Also mit 50 Prozent ist man ja nun noch kein richtiger Hippie, oder?
In der Berliner OV-Sneak lief Ang Lees neues Filmchen bereits, wie man bei Alfons nachlesen kann. Demnächst gibt's ihn dann auch für die normalen Kinogänger....
Freitag, August 28, 2009
Donnerstag, August 13, 2009
Film noirs in Kürze:
Mystery Street & The Naked City
Mystery Street: Der Mord an Vivian Holden (Jan Sterling) wird in diesem "CSI-Noir" (Regie: John Sturges) sechs Monate nach ihrem Tod mit modernen Methoden der Zeit rekonstruiert. Alles, was der zuständige Lieutenant Moralas (Ricardo Montalban) zu Beginn seiner Untersuchung hat, ist ein Häufchen Knochen, das am Strand gefunden wurde. Moralas wendet sich schlauerweise an das Institut für Rechtsmedizin in Harvard. Der dortige Fachmann Dr. McAdoo (Bruce Bennett) kann innerhalb kurzer Zeit Geschlecht, Alter, Zeitpunkt des Todes und den Beruf der Toten bestimmen. Das überrascht sogar den heutigen CSI-geschulten Zuschauer. Die beeindruckenden Methoden des Dr. McAdoo sind um einiges bodenständiger und nachvollziehbarer als die hypermodernen DNA-Analysen und sonstigen Tricks gegenwärtiger Kriminaltechniker. Das verleiht Mystery Street eine angenehme Aufrichtigkeit und löst in manch einem Rezipienten womöglich nostalgische Gefühle aus. Doch leider ergibt sich aus der Erzählstruktur des Films ein Spannungsproblem: Da die Identität des Täters schon relativ früh klar ist, wirken die detektivischen Arbeiten Lieutenant Moralas' in der zweiten Hälfte eher einschläfernd als spannungserzeugend. Einen solch dämlichen Kommissar habe ich in Film noirs selten erlebt. Hinzu kommt, dass es keine echte Femme fatale gibt. Sicherlich ist die verschlagene und leicht neurotische Mrs Smeerling (Elsa Lanchester) eine überaus zwielichtige Figur. Ihr fehlt aber das nötige Maß an sexueller Attraktivität, um Männer zu manipulieren. Deshalb muss sie auf andere Mittel zurückgreifen. - Insgesamt ein bedingt empfehlenswerter kleiner Film aus der Blütezeit der schwarzen Serie, der gute Werbung für Harvard macht, durch seine altertümliche Kriminaltechnik begeistern kann, jedoch teilweise zu umständlich erzählt, um durchgehend bei Laune zu halten.
63 Punkte.
The Naked City zählt wie T-Men und He Walked by Night zur Kategorie der Doku-Noirs, die Ende der 40er Jahre populär wurden. Komplett an Originalschauplätzen in New York gedreht, darf man in diesem Jules-Dassin-Film auf Skyscraper-Baustellen weilen, miefige Boxbuden von innen kennenlernen und natürlich die Stadt New York bei Tag und Nacht erleben. Immer wieder betont der allwissende Off-Erzähler, der von manchen Kritikern als die Seele der Stadt selbst verstanden wird, New York habe acht Millionen Einwohner (eine Zahl, die sich erstaunlicherweise bis heute nicht gravierend verändert hat!). Die Schwierigkeit der Polizei beim Fassen von Mördern soll auf diese Weise unterstrichen werden, denn die Anonymität der Großstadt ist das eigentliche Thema des Films. Obwohl die ermittelnden Beamten schnell einen Kreis von Verdächtigen im Mord gegen das blonde Model Jean Dexter ausgemacht haben, fällt es ihnen schwer, sich im Großstadt-Dickicht zu orientieren. Wie sich herausstellt, hängt der Mord mit ausgefeilten Juwelendiebstählen zusammen. - The Naked City überzeugt durch den mitunter rasanten Schnitt und die wunderschön abgefilmte Stadt. Hierfür gab es im Jahr 1949 jeweils einen Oscar. Aber auch die verwobene Story weiß zu überzeugen (Oscarnominierung). Lediglich schauspielerisch gibt es etwas auszusetzen: Don Taylor als Detective Halloran wirkt insbesondere zu Beginn sehr hölzern und Barry Fitzgerald als Lt. Muldoon fischt zu häufig nach billigen Lachern. Das fällt aber kaum ins Gewicht, denn beide Akteure haben auch ganz großartige Szenen. So verlangt Hallorans Ehefrau einmal von ihrem Gatten, er solle doch den Sohn verprügeln, weil dieser erneut unerlaubt auf die Straße gerannt sei. Halloran windet sich, um dies nicht tun zu müssen und erwidert auf das Drängen seiner Frau, es stehe doch nirgends geschrieben, dass dies der Mann im Hause tun müsse. Ein schöner Kommentar auf die zeitgenössische Vorstellung von Erziehung und die damit zusammenhängenden Geschlechterrollen.
