold Schwarzenegger Interesse am Stoff anmeldete. Doch die Studios zogen in der Pre-Production die Reißleine: zu teuer. Im Dezember soll nun die vierte Verfilmung folgen. In der Hauptrolle Will Smith. Ein Trailer ist bereits online.

Wieso eine weitere Version? Prinzipiell ließe sich die Frage so beantworten: Weil der Roman noch nie einigermaßen werkgetreu umgesetzt worden ist. Doch wer Hollywood kennt, den dürfte es nicht überraschen, wenn auch die neue Fassung wenig mit Mathesons Prosawerk zu tun hat.


I am Legend erzählt die Geschichte von Robert Neville. Der Leser lernt ihn nach der Apokalypse bei der Verrichtung seiner typischen Alltagsarbeiten kennen: Bei der Reparatur seiner Holzlatten, mit denen er sein Familienhaus verbarrikadiert hat, bei der Zubereitung von Knoblauchzehen und beim Zurechtschleifen von Holzpfählen. Letztere benötigt er im Kampf gegen Vampire, die jede Nacht sein Domizil belagern. Nevilles schlimmster Feind ist aber er selbst. Die Einsamkeit bringt ihn langsam zur Verzweiflung. Er flüchtet in den Alkohol, möchte den Tod seiner Frau und seines Kindes verdrängen. Die weiblichen Vampire versuchen ihn zudem durch unzweideutige Angebote nachts aus dem Haus zu locken und haben damit fast Erfolg. In seinen lichten Momenten widmet sich Neville der Forschung. Er will wissen, was dazu geführt hat, dass er der offenbar letzte Lebende auf dieser Welt ist.

Die wissenschaftliche Herangehensweise an den mythischen Draculastoff, den Matheson übrigens auch explizit zitiert, war seinerzeit neu. Neville unterscheidet zwischen körperlich und psychologisch wirksamen Waffen gegen Vampire. Ein beachtlicher Teil der Erzählung geht detailliert auf die biologischen Ursachen des Vampirismus ein. Das wirkt im Jahr 2007, in dem man durch diverse Vampirfilme bereits etliche pseudowissenschaftliche Erklärungen kennt, nicht mehr ganz aktuell, ja sogar überholt. Matheson sieht das genauso, denn er sagte unlängst in einem Interview zum I am Legend Archive: I don't know why Hollywood is fascinated by my book when they never care to film it as I wrote it. The book is dated, the idea is dated. It should have been made as is when the book was published. Now it's too late. Whatever they do with it will have a patina of antiquity about it.


Ganz soweit möchte ich nicht gehen. Die Idee vom einzigen Menschen auf der Welt ist zeitlos. Daniel Defoes Robinson Crusoe verarbeitet schließlich eine ähnliche Situation. Diesem Werk würde ein solcher Vorwuf sicherlich nicht gemacht werden. Eine derartige Angst, wie sie I am Legend beschreibt, wird in jeder Epoche verstanden, nicht zuletzt, weil es sich auch um eine leicht zugängliche Metapher für das Ausgegrenztsein handelt. - Der Kunstgriff von I am Legend besteht nun allerdings in der ironischen Herangehensweise, die Verhältnisse umzukehren: Der letzte Lebende unserer Welt wird zur Bedrohung der neuen Geschöpfe. "He is legend." War bei Stoker der Vampir der Gejagte, die Minderheit das Abnorme, so ist es bei Matheson der Mensch.

Auf der Rückseite der englischen Taschenbuchausgabe prangt ein Zitat von Stephen King: Matheson sei der Autor, der ihn am stärksten beeinflusst habe. Bücher wie I am Legend seien eine Inspiration gewesen. Es ist aber nicht nur das Thematische, auch der Stil erinnert an King: Kurze Sätze, prägnante Formulierungen und auch die typischen trivialliterarischen Momente verbinden King mit Matheson. Nur in einem Punkt schlägt Matheson King um Längen: Er weiß sich zu beherrschen und bläst den Plot nicht auf 800 Seiten auf.

