Heute zweimal Philip Marlowe!
Zunächst Murder, My Sweet: Privatdetektiv Marlowe (Dick Powell) wird vom Koloss und frisch entlassenen Knacki Moose Malloy (Mike Mazurki) beauftragt, seine alte Freundin zu finden. Gleichzeitig ermittelt Marlowe den Raub einer wertvollen Jadekette, die der lasziven Helen Grayle (Claire Trevor als Femme Fatale) gestohlen wurde. Man muss kein Genie sein, um zu erraten, dass diese zwei Fälle irgendwie miteinander verbunden sind. Zwischendrin einige dubiose Gestalten, die den letztlich recht simplen Fall Chandler-typisch verkomplizieren. - Keine Frage: Chandlers Dialoge grenzen streckenweise an Poesie. Ebenso die Voiceover-Kommentare, die er Marlowe in den Mund legt. Und auch die kriminologischen Verflechtungen sind smart. Aber auf mich wirkt das im Fall von Murder, My Sweet etwas kühl und unpersönlich. Powell erreicht auch nicht annähernd das Format eines Humphrey Bogart. Und so bedient Murder, My Sweet den Noir-Liebhaber zwar mit den Ingredienzen des Genres, war aufgrund seines Entstehungsjahres 1944 sogar in hohem Maße stilbildend, ist letztlich aber trotz passablem Unterhaltungswertes insgesamt etwas fad.
67 Punkte.
The Big Sleep ist da von einem anderen Kaliber! Hier erleben wir Humphrey Bogart in der Rolle des brüsken Privatschnüfflers Philip Marlowe. Schwitzend nimmt Marlowe bei reichlich Alkoholgenuss in einem stickigen Gewächshaus seinen Auftrag von einem alten, an einen Rollstuhl gefesselten, General entgegen. Eine Szene, deren Einfluss auf The Big Lebowski sich mir erst rückwirkend erschloss. Die zwei heißen Töchter des Generals (Martha Vickers und Lauren Bacall) sowie der obskure Buchhändler Geiger (Theodore von Eltz) und ein Casinobesitzer (Joe Ridgely) sind die wichtigsten Protagonisten in dem Fall. Geiger stirbt dann auch ziemlich schnell und so dreht es sich nunmehr um die Frage, wer ihn aus welchem Motiv umgebracht haben könnte. Doch der Plot wird zunehmend konfus. Das schadet aber nicht, weil jede Szene durch ihre eigene Kraft fesselt. Auch wenn die Handlung verworren und unlogisch erscheint, bleibt das Knistern zwischen Bogart und all den anderen fabelhaften Darstellern, die durch Howard Hawks präzise Regie nicht besser hätten in Szene gesetzt werden können. Bei diesem Film ist der Weg das Ziel! Wer nun der Mörder in The Big Sleep ist, das wisse nicht einmal Raymond Chandler, warf der US-Kritiker Leonard Maltin dem Film vor und gab ihm anschließend trotzdem seine Höchstwertung.
80 Punkte.
2 Kommentare:
Also bitte, du kannst doch nicht Leonard Maltin - Mr. Inkompetenz in Person - zitieren, das hast du gar nicht nötig. *gg*
Hast du mal den DC bzw. die ursprüngliche Fassung von THE BIG SLEEP gesehen (auf der US-DVD enthalten)? Denn was alle dem Film ja immer vorhalten, er sei zu konfus etc., ist ja streng genommen nur der Trick eines Regisseurs, der eigentlich einen völlig logischen und in sich schlüssigen Film inszeniert hat. Tatsächlich ergibt alles in THE BIG SLEEP einen Sinn - nur wäre das womöglich zu langweilig und so wurde er bewusst verkompliziert, was Hawks später zumindest sagte.
Ich finde den Film übrigens nett, aber keinen Vergleich zu THE MALTESE FALCON. ;-)
Also bitte, du kannst doch nicht Leonard Maltin - Mr. Inkompetenz in Person - zitieren, das hast du gar nicht nötig. *gg*
Danke für dieses zweifelhafte Kompliment ;-) Ich habe Maltin angeführt, weil er meine Sicht auf den Punkt bringt: Konfus aber trotzdem gut.
Hast du mal den DC bzw. die ursprüngliche Fassung von THE BIG SLEEP gesehen (auf der US-DVD enthalten)?
Nein, ich hab die kürzere Fassung gesehen.
Tatsächlich ergibt alles in THE BIG SLEEP einen Sinn - nur wäre das womöglich zu langweilig und so wurde er bewusst verkompliziert, was Hawks später zumindest sagte.
Ich habe den Film erst einmal gesehen, werde ihn mir sicherlich ein zweites Mal gönnen. Dann vielleicht im DC. Jedenfalls lässt sich kaum abstreiten, dass der Film für Erstseher einige Verständnishürden beim Plot bereithält. Aber das ist ja typisch für Chandler...
Ich finde den Film übrigens nett, aber keinen Vergleich zu THE MALTESE FALCON. ;-)
...und im Fall von The Maltese Falcon völlig übertrieben worden. Mir liegen diese künstlichen Verkomplizierungen nicht...du ahnst, warum The Maltese Falcon von allen Bogart-Filmen meine schlechteste Bewertung abbekommen wird ;-)
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