65 Punkte.
Sonntag, August 09, 2009
Die glorreichen 7: Sopranos-Folgen
In den vergangenen Wochen habe ich mir die gesamten Sopranos ein zweites, zum Teil sogar ein drittes Mal angesehen. Eine überaus lohnende Zeitinvestition, denn bei einer erneuten Sichtung kann man sich auf Feinheiten konzentrieren. Die Hauptaufmerksamkeit muss nicht mehr dem verwobenen Plot mit seinen unzähligen Figuren gewidmet werden. Stattdessen kann bewusst auf Vorausdeutungen geachtet werden. Es können schauspielerische Nuancen wahrgenommen, Kameraführung und Schnitt eher analytisch betrachtet werden. Und nach fast jeder Folge stellt man bei den Sopranos fest: Die Episode ist so kunstvoll geschrieben, bebildert, gespielt und geschnitten – es wären zwei oder drei weitere Durchgänge notwendig, um sie in ihrer Komplexität wirklich zu durchdringen. Wann kann man das schon über eine Fernsehserie sagen? Mein Güte, wann kann man das über einen Film sagen?
Im Grunde sind die Sopranos ohnehin der Gattung des Spielfilms näher als der der TV-Serie. Der behäbige Erzählgestus, überhaupt das entschleunigte Tempo, mit der sich die Handlung entfaltet, steht eindeutig in der Tradition des klassischen Erzählkinos. Jede einzelne Folge ist wie ein kurzer Independentfilm. Mit gewöhnlichem TV-Serien haben die Sopranos nicht viel gemein.
David Chase: Das Genie hinter der Kamera. Chase schuf die Serie und hat offiziell dreißig Episoden geschrieben. Ohne sein Placet wurde jedoch kein final draft realisiert. Zur spektakulären letzten Szene der Serie sagte er in einem Interview: "I have no interest in explaining, defending, reinterpreting, or adding to what is there."
Natürlich zollen die Sopranos der Godfather-Reihe ordentlich Tribut. Erfolgen in den ersten Episoden die Hommagen an den Paten noch häufig und überaus plakativ (z. B. durch offen ausgesprochene Zitate), reduziert sich die Anzahl derartiger Anspielungen im weiteren Verlauf. Nun werden sie eher motivisch integriert (z. B. Pferde-Handlung in Staffel 4). Die Sopranos reifen also mit der Zeit, werden immer erwachsener. In Staffel 5, zu einem Zeitpunkt, an dem die Macher nichts mehr zu befürchten brauchten, weil die Serie erfolgreicher war, als man je zu träumen gewagt hatte, begann man zu experimentieren und Grenzen auszuloten. So testet eine knapp 25-minütige Traumsequenz, die in einer Vielzahl aneinandergereihter Kurzszenen einmal mehr Tonys kompliziertes Unterbewusstsein abbildet, sicherlich auch die Nerven manch eines hartgesottenen Sopranos-Fans. Derartiges traute man sich nicht einmal in Six Feet Under, einer HBO-Serie, die ausgiebige Traumsequenzen von Beginn ins Konzept eingebaut hatte.
Um aus den insgesamt 86 Folgen – die Serie hat eine Gesamtspielzeit von fast 4600 Minuten, also nicht ganz 77 Stunden – die besten zu bestimmen, habe ich jede einzelne Folge mit einer Punktzahl zwischen 1 und 10 bewertet. So ist es mir nicht nur möglich, die glorreichen 7 zu bestimmen, ich kann auch die Staffeln in eine Reihenfolge bringen, indem ich den jeweiligen Punkte-Mittelwert bilde. Allerdings liegen die sechseinhalb Staffeln allesamt eng im Achtpunktebereich beieinander. Knapper Spitzenreiter ist Season 3.