I am Legend ist ein lesenswertes Juwel der fantastischen Literatur. Eine Dystopie, die den schweren Kampf gegen die Symptome von Einsamkeit schildert, verortet in einer post-apokalyptischen Welt ohne Menschen, in denen es von Vampiren wimmelt.

Donnerstag, Juni 14, 2007

Die glorreichen 7: Dritte Teile


In diesen Tagen laufen zahlreiche Filme an, die der dritte Teil einer Serie sind. Bereits letzten Sommer kamen wir in den zweifelhaften Genuss von X-Men: The Last Stand und Mission: Impossible III. Schon zu diesem Zeitpunkt hätte klar sein müssen, dass dritte Teile in der Regel wenig taugen. Bestätigt wurde dies nun in all seiner Gnadenlosigkeit durch Sam Raimis schmalzige CGI-Schlacht, die präpubertäre Pennäler mit ihrem formelhaften Actionbrei vielleicht beeindrucken kann, spätestens aber beim zweiten Anlauf sollte auch jedem Zwölfjährigen die dreiste Dämlichkeit dieser 258-Millionen-Dollar-Schmonzette aufgehen. Pirates 3 und Shrek the Third scheinen diese Regel zu bestätigen, und auch ein Blick in die Vergangenheit unterstreicht die Annahme: Lethal Weapon 3, Matrix 3, Scream 3, Back to the Future 3, Once Upon a Time in Mexico, Star Trek 3, Excorcist 3, Day of the Dead, TCM 3, Jaws 3-D, RoboCop 3, und Ginger Snaps 3 sind alle schwache oder arg enttäuschende Fortsetzungen ihrer Vorgänger.

Der Grund? Während man im Sequel noch lustig variieren und beschleunigen kann - dieselbe Formel also getrost ein zweites Mal zur Anwendung bringen kann, wird es beim dritten Teil kompliziert, denn nun sollte etwas wahrhaft Neues hinzugefügt werden. Sonst wird's schnell langweilig. Nur: Wenn es wahrhaft neu ist, dann ist der Film vielleicht nicht mehr als das zu erkennen, wofür er so beliebt war (Halloween 3, Mad Max 3). Häufiger ist allerdings der Abnutzungseffekt: der müde, uninspirierte Aufguss, der lediglich quantitativ eine Schippe drauflegt, ansonsten jedoch an kreativer Blutarmut krankt (Omen 3, Beverly Hills Cop 3).

Sogar das DVD-Cover sieht schlecht aus. Halloween III - Season of the Witch ist eine der miesesten Horrorfilmfortsetzungen der Filmgeschichte.

Nun gibt es natürlich auch löbliche Ausnahmen. Und um die soll es im Folgenden auch gehen - Schwarzmalerei überlasse ich lieber anderen.

Darf man der überwiegenden Mehrheit der Kritiker Glauben schenken, soll beispielsweise Steven Soderbergh, nach einem peinlichen Ausrutscher bei Teil 2, der dritte Teil seiner Ocean's-Serie wieder geglückt sein. Gespannt, wenn auch skeptisch, bin ich auf die Fortsetzung der Bourne-Reihe, die für September angekündigt ist. Noch misstrauischer, wenngleich mindestens ebenso neugierig, macht mich Teil 3 von Argentos Mutter-Trilogie, der laut imdb im Oktober auf dem Filmfestival in Rom uraufgeführt wird.

Doch los geht's mit den glorreichen 7!

7. Harry Potter and the Prisoner of Azkaban halte ich für den filmisch besten Teil der Serie. Alfonso Cuarón hat es gewagt, das Buch nicht Seite für Seite brav abzufilmen, sondern eigene Wege zu gehen, den Text zu interpretieren. Dramaturgisch, visuell und sogar schauspielerisch (Ausnahme die absolute Fehlbesetzung von Michael Gambon als Dumbledore) das reifste Werk der Reihe.

