Die Silhouette eines humpelnden Mannes bewegt sich energisch durch die regnerische Nacht. Im Hintergrund ragen düstere Wolkenkratzer in den Himmel. Der Mann stürzt die Treppe eines Hauses hinauf, betritt ein schäbiges Apartment, nimmt eine automatische Pistole aus dem Schrank, dreht sich zur Kamera um und lädt die Waffe durch. Der Titel des Films "Act of Violence" erscheint in großen weißen Lettern. - Ein fulminanter Auftakt!
Dieser entschlossene Mann heißt Joe Parkson (Robert Ryan) und möchte Rache nehmen an einem Vorzeigemodell des amerikanischen Traumes: Dem Immobilienunternehmer Frank Enley (Van Heflin). Frank lernen wir im Gegensatz zu Joe in einer lichten Kleinstadtsiedlung kennen, die er selbst aus dem Boden gestampft hat. Er hat eine Familie, Freunde und scheint auf den ersten Blick ein netter Kerl zu sein. Doch das Monster lauert beim Film noir oft im Licht. Natürlich ist die Rache, die Joe sucht, nicht unbegründet. Frank hat im Zweiten Weltkrieg seine Kameraden verraten. Joe ist der einzig Überlebende. Die Auseinandersetzung zwischen den beiden Männern ist jedoch zuvorderst eine psychologische, und zwar eine mit sich selbst: Frank muss sich durch die Konfrontation mit Joe erstmals ernsthaft mit seinem Verhalten im Krieg auseinandersetzen - seine bislang verdrängte Schuld frisst ihn auf, er sucht Vergebung. Doch wie ist diese zu erlangen? - Joe verwirft sein bisheriges Leben, um seinen Rachegelüsten nachzugehen: "The Manhunt no woman could stop!" heißt der Slogan auf dem Filmplakat und bezieht sich wohl vor allem auf Joe, der seine Geliebte im wahrsten Sinne des Wortes stehen lässt, um Frank zu stellen und umzubringen.
Regielegende Fred Zinnemann (The Day of the Jackal) begeistert den Zuschauer mit einem herrlich zügigen Erzähltempo, wohl durchdachten Bildkompositionen, einer Noir-typischen Beleuchtung und nicht zuletzt mit einer intelligenten Geschichte, deren Themen und Motive zeitlos sind.
Überrascht hat mich Act of Violence zudem durch zwei Eigenheiten, die beweisen, wie sehr der Film auch bei heutigen Filmemachern geschätzt wird: Als Joe in der Stadt angekommen ist, wo Frank wohnt, geht er vor wie der T-800 in The Terminator - er umkreist die Frank Enleys im örtlichen Telefonbuch und fährt anschließend zu dessen Einfamilienhaus, um ihn zu stellen. Die "Sarah Connor?"-Türszene aus The Terminator ist eine direkte filmische Anspielung. Von Plagiat müsste man wohl reden, wenn man sich den Soundtrack von Act of Violence genauer anhört und mit Christopher Youngs großartigem Hellraiser-Score vergleicht. Young hat die Melodie aus Act of Violence fast eins zu eins übernommen, sie allerdings orchestral aufgeblasen, man darf wohl ruhig sagen: kontextuell perfektioniert. Eine Wertschätzungsbekundung?
80 Punkte.
1 Kommentar:
Oha, so viele spätere Referenzen entdeckt, da muss ich das "Original" ja mal schnell gucken, um noch mehr ausfindig zu machen, ist genau das richtige für mich. *g*
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