Donnerstag, Februar 15, 2007

Die glorreichen 7: Fahrstuhlszenen


Der Fahrstuhl ist schon eine bemerkenswerte Erfindung. Er erspart uns im Alltag das anstrengende Treppenlaufen und ist den meisten Menschen deshalb sehr willkommen. Doch wenn man einmal die Augenblicke, in denen der Fahrstuhl in Filmen auftaucht, Revue passieren lässt, wird man schnell zur Erkenntnis gelangen, dass es nicht nur wegen des damit verbundenen körperlichen Trainings gesünder wäre, stets die Treppen zu nehmen.

Der Fahrstuhl ist psychologisch interessant, weil seine Benutzer oftmals dazu gezwungen werden, einen engen Raum mit Unbekannten zu teilen. Man ist vorübergehend eingesperrt. Es gibt keine Fluchtmöglichkeiten. Die Mitbenutzer des Aufzugs dringen in unsere persönliche Zone, manchmal sogar in unsere Intimzone, ein. Gleichzeitig herrscht häufig ein betroffenes Schweigen, als wäre man auf dem Weg zu einer Beerdigung. Viele Menschen fürchten sich deshalb (und/oder aus Höhenangst) vor Aufzügen. Freilich kennt die Psychologie das Krankheitsbild "Fahrstuhlphobie". Und es gibt auch noch die Angst vor dem Steckenbleiben. Diese kleine Kammer hält für den Drehbuchautor also einiges an Möglichkeiten für unerwartete Zusammentreffen und diverse Angstszenarien bereit.

Leiden bestimmt nicht unter Fahrstuhlphobie, sondern genießen die Easy Listening Klänge, während ihre Verfolger die Treppen nehmen müssen: Die Blues Brothers.

Wie bei allen modernen Fortbewegungsmitteln besteht der witzige Widerspruch darin, dass wir uns freiwillig in einem kleinen Raum einschließen, um uns in raschem Tempo fortzubewegen. Im Falle des Fahrstuhls geschieht das auch noch in der uns untypischen vertikalen Richtung. Das Auf-und-Ab, Hoch-und-Runter wird von Filmemachern gerne symbolisch aufgeladen. Das ist zwar alles andere als originell, aber wenigstens versteht's jeder. Sogar Nobelpreisträger schrecken vor dieser vermeintlich simplen Symbolik nicht zurück: Als vor knapp zwölf Jahren Günter Grass' Wendewälzer Ein weites Feld erschien, stürzten sich die Kritiker in ihren Verrissen wie die Geier auf ein zentrales Leitmotiv: den Paternoster im Treuhandgebäude. Es sei zu dick aufgetragen und zu belanglos in seiner Aussage, um so viel Platz im Roman in Anspruch zu nehmen, hieß es damals sinngemäß.

Oldboy: Für Lee Woo-jin geht's nach unten. Das ist kein gutes Zeichen. Besonders nicht am Ende eines Films.

Was interessiert nun die Filmemacher am Fahrstuhl? Der Fahrstuhl ist der ideale Ort für die ganze Bandbreite filmischer Szenarien. Im Aufzug kann's komisch, romantisch, spannend, actionreich oder grauenerregend zugehen. - Bei der Erstellung der glorreichen 7 fielen mir zunehmend mehr Fahrstuhlszenen ein, so dass ich die Liste mehrmals überarbeitet habe. Es schien mir bisweilen, als gebe es kaum einen Film ohne Fahrstuhlszene. Seltsamerweise hat es keine Sexszene in die Liste geschafft. Mir fielen aber auch nur zwei ein (Fatal Attraction und Mallrats) und beide mussten sich dem Druck der Konkurrenz beugen. Aber wollen wir es nicht länger hinauszögern - die glorreichen 7:



7. Terminator 2: Ursprünglich sollte Speed den siebten Platz einnehmen. Doch dann fiel mir auf, dass es sich bei Speed streng genommen um keine Szene, sondern um eine ausgedehnte Filmsequenz handelt. Also haben der T-800, T-1000 sowie Sarah und John Connor die Ehre, den Platz für die beste Äkschnfuimszene aus den Neunzigern auszufüllen. Und es ist ja auch wirklich hübsch mitanzusehen, wie präzise das "likwid mädell" des T-1000 die Fahrstuhltür durchstößt, um sie geschmeidig zu öffnen. Und dann bekommt er von Arni doch nur den Kopf in zwei Hälften zerschrotet. Es folgt ein wenig Baller-Klaustrophobie und ein weiterer hübscher CGI Effekt: Als Mischung aus nassem Sack und irrsinnig fettem, metallisch glänzendem Regentropfen lässt sich der T-1000 durch das Kabinendach fallen. Dazu ein schleimig klingender Soundeffekt....yeah!



6. Profondo Rosso: Dario Argento liebt Aufzüge. Viele seiner Giallos enden damit, dass der Täter in Verbindung mit einer Abwärtsbewegung sein Leben aushauchen muss. Entweder er fällt in den Fahrstuhlschacht, versucht noch die Metallkabel zu greifen und reißt sich auf diese Weise schmerzhaft die Hände auf, bevor er stirbt (The Cat O' Nine Tails) oder er wird enthauptet (Trauma) oder aber ein Schmuckstück wird zu seinem Verhängnis (Profondo Rosso). Das Medaillon einer Kette verhakt sich an der Fahrstuhlkabine. Die Täterin befindet sich aber noch außerhalb und so fährt nur das Kettchen nach unten, durchtrennt ihr dabei aber den Hals. Ein letztes kurzes Spucken weißen Schleims, und der Film kann enden...



5. Die Hard: Ein Drittel des Film, so scheint es, spielt in Fahrstuhlschächten. McClane versteckt sich dort, bewegt sich in und auf den Fahrkabinen fort, wirft Bomben durch die Schächte und schickt den Terroristen Weihnachtsgeschenke via Fahrstuhlpost: "Now I have a machine gun. Ho-Ho-Ho". McClane muss im vorherigen Leben als Fahrstuhlmonteur gearbeitet haben. Es gibt keinen Actionhelden, der sich dem Fahrstuhl als Fortbewegungs- und Spionagemittel besser zu bedienen weiß, als er.



4. Liar Liar: In diesem Jim Carrey Film taucht der Fahrstuhl gleich mehrfach zu komödiantischen Zwecken auf. Als der Rechtsanwalt Fletcher Reede, der mit Lügen sein Brot verdient, aufgrund eines Zaubers nicht mehr lügen kann, gesteht er nicht nur freiwillig seinen Furz in einem vollbesetzten Fahrstuhl, sondern erklärt in einer anderen Fahrstuhlszene, die zunächst romantisch beginnt, seiner wohlgeformten Begleiterin den wahren Grund für die Freundlichkeit ihrer neuen Nachbarn. Dank youtube gibt's die kurze Szene auch online zu bewundern.



3. Damien: Omen 2: Das Horrorgenre bedient sich gerne des Gefahrenpotenzials, das der Aufzug bereithält. Eine besonders hübsche Fahrstuhlszene gibt es im zweiten Teil der Omenserie zu bewundern. Als ein Wissenschaftler nach einer Blutanalyse Damiens Verwandtsschaft mit einem Schakal herausgefunden hat, begibt er sich fatalerweise in einen Fahrstuhl, nur um nach langsamer Auf- und rasend schneller Abfahrt von herabsausenden Stahlseilen filetiert zu werden. Exzellent choreographierte Actionsplatterszene...



2. Dawn of the Dead: Auf den Plätzen 3 bis 1 fließt das Blut. Ein großer Plot Point in Dawn of the Dead, und vielleicht die beste Szene im gesamten Film, ist das Ende von "Flyboy". Und wo erwischen ihn die Zombies? Genau: Im Fahrstuhl. Wie war das mit den Fluchtmöglichkeiten?