6. Army of Darkness beweist, dass Sam Raimi durchaus in der Lage ist, einen anständigen dritten Teil abzuliefern. Diese bizarre Mixtur aus Horror, Comedy und Fantasy ist in ihrer liebevollen Inszenierung voller Slapstick und Seitenhieben auf Genrefilme ein echter Kultfilm für Freunde von Horrorkomödien.

5. Star Wars: Episode III - Revenge of the Sith schlägt seine beiden Vorgänger um Längen. Keine dümmlichen Kinderfantasien (The Phantom Menace) und kein blamabel verkitschtes Liebesgedöns (Attack of the Clones) lenken vom Wesentlichen ab. George Lucas gelingt es, die einzelnen Storylines nahtlos mit Episode 4 zu verweben.

4. The Godfather: Part 3 sollte eigentlich kein dritter Teil, sondern ein Epilog mit dem Namen The Death of Michael Corleone werden, wäre es nach Francis Ford Coppola gegangen. Doch Paramount bestand aus kommerziellen Gründen auf die "Drei" im Titel. Zu Unrecht fristet dieser dritte Teil der größten Mafiatrilogie aller Zeiten ein Dasein im Schatten seiner zwei Vorgänger. Vielleicht war Sofia Coppola nicht die Idealbesetzung für Michaels Tochter. Nichtsdestotrotz handelt es sich um eine elegisch stimmende Fortsetzung, die die Atmosphäre von Teil zwei wunderbar aufgreift und weiterentwickelt.

3. The Lord of the Rings: The Return of the King ist zwar nicht mein Lieblingsteil der Trilogie (das ist Two Towers), dennoch komme ich nicht umhin, ihn auf dieser Liste weit oben einzustufen. Die Schlachten haben schon jetzt Kinogeschichte geschrieben. Diesem Fantasymeisterwerk verzeiht man gerne sein misslungenes, weil ewig in die Länge gezogenes, Ende.

2. Indiana Jones and the Last Crusade is Steven Spielberg at his best! Spannend und zugleich saukomisch zaubert er hier einen modernen Kreuzzug zweier von ihrer Arbeit besessener Archäologen auf die Leinwand, die sich mit ganz Nazi-Deutschland anlegen und - wie könnte es anders sein? - gewinnen. Eines der schönsten Hollywood-Märchen!

1. Once Upon a Time in America ist der dritte Teil von Sergio Leones Amerika-Trilogie. Die Musik, die Kamera, die Schauspieler, das Szenenbild, der Schnitt und nicht zuletzt das Drehbuch - hier greift jedes Teil perfekt ins nächste. Für mich nicht nur der mit Abstand beste dritte Teil, der je gedreht wurde, sondern vielleicht sogar das großartigste Stück Kino aller Zeiten.