Folge 6.07: Luxury Lounge
Nach einem beinahe experimentell langsamen Staffelauftakt, der sich vor allem mit Tonys Komaträumen befasste, ist Luxury Lounge die erste Episode dieser Season, in der recht viel geschieht – wenn auch nicht bezüglich der Haupterzählstränge. Doch das macht diese Folge in meinen Augen sehr sympathisch. Denn hier kann eine Hintergrundfigur endlich aufspielen: Artie Bucco, der Chefkoch: eine so wundervoll realistische Figur in diesem Zoo übergroßer Mafiagestalten! Artie kämpft in Luxury Lounge erneut mit seinen Gefühlen gegenüber einer attraktiven Angestellten, versucht verzweifelt seine Empfindungen herunterzuschlucken. Doch es gelingt ihm nicht und er provoziert einen Streit mit einem kleinen Soldaten. Auch die B-Handlung ist exzellent: „Filmproduzent“ Christopher reist mit Carmine nach L.A. Dort will er Ben Kingsley die Rolle des Bosses in seinem Mafia-Slasher „Cleaver“ aufschwatzen. Es misslingt. In einer unglaublichen Szene überfällt er deshalb Lauren Bacall und beraubt sie ihrer wertvollen Sponsoren-Geschenke. Eine fantastische Folge. Fuuack.
Folge 3.01: Mr. Ruggerio's Neighborhood
Alle Season-Openings hätten es verdient, in dieser Liste aufzutauchen. Erwähnt sei an dieser Stelle die eindringliche Montage zu Beginn von Staffel 6, die zu den poetischen Worten William H. Burroughs und lässiger Trance-Musik das Jahr zusammenfasst, welches seit dem Ende von Staffel 5 vergangen ist. Die erste Episode von Staffel 3 nimmt als erste und einzige überwiegend die Perspektive der FBI-Agenten ein. Um einen Rico-Fall gegen Tony Soprano eröffnen zu können, muss Beweismaterial gesammelt werden. Dafür will das FBI eine Wanze in sein Anwesen einschleusen. Deshalb werden Tony und seine Familie inklusive der Haushälterin rund um die Uhr überwacht. Schließlich wird nach gründlicher Analyse eine Tischlampe aufwendig nachgebaut und in Tonys Villa ausgetauscht. All diese Aktionen werden in ihrer Inszenierung natürlich ironisch gebrochen. Die Verfolgungen, Überwachungen, Einbrüche, Analysen und Methoden des FBI werden in ihrem Perfektionismus lächerlich gemacht. Einige Folgen später wird der teure Coups des FBIs quasi nebenbei komplett ad absurdum geführt. Nichtsdestotrotz bereitet es einen Heidenspaß, den Gegnern Tonys bei der Arbeit erstmals über die Schulter gucken zu dürfen.
Folge 2.07: D-Girl
Als D-Girl („Development Girl“) bezeichnet man in der Film-Predproduction eine Frau, die nach Filmstoffen für Drehbücher Ausschau hält und Kurzfassungen von Scripts verfasst. Chris verfällt in dieser Episode einem solchen D-Girl, während A.J. etwas tut, was völlig untypisch für ihn ist: Er macht sich Gedanken. Und zwar nicht irgendwelche, nein, existenzialistische Gedanken zu Nietzsches Schriften! Natürlich wird Christopher ausgenutzt und natürlich löst A.J. keine philosophischen Grundfragen, sondern wird beim heimlichen Kiffen erwischt. Wie heißt es so schön in The Black Dahlia: „Hollywood fucks you when no-one else will!“ Diese Lektion lernt Christopher Molitsanti in doppelter Hinsicht.
Folge 4.09: Whoever Did This
Als Ralphies Sohn im Garten mit Pfeil und Bogen Lord of the Rings spielt, trifft ihn ein Pfeil und verletzt ihn lebensbedrohlich. Ralph ist am Boden zerstört. Dennoch glaubt Tony, dass Ralph für den Brand im Stall seines geliebten Rennpferdes Pie-O-My verantwortlich ist und zieht ihn dafür (und für all seine anderen Vergehen) zur Rechenschaft. Der wahrscheinlich brutalste Zweikampf der Serie ist die Folge: eine dreckige Prügelei in einer geräumigen Küche, bei der reichlich Küchenutensilien zum Einsatz kommen. Ralph unterliegt Tony und seine Leiche wird von Tony und dem vollgedröhnten Chris entsorgt. – In Whoever Did This kulminieren viele Erzählstränge der letzten Folgen, werden zu einem unerwartet plötzlichen Abschluss gebracht. Gleichzeitig wird geschickt das Fundament für die weitere Entwicklung zwischen Tony und Chris gelegt. Ein fantastisches Drehbuch, das die psychologisch ausgefeilten Charaktere glaubwürdig an ihr Limit treibt und dadurch Spitzenleistungen aus den Schauspielern herauskitzelt. Joe Pantoliano at his best!