1. Dressed to Kill: Nicht nur handelt es sich um die größte Überraschung seit Psycho, dass Brian De Palma die Hauptfigur, gespielt von Angie Dickinson, nach einer halben Stunde des Films in einem Fahrstuhl von einer blonden Täterin aufschlitzen lässt. Es ist freilich auch ein plakatives Zitat eben jenes Hitchcockfilms. Und ließ Hitchcock seine Figur in einem aufwändig inszenierten Duschmord ums Leben kommen, so ist De Palmas Ansatz nicht weniger spektakulär umgesetzt. 5 Minuten 36 Sekunden vergehen in der Unrated Version zwischen dem Rufen des Fahrstuhls und dem Ende der Szene. Auch wenn dieser Vergleich etwas weit hergeholt erscheint, erinnert mich dieser Teil des Films immer an die Übergabe bei einem Staffellauf. Angie Dickinson überreicht hier die Staffel an Nancy Allen, die (als frische Läuferin) die Hauptrolle übernimmt und nun versuchen muss, den Killer zu überlisten (abzuhängen), der Angie zur Strecke gebracht hat. - Filmisch sind die fünfeinhalb Minuten ein Hochgenuss. Eine Vielzahl unterschiedlicher Perspektiven, Großaufnahmen und Details verbunden mit einem effektiven Einsatz der Zeitlupe, einem grandiosen Score von Pino Donaggio und einem äußerst skurrilen Soundeffekt in dem Moment, als Nancy Allen die lauernde Killerin im Fahrstuhlspiegel entdeckt...ganz großes Kino!

4 Kommentare:

Rajko Burchardt hat gesagt…

Der 1. Platz überrascht mich nicht. ;-)

Ansonsten gute Liste und überhaupt interessantes Thema. T:2 wäre bei mir wohl etwas mehr vorn, dagegen überrascht mich DAWN OF THE DEAD, ich liebe den Film, finde die Szene aber nichts besonderes.

Und was ist mit FAHRSTUHL DES GRAUENS? Oder der großartigen Mordattacke in BASIC INSTINCT?

Jochen hat gesagt…

Ich hatte Basic Instinct in Erwägung gezogen. Aber der ist ja indirekt durch Dressed to Kill abgedeckt. Im Prinzip eine sehr ähnliche Slasherszene (Eispickel vs. Rasiermesser;-), nur in Basic Instinct bei weitem nicht so komplex inszeniert. Und dass es DTK auf den ersten Platz geschafft hat, überrascht mich auch nicht wirklich ;-)

Die Dawn-Szene finde ich schon stark. Flyboy wird ja erst im Schacht angeschossen, anschließend gebissen und schafft es trotzdem noch, die Zombies aus der Kabine zu schmeißen. Und als sich die Fahrstuhltür dann (vorzugsweise mit einem Goblin-Score-Crescendo) wieder öffnet, ist das gleichzeitig der Untergang für den Schlupfwinkel der anderen...die Szene ist also sowohl actionreich als auch von enormer Bedeutung für die weitere Handlung. Deshalb die vordere Platzierung.

Von Fahrstuhl des Grauens kenne ich nur das US-Remake Down. Und den fand ich nicht sonderlich prickelnd. Gibt's zwischen den beiden große Unterschiede?

Ich habe mich allerdings etwas geärgert, dass es die Fahstuhlprügelei aus Diamonds Are Forever nicht in die Liste geschafft hat. Da hat sich T2 durchgesetzt.

Flo Lieb hat gesagt…

Fahrstuhl des Grauens ist besser als das Remake (wie so oft), aber ob er es verdient hätte in deiner Liste aufzutauchen...mit Fahrstuhlszenen kenne ich mich nicht so aus ;-)

Unknown hat gesagt…

Mir fällt zu dem Thema nur noch das Ende von Angel Heart ein, sowie eine Sex-Szene in Class...

Ich finde Deine Liste aber gut, also keine Kritik :)