Dienstag, Juni 12, 2007

Film noirs in Kürze: Zwei starke Frauen

Mildred Pierce beginnt mit einem Mord an einem Mann, der sich im Augenblick des Todes noch ein Wort von den Lippen ringt: "Mildred". Und Mildred Pierce (für die Rolle zurecht oscarprämiert: Joan Crawford) scheint anfangs auch die Hauptverdächtige zu sein. Auf dem Polizeirevier wird sie vernommen und ein Flashback von epischer Breite nimmt seinen Lauf, der das Leben der ehemaligen Hausfrau und Mutter von zwei Kindern in all seinen Höhen und Tiefen beschreibt. Wie sie sich von ihrem ersten Mann trennt, weil er der Meinung ist, sie würde die ältere Tochter Veda (Ann Blyth) zu sehr verwöhnen. Wie sie es fast im Alleingang schafft, eine erfolgreiche Restaurantkette zu gründen. Und wie sie zwischen ihren Verehrern laviert. - Mildred Pierce zeichnet das Bild einer starken Frau, die sich vom klassischen Rollenbild emanzipiert und dabei zunehmend männliche Charakteristika übernimmt. Crawford ist eine wahre Offenbarung und schafft es, ihrer Figur sowohl geschäftliche Härte als auch emotionale Betroffenheit zu verleihen, ohne dabei zu sehr ins Pathetische abzugleiten. Zwar weiß der aufmerksame Zuschauer schnell, wer tatsächlich für den Mord verantwortlich ist, aber das stört nicht, sondern gibt dem Melodram noch mehr Kraft. Mildred Pierce ist einer der kommerziell erfolgreichsten Filme der schwarzen Serie. Die Mischung aus Melodram und Krimi, die auf einem Besteller von James M. Cain (Double Indemnity) basiert, wird vom Casablanca-Regisseur Michael Curtiz stilsicher inszeniert und durch eine hochkarätige Besetzung zu einem wahren Noir-Genuss.
74 Punkte.

The Naked Kiss von Samuel Fuller ist ein Spätwerk des Film noir. Wie in Mildred Pierce steht eine starke Frau im Mittelpunkt des Geschehens. The Naked Kiss beginnt damit, wie die Prostituierte Kelly (Constance Towers) auf den Zuschauer einprügelt, der sich dann im Gegenschnitt als ihr Zuhälter entpuppt. Kelly setzt sich in ein kleines Dorf ab, wird dort Krankenschwester. Sie will für ihr früheres Leben moralische Wiedergutmachung leisten. All die Schatten, die ihre Vergangenheit auf ihr zukünftiges Glück werfen kann, umschifft sie klug. Bis Kelly plötzlich Zeuge von etwas völlig Unvorhersehbarem wird und im Zuge dessen ihren Verlobten umbringt. - Fuller führt uns hier an einer ganzen Reihe von Figuren vor, wie sehr Schein und Sein auseinander liegen. Die Puffmutter im Nachbarort, der Dorfpolizist, eine Kollegin von Kelly und auch ihr Verlobter entpuppen sich als anders, als sie vorgeben zu sein. Geschickt unterwandert Fuller auf diese Weise Stereotypen und Klischees, hält der Gesellschaft den Spiegel vor und zeigt ihr all die Verkommenheit unter der sauberen Oberfläche.
73 Punkte.

Montag, Juni 11, 2007

The Sopranos endet sensationell


David Chase hat es geschafft, die Sopranos auf eine Weise enden zu lassen, die wohl noch über Jahre wilde Spekulationen nähren wird. Denn (Vorsicht: Spoiler!) er hat die Serie einfach nicht enden lassen. (Ende Spoiler!) Am Schluss stehen eine ganze Reihe Fragezeichen, eigentlich weiß man gar nichts. Der letzte Kill der Serie hat gewissermaßen den Zuschauer zum Opfer. Matt Zoller Seitz analysiert und interpretiert die allerletzten 60 Minuten der Serie sehr treffend, fasst die wichtigsten Fragen zusammen und erklärt, warum das Unerwartete zu erwarten war. Auch in der Kommentar-Sektion des Blogs werden interessante Fragen gestellt. Der Artikel ist Fans hiermit empfohlen.

Natürlich gibt's die verstörende letzte Szene mittlerweile auch bei youtube zu bewundern. Ein Interview mit David Chase gibt es hier.

