
Ian Christie ist der Experte, wenn es um die Filme der Archers, also des Duos Michael Powell und Emeric Pressburger, geht. Unter den in den vergangenen sechs Jahren erschienenen Powell und Pressburger DVDs befindet sich kaum eine, auf der Christie nicht in Form eines Interviews, Commentary Tracks oder beiliegenden Essays die Bedeutung des jeweiligen Werkes filmhistorisch einordnet. Christie lehrt an der Londoner Birkbeck Universität Film- und Mediengeschichte und publizierte 1985 das erste Buch über das Werk der zwei britischen Kinomacher. 1994 erschien die überarbeitete 2. Auflage, die bis heute erhältlich ist und die die sekundärliterarische Basis für die Beschäftigung mit Powell und Pressburger darstellt: Arrows of Desire - The Films of Michael Powell and Emeric Pressburger.
Die 163-seitige Schrift eröffnet mit einem Vorwort von Martin Scorsese, in dem

Christie gliedert seine Abhandlung in elf Kapitel und ein Postskriptum. Eine ausführliche Filmographie rundet das Werk ab.
Christie scha

Der Leser erfährt, dass Emeric Pressburgers Biografie einiges im Hinblick auf das differenzierte Deutschlandbild in den Filmen der Archers erklärt: Der 1902 in Ungarn geborene Pressburger kam nach Stuttgart, um Bauingenieurwesen zu studieren. Der Tod seines Vate

Der Regisseur und Produzent Alexander Korda brachte Powell und Pressburger schließlich zusammen: The Spy in Black, ein Film der 1917 auf den Orkney Inseln spielt und davon handelt, dass ein deutsches U-Boot fünfzehn britische Schiffe, die vor Anker liegen, zerstören soll, war ihre erste gemeinsame Produktion im Jahr 1939.
Christie geht nun mehr oder weniger chronologisch die 17 Jahre des gemeinsamen Schaffens durch. Dabei arbeitet er insbesondere immer wiederkehrende Themen, wie z. B. das Pilgertum und die Rolle der englischen Landschaft, anschaulich heraus.
Die Kritik der 40er, 50er und 60er Jahre hatte es nicht leicht mit Powell und Pressburger, deren Filme sich gängigen Kategorisierungen vehement verschlossen. So ergänzten für The Red Shoes und The Tales of Hoffmann Ballett- und Opernkritiker die Filmkritiken, da die Filme die Fachkenntnis gewöhnlicher Filmkritiker überforderte. Häufig kam es zu ambivalenten Kritiken, wie im Fall von A Canterbury Tale. So schrieb beispielsweise ein Rezensent damals den Satz: "I carried away from A Canterbury Tale an enjoyment I was loath to examine too closely."
Das US-Fernsehen der 50er Jahre fütterte die nächste Generation der Filmemacher mit den Meisterwerken der Archers. Coppola, De Palma, Lucas, Romero und Scorsese sind allesamt erklärte Fans ihrer Filme. Christie geht kurz auf diese filmhistorisch bedeutsame Verbindung ein. Nicht nur hatten die Archers künstlerischen Einfluss auf die Filme des 'New Hollywood' - ohne das Engagement dieser Filmemacher in den 70er und frühen 80er Jahren wären die Filme Powell und Pressburgers vielleicht noch immer ein Stiefkind britischer Filmgeschichte und für heutige Zuschauer gar nicht oder nur in schlechter Qualität erhältlich.
Pressburger und Powell bei der Gala-Premiere der restaurierten Fassung von The Life and Death of Colonel Blimp im Jahr 1985 in London.
Im Postskriptum stellt Christie schließlich Projekte vor, die es nicht zur Realisierung gebracht haben. Besonders schmerzlich erscheint aus heutiger Sicht ein TV-Projekt, das die größten zeitgenössischen Künstler mit an Bord holen sollte, um für 'twenty hours of the best entertainment in the world' zu sorgen. Die Namen, an die Powell dabei dachte, lassen einen weiche Knie bekommen und den Mangel an Mut damaliger TV-Finanziers verfluchen. Um nur einige zu nennen: Orson Welles, Dylan Thomas, Igor Stravinsky, Akira Kurosawa, Jean-Paul Belmondo, Alec Guinness und Peter Ustinov.
Ian Christies Arrows of Desire ist nur zweierlei vorzuwerfen: Erstens wünscht man sich, es wäre nicht so knapp im Umfang (gerade beim beachtlichen Preis des Taschenbuchs), und zweitens lässt die Qualität der Schwarzweißbilder einiges zu wünschen übrig. Doch dies sind letztlich keine ernstzunehmenden Kritikpunkte, weil Arrows of Desire bei Erscheinung das erste Buch überhaupt war, welches sich diese zwei britischen Kinomagier zum Thema nahm. Bis heute hat sich daran nicht viel geändert. Die Anzahl der Veröffentlichungen ist sehr übersichtlich und beschränkt sich größtenteils auf Essays und Internetpublikationen. Das verleiht diesem Werk absoluten Referenzcharakter.
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