Folge 1.01: Pilot
Wie der geniale David Chase in einem Interview auf der DVD erklärt, besteht der Witz der Serie darin, dass der Gangsterboss eine Psychotherapie beginnt, weil er den Egoismus um sich herum nicht mehr ertragen kann. Tony Soprano, der egozentrischste aller Gangster, das absolute Alphamännchen, leidet unter dem, was ihn zu dem macht, was er ist. Der Pilot der Sopranos schafft es ganz wunderbar, uns direkt in die Unterwelt New Jerseys einzuführen, die wichtigsten Figuren vorzustellen und die Ausgangssituation (Boss leidet unter Panikattacken) glaubhaft zu etablieren. Das meiste davon wird in einem Rückblick erzählt, als Tony bei seiner Therapeutin Dr. Melfi sitzt und sich windet, um nicht zu viel auszuplaudern. Der ironische Blick auf die Gangsterwelt ist hier zwar noch dicker aufgetragen als in späteren Episoden, doch das schadet nicht, denn es macht von Beginn an deutlich, wohin die Reise gehen wird. Neben der letzten Folge ist diese die einzige, bei der David Chase persönlich Regie führte. Schon hier wird deutlich, wie raffiniert Chase Musik zum Erzählen einzusetzen versteht.
Folge 1.05: College
Tony und Maedow reisen nach Maine, um sich Colleges anzusehen, die Maedow besuchen könnte. An einer Tankstelle erkennt Tony einen alten Bekannten, der ins Zeugenschutzprogramm gegangen ist. - College ist eine einzigartige Folge, weil sie im Kern losgelöst von übergreifenden Handlungssträngen steht. Man kann diese Episode sehen, ohne die Figuren der Sopranos zu kennen. Sie hat ihren eigenen Spannungsbogen samt Auflösung. Etwas, was für die Sopranos eher untypisch ist. College ist aber auch eine der am schönsten beleuchteten Episoden. Es hat den Anschein, als ob David Chase hier einen kleinen Film Noir drehen wollte. Die Low-Key-Beleuchtung ist jedenfalls von atemberaubender Eleganz und erzeugt eine visuelle Dynamik, die zur Spannung von College maßgeblich beiträgt. Ein echter Leckerbissen.
Folge 3.11: Pine Barrens
Pine Barrens (Regie: Steve Buscemi) ist nicht nur ein komödiantischer Höhepunkt der Serie, die Folge legt auch die Verlogenheit einer wesentlichen Mafiosi-Eigenschaft frei. - Chris und Paulie müssen sich unvorbereitet im eisigen Wald durchschlagen, nachdem der Mord an einem russischen Ex-Elitesoldaten schiefgegangen ist. Die zwei verlaufen sich und sind gezwungen, ohne Ausrüstung und Verpflegung bei tiefen Temperaturen im verschneiten Wald zu übernachten, ja zu überleben. Zunächst noch durch ihren gemeinsamen Groll auf den widerborstigen Russen im Geiste vereint, zerstört der Überlebenswille all die familiären Bande und sät Misstrauen und Hass gegenüber dem anderen. Innerhalb kürzester Zeit sind die hehren Mafia-Werte nichts mehr wert. Eindrucksvoll beweist Buscemi in Pine Barrens sein Talent fürs Komische auch hinter der Kamera. Keine andere Folge spielt den schwarzen Humor der Sopranos so konsequent aus. Besser geht’s nicht.
Freitag, August 07, 2009
Die Rückkehr der glorreichen 7
Nach fast zweijähriger Pause in der Rubrik der glorreichen 7 wird es in Kürze endlich eine Fortsetzung geben! Thema: Sopranos-Folgen. Der Text ist zum Teil schon geschrieben. Ich muss nur noch die letzten acht Episoden der letzten Staffel erneut sichten, bevor ich mein endgültiges Urteil mit voller Überzeugung fällen kann. Ich hoffe, dies am Wochenende zu schaffen, sodass spätestens Ende nächster Woche die glorreichen 7 wiederauferstehen können. Da seit dem 14. August 2007, als ich die sieben größten Beerdigungen auszeichnete, in dieser Sparte nichts mehr geschehen ist, habe ich mir den 14.08. als Deadline gesetzt. Sollte ich diesen Termin nicht einhalten, werde ich zu meiner Strafe einige DVDs aus meiner Sammlung verlosen.
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