Samstag, Juni 09, 2007

Plädoyer für TV-Serien

In der heutigen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung befindet sich ein großartiger Artikel über das Verhältnis zwischen Kino und TV-Serien. Milan Pavlovic zeichnet den Weg nach, den US-Serien in der vergangenen Dekade genommen haben - hin zu mehr Qualität. Das Fernsehen biete inzwischen oftmals das bessere Kino:

Es ist in der jüngeren Vergangenheit oft darüber spekuliert worden, warum das Kino immer härter um seine Besucher kämpfen muss, und es sind viele Gründe dafür aufgeführt worden: die mäßigen bis schlechten Filme und die daraus folgende steigende Zahl der Enttäuschungen, die die Eintrittspreise plötzlich unverschämt hoch erscheinen lassen - selbst wenn sie im Vergleich zu Theater, Oper oder Konzerten gar nicht so unmäßig sind. Es war viel von iPods, Computerspielen und immer neuen Freizeitbeschäftigungen die Rede. Und das immer kleiner werdende Fenster zwischen Kino- und DVD-Auswertung tut sein Übriges: Wer geht schon mit einer fünfköpfigen Familie ins Kino, wenn er sich nicht sicher ist, was er dort für 40 Euro (exklusive Süßwaren) geboten bekommt, und vor allem, wenn der Film vier Monate später für eine kleine Leihgebühr auf DVD zu haben ist?

Hier geht's weiter...

Freitag, Juni 08, 2007

Film noirs in Kürze: Gilda & Lady in the Lake

Gilda hat, so scheint es mir, dem Drehbuchautor von Martin Scorseses Casino eine ganze Menge Anregungen gegeben. Denn die Geschichte um den gewieften Spieler und Emporkömmling Johnny Farrell (Glenn Ford), den eine Hassliebe mit der schönen Gilda (Rita Hayworth) verbindet, erinnert sehr an die "Romanze" zwischen Sharon Stone und Robert De Niro. Bei beiden Filmen bildet die glitzernde Welt der Nachtclubs und Casinos den Ort melodramatischer Irrungen und Wirrungen. - Gilda überrascht durch recht deutliche homosexuelle Untertöne in der Beziehung zwischen Johnny und seinem Lebensretter, Förderer und Boss Ballin Mundson (George Macready). Als sich Gilda in die bestens funktionierende Männerbeziehung drängt, ist die Katastrophe vorprogrammiert. - Ein Noir, der (ähnlich wie Hitchcocks Notorious) die Handlung außerhalb der USA, in Südamerika, ansiedelt und die Angst vor den frisch besiegten Nazis zu verarbeiten versucht, indem er Deutsche als Gangster auftreten lässt. Mit dem wohl beliebtesten Pin-up-Girl zur Zeit des Zweiten Weltkriegs in der weiblichen Hauptrolle beinhaltet Gilda für meinen Geschmack zu viel Sing- und Tanzeinlagen des Stars. Abgesehen davon eine gelungene Mischung aus Krimi und Melodram.
68 Punkte.

Lady in the Lake basiert auf einem Roman von Raymond Chandler und ist von der Erzählperspektive einzigartig: Wir folgen den Ermittlungen des "Private Dicks" Philip Marlowe (Robert Montgomery - führte auch Regie) ausschließlich aus dessen subjektiver Perspektive. Die Kamera trennt sich nur einige wenige Male von diesem POV, nämlich dann, wenn sich Marlowe als Erzähler einschaltet. Das ist eine beachtliche ästhetische Entscheidung, die in ihrer gnadenlosen Konsequenz Respekt verdient. Leider ist eine solche Erzählweise, die innerhalb einzelner Szenen völlig auf (deutlich erkennbare) Schnitte verzichtet, auch das größte Manko. Denn viele Momente ziehen sich sehr in die Länge, erzeugen zumindest beim heutigen Zuschauer wohl eher Langeweile als Spannung. Marlowe wird beauftragt, die verschwundene Frau eines Verlegers ausfindig zu machen und gerät - wie könnte es anders sein? - in ein Netz aus Liebe, Betrug und Korruption. Montgomery ist eindeutig der schwächste Marlowe-Darsteller. Man nimmt ihm die Ruppigkeit der Figur nicht ab. Auch der Fall selbst ist nicht gerade ein Reißer. Betrachtet man Lady in the Lake jedoch als inszenatorisches Experiment, so ist er durchaus genießbar.
63 Punkte.

Mittwoch, Juni 06, 2007

Film noirs in Kürze: Zwei Privatschnüffler

The Maltese Falcon: Hier kommen wir zu einer der größten Enttäuschungen, die ich im Laufe meiner Noir-Sichtungen erfahren habe. Mit etlichen Vorschusslorbeeren bedacht, gilt dieses Frühwerk aus dem Jahr 1941 als eines der besten Werke der schwarzen Serie. Viele Noir-Fans halten ihn gar für den größten Film, den diese Epoche hervorgebracht hat. Ich zähle nicht zu diesen Stimmen. Sicherlich: Die bereits dritte Verfilmung von Dashiell Hammetts Groschenroman ist die filmisch anspruchsvollste, schauspielerisch ausgereifteste, kurz: künstlerisch gelungenste. Regisseur John Huston entlockt dem Stoff die Untertöne, die in den zwei vorangegangenen Fassungen ignoriert wurden. Dennoch: Würde ein solch selbstverliebtes Drehbuch, das mit seinen unzähligen 'Twists and Turns' den Zuschauer aus purer Zeitschinderei über weite Strecken an der Nase herumführt, heute verfilmt, es würde vom Großteil der Kritik zerfetzt werden. Und zwar zurecht! Denn etwas anderes als eine Fingerübung in der Kunst des verschachtelten Erzählens, ist The Maltese Falcon handlungsstrukturell gewiss nicht. Die artifiziellen Dialoge verbunden mit Bogarts präzisem Schauspiel sowie die Leistungen der Nebendarsteller (Peter Lorre und Sydney Greenstreet sind hier insbesondere hervorzuheben) lassen die Geschichte um den wahrscheinlich bekanntesten MacGuffin der Filmgeschichte, den Malteser Falken, noch zu einem durchaus sehenswerten Krimi werden, dessen Einfluss auf spätere Noirs ich gar nicht in Abrede stellen will. Ein Meisterwerk ist The Maltese Falcon entgegen landläufiger Meinung allerdings nicht.
68 Punkte
.

Kiss Me Deadly: Ist Humphrey Bogarts Sam Spade gewissermaßen der Prototyp des Privatdetektivs zu Beginn der Noir-Ära, stellt Ralph Meekers Mike Hammer den Endpunkt dar. Sam Spade war ein wendiger Denker, Hammer ist ein eitler Egoist und Zyniker, der das Denken den Anderen überlässt. - Eines Nachts rennt Hammer eine aus einem Irrenhaus Geflüchtete vor seinen Sportwagen. Er nimmt sie mit, deckt sie vor der Polizei und wird schließlich von finsteren Gestalten überwältigt, die das Mädchen erst foltern und töten, dann die Leiche und den narkotisierten Hammer in seinem Jaguar einen Abhang herunterrollen lassen. Wie durch ein Wunder überlebt Hammer und setzt nun alles daran, den Grund für die grausame Tat herauszufinden. - Kiss Me Deadly von Robert Aldrich ist ein Feuerwerk für die Sinne. Das beginnt mit der schnellen, unerwartet actionreichen Pre-Credit-Sequenz und setzt sich durch ein hohes Erzähltempo sowie den ausgiebigen Einsatz von Gewalt fort. Rattennest (deutscher Titel) ist bis heute mit einem FSK-18-Siegel versehen, etwas, das man von einem Fünfzigerjahrefilm nicht unbedingt erwartet. Mike Hammer ist ein Vorläufer moderner Actionhelden. Ein Narzisst, der keinerlei Interesse an Kunst und Kultur pflegt, dafür auf schnelle Autos und schöne Frauen abfährt und beide für seine Zwecke zu benutzen versteht. Die geheimnisvolle Kiste, die hier eine Zeitlang als MacGuffin fungiert, stellt eine reale und zeitgemäße Bedrohung dar - der Malteser Falke war nicht bedrohlich, bei ihm ging die Gefahr nur von den Mächten, die um ihn kämpften, aus. Mit Kiss Me Deadly ist der Film noir auf allen Ebenen drastischer, brutaler und schonungsloser geworden. Ein Reflex auf die Nachkriegszeit?
76 Punkte.

Dienstag, Juni 05, 2007

Kurzfilme von Nash Edgerton

Ich bin gerade über die Kurzfilme von Nash Edgerton gestolpert. So müssen Kurzfilme sein: Prägnant und mit einer beißenden Pointe am Ende! Edgerton ist Stuntman und hat in Hollywoodgroß-
projekten wie The Matrix und Star Wars: Episode III mitgewirkt. In Episode III war er beispielsweise das Stunt Double von Ewan Mcgregor. In den Kurzfilmen spielt er nicht nur selbst, sondern führt auch Regie und erledigt den Schnitt. Hier gibt's jetzt via youtube Lucky zu sehen. Wen das heiß macht auf mehr, dem sei dieser Link zu Spider empfohlen.


100 Movies 100 Quotes 100 Numbers

Hier etwas für Zahlenfetischisten: In einer Art Countdown hat ein youtube-User hundert Filmzitate aneinandergereiht. Der Witz: Es handelt sich um Szenen, bei denen Zahlen eine zentrale Rolle spielen. Ist das in irgendeiner Weise sinnvoll? Nö, aber das Filmchen ist trotzdem irgendwie sympathisch...



Montag, Juni 04, 2007

Film noirs in Kürze: Key Largo & The Killers

Key Largo: Frank McCloud (Humphrey Bogart) besucht das Hotel des Vaters (Lionel Barrymore) eines gefallenen Kriegskameraden in Key Largo. Doch Gangsterboss Johnny Rocco (Edward G. Robinson) hält es mit seiner Bande besetzt, um dort dubiose Geschäfte abwickeln zu können. - Großartiges Kammerspiel, bei dem sich Bogart und Robinson einen wahren Schauspielwettkampf liefern. Fischgesicht Robinson gewinnt nach meinen Dafürhalten zwar knapp nach Punkten, dafür gibt Bogart in keiner seiner Noir-Rollen einen ruhigeren, ja beinahe weisen Helden. Manche Szene im vom Hurricane bedrohten Hotel zieht sich lange hin, testet unsere Ausdauer und platziert uns so geschickt in die Mitte der Geiseln des Hotels, für die jede Minute einer Ewigkeit gleicht. John Huston ist mit Key Largo vielleicht kein Meisterwerk gelungen, aber ein bis heute überaus spannender Thriller.
72 Punkte.



The Killers: Basierend auf einer Hemingway-Shortstory erzählt Robert Sidomaks The Killers die Geschichte des Schweden Ole Andersen (Burt Lancaster). Der Schwede wird von zwei Profikillern ohne ersichtliches Motiv eines Nachts umgebracht und Versicherungsschnüffler Jim Reardon (Edmund O'Brien) wird beauftragt, den Vorfall zu untersuchen. Könnte ein ungelöster Raubüberfall, der Jahre zurückliegt, der Grund für den kaltblütigen Auftragsmord gewesen sein? - The Killers ist von Anfang bis Ende ein Genuss! Natürlich fußen nur die ersten elfeinhalb Minuten auf Hemingways Kurzgeschichte. Diese sind aber tatsächlich so nah am Originaltext, wie man es filmisch wohl nicht näher schaffen kann: Die lakonischen, wortkargen Dialoge, die fatalistische Stimmung - Sidomak trifft sie punktgenau. Was anschließend folgt, ist jedoch ebenfalls sehenswert, auch wenn es mit Hemingways Text nichts mehr zu tun hat. Eine Vielzahl von Rückblenden verleiht der Andersenfigur nach und nach Konturen. Es gibt auch eine fabelhafte Einbruchszene zu bestaunen, die in einer gut zweiminütigen Kamerafahrt den Überfall auf das Büro einer Hutfabrik zeigt. Diese Mischung aus 'Realitätsnähe' einerseits und minutiöser Planung im filmtechnischen Entstehungsprozess andererseits halte ich ja für den künstlerischen Gipfel, den es vom Regisseur zu erklimmen gilt. Sidomak beweist sich hier als außergewöhnlicher Bergsteiger.
83 Punkt
e.

Freitag, Juni 01, 2007

TV: Frühstück mit einer Unbekannten


Es ist schon raffiniert von SAT.1, kurz bevor der G8-Gipfel in Heiligendamm beginnt, einen TV-Film über eben jenes politische Großtreffen zu senden. Die Castingliste löst beinahe Ehrfurcht aus: Julia Jentsch, Jan Josef Liefers, Iris Berben, Jürgen Heinrich und (in einem Kurzauftritt) Catherine Deneuve geben sich die Ehre.

Der Grund für die Teilnahme der ersten Garde deutscher Schauspieler erklärt sich allerdings in erster Linie durch die philanthropische Natur des Films, in dem die 28-jährige Hebamme Gina (Julia Jentsch) mit dem schüchternen und arg tollpatschigen Regierungsreferenten Laurens (Liefers) nach Heiligendamm fährt und dort im Kreise der Mächtigen eine Lanze für die Armen dieser Welt bricht.

Diese Mischung aus Schmonzette und Politdrama misslingt leider völlig. So ehrenwert das Ansinnen der Macher auch gewesen sein mag, die Romanze zwischen Gina und Laurens langweilt durch hohle Dialoge und peinlichen Slapstick. Jentsch und Liefers tun ihr Möglichstes, um dieser Lehrveranstaltung in Sachen Dritte Welt Leben einzuhauchen - erfolglos. Dabei stören nicht so sehr die stereotypen Figuren und die Vorhersehbarkeit des Plots, welcher freilich im süßlichen Happy End gipfeln muss. Vielmehr stößt das Predigthafte bitter auf.

Ich habe bei all den Berichterstattungen der letzten Tage ohnehin den Eindruck, dass die Mehrheit der Menschen vergessen zu haben scheint, was der G8-Gipfel eigentlich ist. Da wird gern so getan, als sei dieses Treffen, das dafür gegründet worden ist, um Geschäfte zu vereinbaren, dazu da, die Rettung der Welt zu beschließen. Und diese, meines Erachtens komplett unrealistische und blauäugige, Auffassung vertritt auch Frühstück mit einer Unbekannten.

Man könnte das nun als Märchenstunde abtun, die wenigstens einem guten Zweck dient, denn Schauspieler und Crew stifteten ihre Gage SOS-Kinderdörfern und direkt nach der Ausstrahlung wurde um Spenden gebeten. Nur warum hätte man das nicht ehrlicher machen können, wenn man sich schon einen realen Bezugspunkt für die Handlung aussucht? Den Ansatz halte ich für durchaus begrüßenswert, die Umsetzung allerdings für komplett misslungen.

Ich kenne zwar die britische Vorlage (The Girl in the Café) nicht, die vor zwei Jahren im Zuge der G8-Konferenz im schottischen Gleneagles vom BBC produziert wurde und aus der Feder Richard Curtis' (Four Weddings and a Funeral) stammt. Laurens wirkt aber wie ein deutsches Abziehbild einer Hugh-Grant-Figur. Und auch die gesamte Atmosphäre dieses SAT.1-Films atmet den Geist britischer Romantic Comedies der Neunziger. Jetzt wissen wir wenigstens: Britische Komödien funktionieren nur auf der Insel!

3,69 Millionen haben sich Frühstück mit einer Unbekannten am vergangenen Mittwoch angesehen. Ein beachtlicher Quotenerfolg. Schade nur, dass der Film so propagandistisch geraten ist.